Elektro-Microcar für Deutschland
Zhidou D2S im Fahrbericht

Kleiner als ein Smart Fortwo und trotzdem ein ganzes Auto? Wir waren mit dem üppig ausgestatteten 20.000-Euro-Kleinstwagen aus China unterwegs. Fahrbericht.

Zhidou D2S Fahrbericht 2019 Elektroauto China Microcar
Foto: Zhidou

Es gibt viele Dinge, die Sie sich für rund 20.000 Euro kaufen können und manche davon haben zwei Sitze. Die Rede ist hier nicht von einem gebrauchten Porsche Boxster, sondern vom Zhidou D2S. Was, noch nie gehört? Dabei ist das Microcar aus China schon seit einiger Zeit in Deutschland über Importeure zu haben. Zugegeben, aktuell gibt es nur rund zehn Händler, die den Elektro-Zweistzer anbieten, aber immerhin. Wir hatten jetzt die Gelegenheit zu einer Probefahrt.

Unsere Highlights

Auch wenn die Türe beim Schließen scheppert, als sei sie aus Gieskannenblech, ist der erste Eindruck vom 2DS überraschend – und zwar überraschend hochwertig und geräumig. Obwohl das Auto ganze fünf Zentimeter schmaler ist als ein Smart Fortwo (was angesichts der identischen Höhe von 1.555 mm den etwas hochbeinigen Auftritt erklärt). Man kommt sich nicht eingeengt vor, und blickt man nach hinten, findet sich dort sogar ein Laderaum, in dem locker drei Getränkekästen unterkommen. Bei der Innenausstattung haben Kunden die Wahl zwischen den Farbkombinationen Schwarz-Beige und der deutlich fetzigeren Variante Schwarz-Rot. Dass es sich dabei um Kunstleder handelt, erfährt man erst beim Blick in den Prospekt. Optisch und haptisch lässt sich kein Unterschied zur echten Tierhaut erkennen.

Zhidou D2S Fahrbericht 2019 Elektroauto China Microcar
Zhidou
Die Auflösung der Displays ist durchaus in Ordnung, die Ablesbarkeit leidet allerdings an mangelnder Leuchtkraft.

Heiße Informationen im D2S

Das Lenkrad liegt gut in der Hand, dahinter fällt der Blick auf 4,5-Zoll große digitale Instrumente. Deren Ablesbarkeit bei Sonneneinstrahlung ist eher mittelmäßig, was daran liegt, dass die Leuchtstärke der Instrumente durchaus noch ein paar Lux vertragen könnte. Ähnlich verhält es sich mit dem neun Zoll (!) großen Infotainment auf Android Basis. Die Auflösung ist zwar gut, doch die Ablesbarkeit bei Tageslicht verbesserungswürdig – auch, weil der Bildschirm nicht zum Fahrer geneigt ist. Für den einen oder anderen Lacher dürfte die Übersetzung der Menüpunkte sorgen. Wir zitieren: „Heiße Informationen – Die drahtlose Route ist schon geschlossen.“ Schade eigentlich, was immer es gewesen wäre.

So, weil über diesem Artikel aber „Farhbericht“ steht, sollten wir uns auch mal in Bewegung setzen. Also Startknopf drücken, per Drehrad – ganz in Jaguar-Manier – die Fahrstufe D wählen und vorsichtig anrollen. Bei so einem Elektroauto weiß man ja nie, wie vehement das Teil nach vorne prescht. Auch dann nicht, wenn der Motor nur 15 kW und 90 Newtonmeter leistet. Tatsächlich geht es nach ein paar Metern schon recht zügig vorwärts, obwohl der D2S stattliche 870 Kilo auf die Waage bringt. 85 km/h schafft das Mini-Auto maximal, woran sich auch sein Einsatzgebiet ablesen lässt: Die Stadt. Der Hersteller gibt eine maximale Reichweite von 257 Kilometern an. Das entspräche allerdings einem konstanten Kriechmodus. Der 18-kWh-Akku ist in rund sieben Stunden an der Haushaltssteckdose aufgeladen. Ein Schnellladesystem ist nicht verbaut.

Gewöhnungsbedürftige Lenkung

Ist man erstmal unterwegs, fährt es sich recht kommod. Der Komfort ist besser als man auf den ersten Blick vermutet hätte. Das Fahrwerk lässt nur wenige Unebenheiten wirklich störend durchdringen. Die Lenkung bedarf allerdings etwas Eingewöhnung, agiert sie doch sehr indirekt. Zhidou verspricht eine „adaptive Servolenkung“, wovon im Fahrbetrieb wenig zu spüren ist. Beim Einschlagen bleibt das Gefühl, als käme das Heck erst eine Sekunde später nach – und das, obwohl es doch geographisch denkbar nah an der Vorderachse sitzt. Die Übersichtlichkeit ist dafür hervorragend, denn für so ein kleines Auto umgeben einen doch sehr großzügige Glasflächen.

Wenn Sie nach Betrachtung der vorliegenden Informationen noch eine Reminiszenz an herkömmliche Automobile benötigen, um sich zum Kauf eines Zhidou D2S durchzuringen, dann hier noch das Zünglein an der elektrischen Waage: Die Feststellbremse ist ein Pedal auf der linken Seite des Fußraumes – ganz so wie früher im Daimler.

Fazit

Zugegeben, 20.000 Euro sind schon ein Wort für ein Auto in dieser Größenordnung. Betrachtet man rein die Funktionalität des D2S, ist eigentlich alles da, was man für den Stadtverkehr braucht. Die großen Touren sind angesichts der Reichweite, der limitierten Höchstgeschwindigkeit und des begrenzten Laderaumes sicherlich kein Thema. Für die City sind Fahrleistungen und Komfort dagegen sehr passend. Lediglich das Infotainment könnte noch einen EU-Patch vertragen.

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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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