Gebrauchte Sportwagen Renault Sport Spider
Leichter Purist als Gebrauchtwagen

Inhalt von

Mittelmotor, Aluminium-Chassis und Kunststoff-Karosserie: Zwischen 1995 und 1999 carvte sich der Renault Sport Spider in die Herzen der Roadster-Fans. sport auto hat den 965 Kilogramm leichten Puristen wieder getroffen.

Renault Sport Spider, Flügeltür, Front
Foto: Rossen Gargolov

Knallblauer Himmel über Südfrankreich. Glasklare Luft im Cockpit, erfrischend wie Pfefferminz; 16 Grad Celsius.“ Zeilen aus der sport auto 4/1996. 16 Jahre später: Minus Grade, blauer Eifel-Himmel, die Mütze sitzt - unweit des Nürburgrings, im 500-Seelen-Örtchen Nohn, treffen wir ein Querdynamik-Spielzeug der 90er Jahre wieder.
 
Von Dezember 1995 bis zum Produktionsende im Februar 1999 verließen zwei bis vier Renault Sport Spider täglich die Werkshallen im französischen Dieppe. Der Startschuss für das intern W 94 genannte Spider-Projekt fiel im September 1994. Renault Sport entwickelte gemeinsam mit Nogaro Technologies den Mittelmotor-Zweisitzer. Im Eiltempo von 15 Monaten und mit rekordverdächtig günstigen Entwicklungskosten von umgerechnet rund 4,5 Millionen Euro wurde der Spider zur Kleinserienreife gebracht.

Unsere Highlights

Spider nur in Gelb, Blau, Rot und Titangrau

Laut Renault entstanden insgesamt 1.640 Exemplare. Weitere 90 Rennmodelle wurden ab 1996 für die damalige Markenpokalrennserie „Spider Renault Sport Elf Trophy“ aufgebaut, die unter anderem im Rahmen der Formel 1 startete.

Türgriff samt Türschloss außen? Ach was, einfach mal puristischer denken: Ein leichter Ruck an den auf der Türinnenseite liegenden Griffen - die Flügeltür schwingt mit Lamborghini-Gedächtnis-Bewegung nach oben auf. Der Einstieg in den Renault Sport Spider gelingt im Vergleich zu anderen rasenden Querkraft-Badewannen à la Lotus Elise leichter und ohne Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall.

Renault Sport Spider wiegt weniger als eine Tonne

Stichwort leicht: Unter der 20 mm dicken Kunststoff-Karosserie aus Polypropylen versteckt sich ein Gitterrohrrahmen-Chassis aus drei Millimeter dicken Aluminiumprofilen. Die Ausstattung des Cockpits ist ein Paradies für Kurvensüchtige. Motto: Nicht mehr, sondern weniger - der rudimentäre Instrumententräger mit drei analogen, runden Anzeigen (Drehzahlmesser, Kühlwassertemperatur, Öldruck) ähnelt dem eines Motorrads. Neben den Wählhebeln für Blinker, Licht und Scheibenwischer hinter dem Lenkrad lenken ansonsten im Renault Sport Spider nur drei Schalter von der Sucht des Fahrens ab.
 
Auch die Recaro-Schalensitze mit nachgerüsteten Schroth-Vierpunktgurten sowie die gelochten und per Handrad um 80 Millimeter verstellbaren Aluminium-Pedale machen den Einsatzzweck sofort klar: Gib uns eine Überdosis Kurven!

Dass heute die Fliegen nicht mit Landstraßentempo auf die Stirn klatschen oder zwischen den Zähnen des Fahrers hängenbleiben, wie einst beim sport auto-Test für Ausgabe 10/1996, dafür ist nicht nur die Kälte auf den Eifellandstraßen rund um den Nürburgring verantwortlich. Der von Renault-Vertragshändler und Alpine-Spezialist Schäfer ausgeliehene Spider geht mit beheizbarer Windschutzscheibe an den Start. Für die richtig harten Frischluftfanatiker wurden 350 Exemplare des Renault Sport Spider sogar ganz ohne Scheibe gebaut.

147 PS treiben den Roadster an

Trotz der Scheibe bläst der Eifelwind mit Tiefkühltemperatur wie ein Zyklon durchs Cockpit. Ein Dach gab es ab Werk genauso wenig wie ein Radio oder eine Heizung. Letztere ist im Spider auch nicht notwendig. Vor allem im Sommer verwandelt die Abwärme des auf dem Clio Williams-Aggregat basierenden F7R-Reihenvierzylinders mit 147 PS das Hemd des Piloten so schnell wie bei einem Wet-T-Shirt-Contest in einen klatschnassen Lappen. Für Schweißtropfen könnte auch der fahrdynamische Auftritt sorgen.
 
Die direkte Lenkung ohne Servounterstützung verlangt genauso nach Muskelkraft wie die aus der Alpine A610 Turbo stammende ABS-freie Bremse ohne Bremskraftunterstützung. Dabei treibt der Renault Sport Spider dank seines sportlichen Fahrwerks samt Uniballgelenken mit direkter Rückmeldung und agilem Fahrverhalten schnell ein breites Grinsen ins Gesicht. Grobmotoriker am Lenkrad sollten jedoch vorsichtig sein. Mit hastigen Bremsattacken blockieren die Räder schnell. Außerdem reagiert die Kunststoff-Flunder auf extreme Lastwechsel schnippisch. Oder, wie der sport auto-Test anno 1996 feststellte: „Schließlich ist es das primadonnenhafte Verhalten eines klassischen Mittelmotor-Sportlers, das höchste Konzentration erfordert.“

Still ruht die Eifel - von wegen. Während der Serienauspuff in der Fangemeinde als „Flüstertüte“ abgestempelt wird, brüllt der Spider von Schäfer so grollend, als wolle er die Ringfans schon im Winter auf die Zeltplätze an Brünnchen und Adenauer Forst locken. „Es helfen Einzeldrosselklappen und die ehemalige Trophy-Abgasanlage“, verrät Jens Schäfer das Rezept der gelungenen Stimmbildung. Dank modifiziertem Ansaugtrakt, schärferen Nockenwellen und frei programmierbarem Steuergerät sowie des Rennsport-Auspuffs leistet der Renault Sport Spider nun 210 PS.

Mittelmotor-Sportler hat kaum Schwachstellen

Von getunten Turbo-Umbauten raten Spider-Spezialisten ab. „Ansonsten ist die Mängelliste so voll wie ein blütenweisses DIN-A4-Papier“, erklärt der Renault-Mann. Spider-Besitzer klagen nur wenig über Kinderkrankheiten. Hierzu zählen manchmal defekte Seilzüge zum Öffnen der Motorhaube, teilweise ein gebrochener Stabi vorn oder ausgeschlagene Antriebswellen sowie Risse in der Karosserie. „Diverse Ersatzteile gibt es nur noch auf Einzelanfrage - vor allem die Karosserieteile sind sehr teuer“, weiß Alpine- und Spider-Fan Schäfer. Für Spider-Piloten gilt daher mehr denn je, sich von unten dem Grenzbereich zu nähern.

Technische Daten
Renault Sport Spider 2.0
Grundpreis28.274 €
Außenmaße3795 x 1830 x 1250 mm
Hubraum / Motor1998 cm³ / 4-Zylinder
Leistung108 kW / 147 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit215 km/h
0-100 km/h7,0 s
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten