Neuer Alpine A524 für die F1-Saison 2024
Werks-Renner im Extrem-Carbon-Look

Der Alpine A524 soll den Anschluss an die Formel-1-Spitze herstellen. Im Vergleich zum Vorgängermodell wurde vor allem an der Nase, der Airbox und den Seitenkästen Hand angelegt. Einen genaueren Blick wert ist auch die neue Lackierung.

Alpine A524 - Präsentation - F1-Auto 2024
Foto: Alpine

Für Alpine war die Saison 2023 ein Rückschritt. Nach einem guten ersten Jahr in der Groundeffect-Ära, das man auf Platz vier beenden konnte, wollte man eigentlich den Abstand zu den Spitzenteams Red Bull, Mercedes und Ferrari reduzieren. Stattdessen ging es im Ranking nach hinten. McLaren und Aston Martin zogen vorbei. Am Ende blieb nur Rang sechs.

Die schlechten Leistungen hatten auch personelle Konsequenzen. Noch vor der Sommerpause trennte sich der französische Werksrennstall von Teamchef Otmar Szafnauer. Auch Teammanager Alan Permane musste gehen. Stattdessen schwingt nun mit Bruno Famin ein Ingenieur das Zepter, der aus dem Langstreckensport kommt. Der Franzose hat Konzernchef Luca de Meo versprochen, schnell wieder in die Erfolgsspur zurückzufinden.

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Alpine

Der direkte Vergleich mit dem Vorjahresmodell. Alpine treibt die Lack-Diät auf die Spitze.

Mehr Carbon, weniger Farbe

Und so lasten alle Hoffnungen auf dem neuen A524, der am Mittwoch (7.2.) in der Fabrik in Enstone der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die Zuschauer bekamen bei dem Launch-Event nicht nur das Formel-1-Auto, sondern auch noch den neuen Le-Mans-Prototypen zu sehen, mit dem Mick Schumacher dieses Jahr in der WEC auf Punktejagd gehen wird.

Der Fokus lag an diesem Tag aber eindeutig auf der Königsklasse. Der neue Dienstwagen von Esteban Ocon und Pierre Gasly wurde über den Winter nicht nur technisch, sondern auch optisch überarbeitet. Auf der Oberfläche ist deutlich weniger Lack zu erkennen. Um Gewicht zu sparen, schimmert überall an den Flügeln, der Nase und den Seitenkästen das schwarze Carbon durch.

Wie schon in den letzten Jahren wird der Alpine-Renner in unterschiedlichen Designs auf die Piste geschickt. Hauptsponsor BWT sorgt dafür, dass das traditionelle französische Blau mehrmals von seinem markanten Rosa abgelöst wird. 2022 und 2023 kam der Alternativ-Look nur bei jeweils drei Grands Prix zum Einsatz. Dieses Jahr ist das Auto gleich bei acht von 24 Rennen in Pink unterwegs.

Alpine A524 - Präsentation - F1-Auto 2024
Alpine

Der A524 bekam ein komplett neues Chassis. Das gab den Ingenieuren mehr Freiheiten bei der Aerodynamik.

Seitenkästen im Red-Bull-Look

Um die Technik-Upgrades zu erkennen, muss man dagegen etwas genauer hinschauen. Technikchef Matt Harman versichert aber, dass es sich um ein komplett neues Auto handelt: "Nur das Lenkrad hat überlebt. Wir haben uns jeden einzelnen Bereich genau angeschaut. Mit dem A523 waren wir auf einem Plateau angelangt. Mit dem neuen Auto haben wir nun wieder mehr Potenzial für die Weiterentwicklung."

Um die Trendwende zu schaffen, wurde ein neues Monocoque gebaut. "Das neue Chassis gibt uns rund um das Auto mehr aerodynamische Freiheiten", erklärt Harman. "Das hilft uns nicht nur mit der ersten Version, sondern auch bei den weiteren Upgrades. Vor allem im Mittelteil des Autos haben wir Platz geschaffen, damit sich der Unterboden ausdehnen kann."

An der Oberseite des Autos bleibt Alpine hier seinem alten Aero-Konzept treu. Die Verkleidung fällt nach hinten rampenförmig ab. Innen an der Motorhaube wurde wieder eine tiefe Rinne modelliert. An Außenseite ist der Einschnitt zwischen dem Seitenkasten und dem Unterboden etwas tiefer und breiter. Diesem von Red Bull gestarteten Trend werden wohl die meisten Autos 2024 folgen.

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Die Airbox ist beim neuen Modell (rechts) abgeflacht. 2023 war das "Dach" noch etwas abgerundet.

Weniger Luftwiderstand

Interessanterweise wurde die Form des Einlasses der Kühlöffnungen am Seitenkasten nicht gleich mitkopiert. Hier hatte Red Bull in der Vorsaison eine Lösung mit stark nach vorne geschobener Unterlippe gezeigt, was direkt von McLaren und dieses Jahr auch vom Haas und von Sauber abgekupfert wurde. Die Hutzen am neuen A524 sind nun außen etwas schmaler geformt, dafür ziehen sich innen etwas weiter nach unten.

Aerodynamisch hat sich auch unter der Haube einiges getan: "Wir haben am sogenannten internen Bodywork gearbeitet", erklärt Harman. "Dabei geht es darum, wie die Luft durch das Auto fließt, um zum Beispiel die Kühlung zu optimieren. Da waren wir im letzten Jahr einen Tick zu offen. Mit dem neuen Auto sollten den Luftwiderstand deutlich reduzieren können."

Die Bremsen hatten die Techniker ebenfalls im Fokus. "Sie sind ebenfalls ein Aerodynamik-Hilfsmittel. Man muss die Elemente der Bremse kühlen, aber gleichzeitig auch Temperatur in den Reifen halten. Dazu wird warme Luft durchgeleitet, die dann die Karkasse erhitzt. Wir haben viel Zeit in die Entwicklung der vorderen Bremsen gesteckt, damit sie aerodynamisch gut mit dem Rest der Frontpartie zusammenspielen."

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Die Hinterachse wurde im Vorjahr komplett umgebaut. Jetzt wurde hier erneut Hand angelegt.

Aufhängungen optimiert

Bei der Vorderradaufhängung verzichteten die Ingenieure darauf, Red Bull und McLaren nachzueifern. Vorne hatten die beiden Top-Teams in den letzten beiden Jahren auf ein Pullrod-System gesetzt, genau wie Sauber beim neuen C44. Doch bei Alpine bleiben die Dämpfer weiter über konventionelle Schubstreben mit dem Radträger verbunden. "Wir haben das Konzept beibehalten, aber wir haben es grundlegend optimiert. Das Kinematik hat sich dadurch deutlich verändert", verrät Harman.

Auf der Hinterachse hatte Alpine seine Dämpfung schon im Vorjahr komplett umgebaut, und war auf die Pushrod-Linie von Red Bull und McLaren umgeschwenkt. Die Lösung funktionierte im ersten Anlauf aber nicht ganz so gut wie erhofft. Das Arbeitsfenster des Autos präsentierte sich sehr klein und erforderte immer wieder Kompromisse. Deshalb legten die Techniker noch einmal an der Geometrie Hand an, um mehr Freiheiten bei der Abstimmung zu bekommen.

"Sowohl der Innenteil als auch die äußeren Anlenkpunkte der Aufhängung wurden komplett überarbeitet", so Harman. "Dadurch ergibt sich eine ganz neue Geometrie. Das bringt uns Vorteile, wenn das Auto auf der Strecke verschiedene Lastzustände durchläuft. Aerodynamisch ergeben sich leider kleinere Nachteile. Aber wir glauben, dass wir am Ende einen großen Fortschritt erzielen, vor allem mit den geplanten Weiterentwicklungen."

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Können Pierre Gasly und Esteban Ocon 2024 wieder häufiger um Podiumsplätze kämpfen?

Neue Flügel für mehr Effizienz

Einen neuen Weg geht Alpine auch am vorderen Ende des Autos. Die Nase ist noch breiter und flacher als im Vorjahr. Ein großer Teil der Spitze liegt auf dem Hauptelement des Frontflügels auf. "Mit der Nase und dem Frontflügel folgen wir einer komplett neuen Philosophie", sagt Harman. "Das war eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, was die strukturelle Konstruktion angeht. Der Flügel sollte uns eine gute Aero-Balance und ordentlich Downforce geben, aber auch den Top-Speed auf den Geraden verbessern."

Auch am Heckflügel wurde gefeilt: "Da waren wir nicht effizient genug. Da stimmte das Verhältnis zwischen Abtrieb und Luftwiderstand nicht. Wir haben daraus gelernt. Schon in Las Vegas hat man Fortschritte gesehen, die wir jetzt in das neue Auto integriert haben. Ich erwarte, dass die Flügel dieses Jahr viel genauer den einzelnen Streckenlayouts angepasst haben, um immer das optimale Downforce-Level zu fahren."

Die Form der Airbox wurde ebenfalls etwas angepasst. Der oberste Teil des Autos war beim Vorjahresmodell noch leicht abgerundet. Jetzt ist das "Dach", auf dem die Onboard-Kamera sitzt, praktisch waagerecht, was den Einlass insgesamt vergrößert. Entweder wollen die Ingenieure hier mehr Luft zu den Antriebskomponenten führen, oder es handelt sich um eine Reaktion auf die verschärften Überrollbügel-Crashtests.

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Alpine

Mit kleinen Maßnahmen versucht Alpine, das Power-Defizit zu reduzieren.

Mehr Power, bessere Balance

Der Motor ist zwar homologiert, Harman hofft aber trotzdem, 2024 etwas mehr Leistung auf die Kurbelwelle zu bekommen. "Der Auspuff wurde nun zwischen den Anlenkpunkten der Hinterradaufhängung am Getriebegehäuse verlegt. Dadurch liegt das Rohr jetzt gerader, was den Gegendruck reduziert. Wir verzichten auch auf eine Kühlung des Auspuffs. Die Gase haben dadurch mehr Energie. Auch das sollte Leistung bringen."

Die Anordnung der Antriebskomponenten wurde ebenfalls verändert. Die Batterie wanderte nach hinten, um eine bessere Balance zu erreichen. Beim Getriebe wurde ordentlich Gewicht eingespart. Die Ingenieure wollten es mit der Diät aber nicht übertreiben: "Man will natürlich unter dem Gewichtslimit liegen. Aber wenn man zu viel einspart, nutzt man die vorhandene Masse nicht, um daraus Performance zu ziehen." Um sicherzustellen, dass der Leichtbau nicht auf Kosten der Zuverlässigkeit geht, spulte Alpine mit dem Chassis, dem Antrieb und den Kühlern schon 3.500 Kilometer auf dem Prüfstand ab.

Harman deutete an, dass schon früh in der Saison die ersten Upgrades nachgelegt werden. Den Shakedown mit dem Neuwagen fährt die Equipe erst am 20. Februar auf dem Wüstenkurs in Bahrain – einen Tag vor den Testfahrten. Der Last-Minute-Rollout gibt den Ingenieuren noch etwas mehr Zeit bei der Entwicklung. Sollte dann aber etwas schiefgehen, ist eine schnelle Reaktion gefragt.