Alpine-Teamchef Famin vermeidet Vorgaben
„Neun Teams haben das gleiche Ziel“

Der neue Alpine-Teamchef Bruno Famin will sich nicht auf konkrete Ziele festnageln lassen. Der Franzose erwartet, dass das Formel-1-Feld 2024 noch näher zusammenrückt. Seine Forderung: Das Team muss in allen Bereichen besser arbeiten.

Alpine A524 - Präsentation - 2024
Foto: Alpine

Alpine wollte 2023 nach den Sternen greifen und fiel dafür auf die Nase. Nach dem fünften Platz 2021 und Rang vier ein Jahr später blieb 2023 nur noch die sechste Stelle in der Teamwertung. Das spiegelt auch der Punktestand in den letzten drei Jahren wider. Von 155 WM-Zählern ging es zuerst hoch auf 173, um dann auf 120 abzustürzen.

Wenigstens war Pierre Gasly und Esteban Ocon in der abgelaufenen Saison noch je ein Podestplatz vergönnt, was ein wenig Licht in eine ansonsten mittelprächtige Saison brachte. Der Rückstand auf die Spitze war mit durchschnittlich 0,9 Sekunden in der Qualifikation und 1,1 Sekunden im Rennen viel höher als man es sich zum Ziel gesetzt hatte. Alpine wollte die Lücke zu Red Bull im letzten Jahr eigentlich auf eine halbe Sekunde schließen.

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Alpine A524 - F1 - 2024
Alpine

Mit dem A524 will Alpine die Trendwende schaffen.

In allen Bereichen besser

Die Platzierung hat auch direkten Einfluss auf die Ausschüttung vom Formel-1-Kuchen. 2022 kassierte Alpine 93 Millionen Dollar aus der Kasse der Rechteinhaber. Letztes Jahr waren es 112 Millionen. Bliebe es bei der Gesamtsumme von 1,154 Millionen Dollar, dann würde der französische Rennstall in dieser Saison nur noch mit 102 Millionen partizipieren.

Der Alpine A523 hatte zu viele Geburtsfehler und sie waren auch nicht durch 13 Upgrades mit 36 Detailänderungen alle abzustellen. Das war den Ingenieuren schon nach fünf Rennen klar. Deshalb hat Alpine früh auf die Entwicklung des 2024er Autos gesetzt. Und deshalb entschied die Technikabteilung um Matt Harman: "Wir wagen uns an ein neues Konzept." Wichtigste Forderung von Teamchef Bruno Famin: "Wir müssen beständiger werden."

Trotzdem lässt sich der 62-jährige Franzose nicht aus der Reserve locken. Er will weder eine Mindestplatzierung nennen, noch eine Zahl, um wie viel näher man den Top-Teams nun kommen will. "Wir wollen in allen Bereichen besser werden. An der Rennstrecke haben wir das 2023 schon zum Teil erreicht. Das soll sich jetzt auf das ganze Team ausweiten. Ich erwarte mehr Geschwindigkeit und größere Präzision in der Exekutive. Dann kommen die Ergebnisse von allein."

Bruno Famin - Alpine - F1 - 2024
Alpine

Bruno Famin wurde im Sommer 2023 zunächst nur als Interims-Teamchef vorgestellt. Nun hat der Franzose die Rolle offiziell und dauerhaft inne.

Alle Teams mit dem gleichen Plan

Laut Famin ist es in diesem Jahr besonders schwer, irgendwelche Prognosen zu treffen. "Nicht nur wir gehen mit einem völlig neuen Ansatz in diese Saison." Tatsächlich haben fast alle Bewerber durch Überläufer von Red Bull, Beobachtungen von Konkurrenzautos und eigenen Erfahrungen einige Geheimnisse des Red Bull entschlüsselt.

Sie betreffen meist unsichtbare oder schwer zugängliche Bereiche wie die Architektur von Chassis und Getriebe, wie die Fahrwerksgeometrie oder den Weg der Kühlluft unter der Verkleidung. "Neun Teams haben das gleiche Ziel", stellt Famin fest: "Alle wollen so gut sein wie Red Bull. Alle rüsten mit der Infrastruktur und beim Personal auf. Deshalb kann man heute noch nicht sagen, wer dabei am erfolgreichsten sein wird."

Für Famin gibt es keine kleinen Teams mehr. "Früher konnte man sich als großes Team sicher sein, dass man nicht schlechter als auf dem fünften oder sechsten Platz landen wird. Heute liegen alle so eng zusammen, dass du am Ende Vierter, aber genauso gut Neunter sein kannst."

Bruno Famin - Alpine - F1 - 2024
Alpine

Bei der Präsentation in Enstone wollte Famin weder Kampfansagen noch Zielvorgaben machen.

Neue Prüfstände in Viry

Bei der Infrastruktur haben Alpine und Renault zum Teil schon aufgerüstet oder Investitionen angeschoben, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. "Wir haben in Viry zwei neue Prüfstände für Elektromotoren installiert und den VTT-Prüfstand für das komplette Auto modernisiert. Der neue Simulator in Enstone ist im Entstehen", verrät Famin.

Beim Antrieb konzentriert sich die Abteilung in Viry-Chatillon fast voll auf den 2026er Motor. Eine kleine Gruppe kümmert sich noch darum, das Defizit der aktuellen Antriebseinheit auf der elektrischen Seite zu verringern. Eine neue Software für das Energiemanagement steht zur Homologation bereit. Außerdem wurden beim Auspuff Vorkehrungen getroffen, den Output der MGU-H zu vergrößern. "Erwarten Sie aber keine Wunder", warnt Famin.

Bei den Fahrern sieht der Chef vorerst keinen Handlungsbedarf, obwohl Ende 2024 viele Verträge auslaufen. "Wir sind mit unseren Fahrern zufrieden. Sie sind noch jung und schon erfahren. Und sie sind nicht unser Problem. Wir müssen an unserem technischen Paket arbeiten und als Team vorwärtskommen. Natürlich beobachten wir den Markt und sprechen auch regelmäßig mit unseren Fahrern, aber besteht keine Eile eine Entscheidung zu treffen."