Aston Martin spielt Stärke herunter
Kein Vettel in Bahrain

Aston Martin gehörte zu den Gewinnern der Testfahrten. Der neue AMR23 ist schnell und geht auch noch pfleglich mit den Reifen um. Nicht wenige sehen Aston Martin sogar als eine Gefahr für Ferrari und Mercedes. Einziger Wermutstropfen für Team Silverstone ist der Ausfall von Lance Stroll, was zu wilden Gerüchten rund um Sebastian Vettel führt. Am Sonntagnachmittag (26.2.) entkräftete Aston Martin diese zumindest teilweise.

Sebastian Vettel - Aston Martin - Qualifikation - GP Abu Dhabi 2022
Foto: Wilhelm

Die Formel 1 ist ein verrücktes Geschäft. Eines, in dem sehr gerne sehr viel spekuliert wird. Die ersten Gerüchte tauchten bereits am Freitag (24.2.) im Fahrerlager von Bahrain auf. Da wurde Sebastian Vettel auf einmal mit seinem Ex-Team Aston Martin in Verbindung gebracht. Von Telefonaten war die Rede. Doch bestätigen wollte die Geschichte niemand.

Die Gerüchte kommen überhaupt erst auf, weil Aston Martin nur scheibchenweise herausrückt, was mit Lance Stroll los ist. Der Kanadier hatte sich bei einem Trainingsunfall verletzt. Wie man hört, soll er auf dem Mountainbike gestürzt sein. Aston Martin will mit dem Verweis auf Strolls Privatsphäre keine näheren Angaben machen. Und so brodelt die Gerüchteküche im Fahrerlager der Formel 1. Die einen sprechen von einer leichten Handgelenksverletzung. Andere von einem gebrochenen Handgelenk und von einem zweiten angeschlagenen.

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Felipe Drugovich - Aston Martin - Formel-1-Test - Bahrain - 25. Februar 2023
Motorsport Images
Ersatzfahrer Felipe Drugovich spulte an zwei halbe Tagen insgesamt 117 Runden ab.

Drugovich würde in Bahrain fahren

Aston Martin ließ seinen Ersatzfahrer Felipe Drugovich an zwei halben Tagen ran. Der Brasilianer erfüllte in den 117 Runden seine Pflicht mit Bravour. Teamchef Mike Krack lobte den Formel-2-Meister in den höchsten Tönen. "Er ist reflektiert und sehr ruhig an die Sache herangegangen. Felipe hat alles gemacht, was wir ihm als Aufgaben mitgegeben haben. Er ist fehlerfrei gefahren. Am dritten Tag hat er sich nicht einmal verbremst oder den Scheitelpunkt verpasst."

Mit seiner Leistung hätte es Drugovich verdient, im Fall der Fälle auch den Zuschlag für den Saisonauftakt in Bahrain zu erhalten. Bei Aston Martin wartete man zunächst, ihn zu bestätigen. "Lance ist unser Plan A. Es ist wie im Fußball. Da warten die Trainer auch bis zum letzten Moment, wenn ein Spieler leicht verletzt ist", führt der Teamchef aus. "Es gibt eine Deadline, bis wann wir der FIA Bescheid sagen müssen. Diese werden wir einhalten. Wir müssen noch abwarten, was Lance sagt, und was die Ärzte sagen. Es ist der Plan, dass Lance in den Simulator geht. Das wäre ein erster Schritt."

Die Hoffnung, dass Plan A aufgeht, besteht immer noch. Am Sonntagnachmittag (26.2.) gab es von Aston Martin ein Update. Das Team erklärte darin, dass man Stroll alle Chancen einräumen werde, in sein Stammcockpit zu klettern, sofern er wieder fit werde. Wenn nicht, dann wird Drugovich in Bahrain sein GP-Debüt feiern. Damit setzt man zumindest vorerst den Gerüchten um Vettel ein Ende.

Kein klares Bekenntnis gleich viele Spekulationen: So lief es bis zum Statement. Stammfahrer Stroll verletzt, Drugovich ein Newcomer, Sebastian Vettel ein gestandener Rennfahrer, mit vier WM-Titeln und 53 GP-Siegen in der Vita. Der Heppenheimer kennt das Team. Er fuhr bis zu seinem Rücktritt Ende 2022 zwei Saisons für Aston Martin. Und so wie sich der neue AMR23 bei den Bahrain-Testfahrten präsentierte, könnte das durchaus eine Verlockung für einen Rennfahrer sein. Krack bestätigte nach Testende weder noch dementierte er, ob sich Vettel angeboten habe. Man telefonierte immer mal wieder miteinander. "Das haben wir aber auch im letzten Jahr getan, und werden es in Zukunft weiter tun." Die beiden haben ein gutes Verhältnis.

Vettel soll auf Reise sein

Krack sprach in seinen Ausführungen von mehreren B-Plänen, die Aston Martin in der Schublade habe, sollte Stroll tatsächlich ausfallen. Eine Verpflichtung, einen der Ersatzfahrer zu nominieren, besteht vertraglich nicht. "Wir werden sehen, was passiert. Mehr kann ich leider nicht sagen", erzählte der Aston-Teamchef am Samstagabend in Bahrain. Solche Aussagen reichern die Gerüchte natürlich an. Auf der anderen Seite sollte man die Worte nicht überinterpretieren, und nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen, wie man jetzt sehen kann. Keiner von uns hatte Sebastian Vettel selbst gehört. Selbst in seinem näheren Umfeld ist kaum jemand informiert. Und eigentlich hatte der Ex-Weltmeister nach dem Finale in Abu Dhabi einen Schlussstrich unter seiner Formel-1-Karriere gezogen.

Vettel widmet sich seiner Frau und seinen Kindern, und soll sich mit ihnen derzeit auf Achse befinden. Sicherlich hat Vettel über den Winter auch nicht wie üblich trainiert. Der neue Aston Martin ist ein ganz anderes Auto als der alte AMR22. Und dann würde da auch noch Fernando Alonso warten, der mit Sicherheit topfit in sein neues Abenteuer mit dem britischen Rennstall gestartet ist. Der bis in die Haarspitzen motiviert ist. Den Teamchef Mike Krack mit einem Wort zusammenfasst: "Wow!" Ob sich Vettel das tatsächlich antun würde, muss bezweifelt werden. Selbst in späteren Rennen, wenn Stroll länger ausfallen sollte. So ein Comeback ohne Vorbereitung könnte in die Hose gehen. Kritiker würden ihm dann auch fehlendes Rückgrat unterstellen. Schnell schnell ginge ohnehin nicht: Aston Martin müsste ja auch erstmal einen Sitz maßschneidern, was ebenfalls Zeit kostet.

Fernando Alonso - Aston Martin - Formel-1-Test - Bahrain - 25. Februar 2023
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Fernando Alonso scheint mit dem Wechsel von Alpine zu Aston Martin den richtigen Schritt gegangen zu sein.

"Keine Wunder in der Formel 1"

Mit dem neuen Auto ist Aston Martin nach den Eindrücken der Testfahrten ein riesiger Schritt gelungen. Experten sehen den AMR23 innerhalb der Top 4. Manche betrachten den grünen Rennwagen sogar als Gefahr für Ferrari und Mercedes. Der AMR23 funktionierte bei den Tests auf eine Runde und über die Distanz. Das Auto geht über Bodenwellen fast so gut wie der Red Bull. Bouncing ist Geschichte. Alonsos späte Rennsimulation am dritten Testtag ließ zusätzlich aufhorchen. Krack relativiert: "Zu diesem Zeitpunkt waren die Streckenbedingungen mit viel Gummiabrieb und kühleren Temperaturen am besten."

Aston Martin will sich nicht in die Rolle des Geheimfavoriten schreiben lassen. "Wir müssen realistisch bleiben. Die drei Topteams sehen stark aus. Und wir glauben nicht, dass irgendjemand bereits die Karten auf den Tisch gelegt hat. Wir dürfen nach den Testfahrten nicht anfangen zu träumen. Wie Fernando immer sagt: In der Formel 1 gibt es keine Wunder", erzählt der Teamchef.

Dann gibt Krack noch ein Beispiel, wie schnell sich alles drehen kann. "Ich habe extra nachgeschaut. Wir waren im letzten Jahr bei den Tests Vierter, Vierter und Zehnter. Also ähnlich wie jetzt. Dann kamen wir ins erste Wochenende, und es war ein Desaster." Von daher mahnt der Luxemburger, die Füße auf dem Boden zu halten und hart bis zum Saisonauftakt am ersten März-Wochenende weiterzuarbeiten. "Unser Ziel war es, einen Schritt nach vorne zu machen. Ob wir das erreicht haben, werden wir erst sehen."

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