Alles bereit für den Machtwechsel
Ist McLaren schon ein Siegerteam?

McLaren hat im letzten Jahr viel richtig gemacht. Die Infrastruktur modernisiert, die Arbeitsprozesse verändert, Top-Ingenieure an Bord geholt und beide Fahrerverträge verlängert. Reicht das aus, um zu gewinnen?

McLaren - Führungsteam - 2024
Foto: McLaren

McLaren war die Überraschung der Saison 2023. Mehr noch als Aston Martin, die den Sprung in die Top-Liga der Formel 1 über den Winter geschafft haben. McLaren transformierte sich mitten im Pulverdampf der Saison von einem Hinterbänkler zum ersten Verfolger von Red Bull.

Ganz nebenbei fanden im Team große Umbaumaßnahmen mit Blick auf die Zukunft statt. Auslöser war ein ernüchternder Windkanaltest des MCL 60-Basisautos. Die Werte waren schlechter als die des Vorgängers. Für den neuen Teamchef Andrea Stella war es das Zeichen zum Umbruch.

Unsere Highlights

Zuerst wurde das Technikbüro umgebaut. Technikdirektor James Key musste gehen. Nach dem Vorbild von Red Bull zersplitterte sich die Entwicklungsabteilung in viele kleine Spezialbereiche. Sie alle wurden besser als vorher untereinander vernetzt.

"Früher haben wir die Bälle von einem Bereich in den anderen geschossen. Da blieben sie dann, bis sie weitergeschossen wurden. Diesen sequentiellen Prozess haben wir aufgelöst und mehr parallele Schritte eingeführt. Das hat unsere Entwicklungsgeschwindigkeit erhöht", erklärt Stella.

McLaren - Formel 1 - 2024
McLaren

McLaren tritt mit einer neuen Lackierung in der Saison 2024 an.

Viele Denkzellen, viele Perspektiven

Unter der Leitung von Peter Prodromou und Neil Houldey entstanden viele kleine Denkzellen. Und weil jede davon einen Projektleiter brauchte, hatte man plötzlich im Stall viele attraktive Perspektiven, um Leute zu halten und von außen anzuheuern. McLaren gelang es dann zwei Schwergewichte zu ködern, die jetzt im Januar ihre Arbeit aufnehmen durften. Rob Marshall brachte von Red Bull Wissen mit, David Sanchez von Ferrari.

Im Herbst 2023 gingen der neue Windkanal und der moderne Simulator in Woking in Betrieb. Die Investitionen waren im Finanz-Reglement durch die CapEx-Bestimmungen abgedeckt. Sie sorgen jetzt dafür, dass McLaren seine Entwicklungsarbeit effizienter gestalten kann und damit Geld im operativen Bereich spart. Was dann das eine oder andere Upgrade mehr im Rahmen der OpEx-Grenzen erlaubt.

Der Ausbau des Motorenvertrages mit Mercedes bis 2028 gibt Planungssicherheit. Er birgt für den Neustart 2026 allerdings auch eine Gefahr. Als Kunde ist man von dem abhängig, was man bekommt. Ist es gut, profitiert in erster Linie das Werksteam davon. Speziell in einem Umfeld, in dem die Motorenintegration ins Auto eine noch wichtigere Rolle spielen wird, weil die Antriebseinheiten kleiner werden und ein abgesenktes Mindestgewicht ein neues Unterscheidungsmerkmal sein kann.

Andrea Stella, Lando Norris & Oscar Piastri - GP Japan 2023
xpb

Mit Superstar Lando Norris wurde der Vertrag frühzeitig verlängert.

Konstanz beim Fahrerpersonal

Der letzte Schritt hin zur Fortsetzung einer lange brachliegenden Erfolgsstory war die Verlängerung der Fahrerverträge. Mit Lando Norris (24) und Oscar Piastri (22) hat McLaren nicht nur eine der beste Fahrerpaarungen im Feld, sondern auch eine der jüngsten. Piastris Vertragsende wurde schon im September von 2024 auf 2026 gelegt.

Vor einer Woche dann das gleiche Spiel mit Norris. Der alte Vertrag war noch lange nicht ausgelaufen, da wurde der neue schon unterschrieben. Wie lange wurde nicht kommuniziert, aber bis mindestens bis 2027. Der Treueschwur des WM-Sechsten zeigte dem Team: "Ich glaube an Euch."

Norris glaubt daran, dass er in dieser Saison endlich seinen ersten GP-Sieg feiern kann. 13 Mal stand er bei 104 GP-Starts schon auf dem Podium – aber noch nie auf der obersten Stufe. "Es gab letztes Jahr bereits Rennen, bei denen wir knapp dran waren. Und das gegen das überlegenste Auto der GP-Geschichte. Wir haben jetzt alles im Team, um Rennen zu gewinnen. Warum sollte es also nicht klappen?

Zak Brown - Lando Norris - Oscar Piastri - Andrea Stella - McLaren MCL60 - Formel 1 - Saison 2023
McLaren

Kann McLaren schon 2024 um Siege und Titel kämpfen?

Im Cockpit die richtigen Weichen gestellt

Der WM-Titel, so Norris, ist dagegen eine andere Herausforderung. "Für mich und für das Team. Da musst du in allen Disziplinen Konstanz beweisen und permanent Druck aushalten. Weltmeister wird man nicht über Nacht."

Norris glaubt aber, dass McLaren an der Aufgabe wachsen kann, um dann 2026 mit einem neuen Technik-Reglement bereit zu sein. "Das ist die große Chance für alle im Feld." Jedenfalls für die Teams, die bis dahin die Voraussetzungen dafür geschafft haben.

Andrea Stella ist überzeugt, dass im Technikbüro und im Cockpit die Weichen richtig gestellt wurden. Piastri ließ schon in seiner Rookie-Saison ahnen, wo die Reise hingeht. Und Norris hat laut Stella alles, was ein künftiger Champion braucht. "Lando gehört in die Kategorie potenzieller Weltmeister. Er schafft es wie die Champions jedes Jahr noch ein bisschen besser zu werden. Weil sie sich ständig hinterfragen und so wissen, was sie brauchen, um den nächsten Schritt zu tun."