Extreme Schwankungen bei McLaren
Warten auf Silverstone-Upgrade

GP Spanien 2023

Der McLaren MCL60 benimmt sich ein bisschen so wie der Ferrari. Mal ordentlich, mal unterirdisch. Im Gegensatz zu Ferrari kann das Team die extremen Schwankungen aber erklären.

McLaren - GP Spanien 2023
Foto: xpb

McLaren ist wie im letzten Jahr schlecht in die Saison gestartet. Diesmal wird es aber etwas länger dauern, bis der Schaden repariert ist. Mindestens bis zur B-Version in Silverstone. Im Moment steht McLaren mit 17 Punkten an der Spitze der zweiten Tabellenhälfte. Oder wie es Lando Norris beschreibt: "Wir sind ein Platz-6-Team."

Das kann nicht der Anspruch des zweitältesten Teams der Formel 1 sein. McLaren merkte schon vor der Saison, dass die Technikabteilung mit ihrem MCL60 falsch abgebogen war. Das neue Auto behielt im Prinzip die Mängel des alten, ohne sich weiterzuentwickeln. Schlechte aerodynamische Effizienz, ein kleines Arbeitsfenster, ein instabiles Heck.

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Lando Norris - McLaren - Formel 1 - GP Spanien - 3. Juni 2023
xpb
Im Qualifying durfte Lando Norris mit Verstappen und Sainz auf das Top-3-Bild.

Am Sonntag zu langsam

In Baku brachte McLaren ein erstes großes Upgrade, das die Basis für eine neue Entwicklungsrichtung sein soll. Teamchef Andrea Stella hatte schon beim Debüt des Facelifts gewarnt, nicht sofort Wunder zu erwarten. Norris urteilt: "Von der Rundenzeit her hat es höchstens ein Zehntel gebracht. Das Upgrade gibt uns aber mehr Spielraum in der Entwicklung."

Bis jetzt ist der McLaren eine Wundertüte. Fast so wie der Ferrari, nur ein Niveau tiefer. In Melbourne, Baku und Monte Carlo zeigten die Papaya-gelben Autos eine ansprechende Form. In Jeddah oder Miami waren sie nirgendwo. In Barcelona überraschte McLaren alle mit dem Aufstieg beider Fahrer ins Q3 und dem dritten Startplatz für Norris. Oscar Piastri wäre in der Nähe seines Teamkollegen gestartet, hätte ihn nicht ein Rutscher in Kurve 10 rund acht Zehntel gekostet.

Nur einen Tag später erkannten die Fahrer ihren McLaren nicht wieder. Beide fielen aus den Punkterängen. Norris verschenkte seine Chance schon beim Start, als er sich an Lewis Hamiltons Mercedes den Frontflügel krumm fuhr. "Auch ohne den Zwischenfall hätte ich es nicht in die Top Ten geschafft. Wir waren einfach zu langsam", bedauerte Norris.

Lando Norris - McLaren - Formel 1 - GP Spanien - 4. Juni 2023
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Ein zu hoher Reifenverschleiß im Rennen warf die McLaren-Piloten zurück.

Fünf Gründe für den dritten Startplatz

Da lag die Frage auf der Hand, wie ein Auto innerhalb von 24 Stunden so sein Gesicht ändern kann. Teamchef Stella erklärte, wie der McLaren ohne Upgrade auf den dritten Startplatz fahren konnte. Der Italiener führte fünf Faktoren auf: Kühle Temperaturen, kein Wind, schnelle Kurven, ein ebener Belag und Fehler der Konkurrenz. Dazu kommt, dass frische weiche Reifen in der Qualifikation so manches Defizit des Autos maskieren. Das kennen wir auch von Ferrari.

Das Fehlen von großen Bodenwellen half den Ingenieuren, die Bodenfreiheit einzustellen, bei der das Auto am besten funktioniert. Bei 25 Grad Asphalttemperatur kam dem McLaren die Eigenschaft zugute, dass er seine Reifen schnell anzündet. Das genau wurde ihm am Sonntag bei zehn Grand mehr auf dem Asphalt und bei auffrischendem Wind zum Verhängnis. "Die einzige Erklärung für den schlechten Speed im Rennen ist, dass die Reifen stärker abgebaut haben", analysierte Piastri.

Der McLaren funktioniert generell in schnellen Kurven besser als in langsamen. Wenn der Radius nicht zu lang ist. Ein Killer sind lang gezogene, mittelschnelle Kurven. "Wenn die Vorderräder eingeschlagen sind und das Auto zu rollen beginnt, wenn die Bodenfreiheit bei niedrigeren Geschwindigkeiten etwas ansteigt, dann haben wir ein Problem. Dann verlieren wir zu viel Abtrieb", erklärt Stella.

McLaren - GP Spanien 2023
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Beim Heimspiel in Silverstone soll endlich die B-Version des McLaren MCL60 debüttieren.

Upgrade schon in der Pipeline

Norris und Piastri spüren das, weil sich damit die Balance des Autos verändert. Das raubt den Fahrern das Vertrauen und geht automatisch auch auf den Reifenverschleiß. "Wenn irgendetwas aus dem Ruder läuft, rutschen wir gleich ein paar Plätze ab. Am Samstag haben wir Kapital aus den Fehlern der anderen geschlagen. Am Sonntag haben die keine Fehler mehr gemacht", blickte Norris auf den GP Spanien zurück. Piastri fügt hinzu: "Es ist mit unserem Auto auch schwer, anderen zu folgen. Ab zwei Sekunden Abstand wurde es kritisch."

Zwei Rennen müssen die McLaren-Piloten noch durchstehen. Dann soll beim Heimspiel in Silverstone der erste große Entwicklungsschritt kommen. Andrea Stella spricht sogar von einer B-Version. "Das Auto wird sein Aussehen deutlich verändern." Er spricht damit die Seitenkästen an, die heute das große Unterscheidungsmerkmal sind.

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