Teamchef Andrea Stella hatte allen Grund zur Freude nach dem China-Comeback der Formel 1 in Shanghai. Sein Pilot Lando Norris hatte soeben den zweiten Platz für das McLaren geholt und sich zwischen die Red Bull von Max Verstappen und Sergio Perez geschoben. Der Italiener streute seinem Angestellten Rosen: "Lando ist heute absolut brillant gefahren." Norris selbst erlebte eine Achterbahnfahrt der Gefühle in Shanghai. Der Engländer schnappte sich am Freitag (19.4.) im verregneten Sprint-Qualifying mit 1,2 Sekunden Vorsprung auf Lewis Hamilton die Pole-Position. Anschließend jubelte er mit ausgestrecktem Zeigefinger in Vettel-Manier.
Doch die Stimmung rutschte am Samstagmorgen (20.4.) in den Keller, als er sich beim Sprint-Start mit Hamilton anlegte. Der Rekordsieger ließ ihn auf der Außenbahn von Turn 1 verhungern. Norris musste sich auf Platz sieben einsortieren. Der Engländer beendete die 19-Runden-Hatz folglich nur auf Rang sechs. Sein McLaren litt zusätzlich unter einem hohen Reifenverschleiß, wie Stella verriet: "Wir haben im Sprint gesehen, dass die Abnutzung hoch war. Wir haben nach dem Sprint ein paar kleine Änderungen am Setup vorgenommen, die geholfen haben."
Lando Norris schaffte es dank guter Pace auf Platz zwei beim Großen Preis von China 2024.
Norris dreht den Spieß rum
Schon im Qualifying rehabilitierte sich der McLaren-Mann. Startplatz vier und nur 17 Tausendstelsekunden Rückstand auf Fernando Alonso im schnellsten Auto hinter den Red Bull sorgten für zufriedene Gesichter beim Traditionsteam. Sowohl Norris als auch Oscar Piastri konnten beide Ferrari hinter sich lassen. Der Grundstein für ein gutes Resultat war gelegt, auch wenn Stella mit mehr Gegenwehr von der Scuderia im Grand Prix gerechnet hatte. "Wir dachten eigentlich, dass Ferrari uns irgendwann im Rennen überholen würde."
Dazu kam es nicht. Norris konnte noch im ersten Stint Fernando Alonso passieren und führte nach dem frühen Boxenstopp von Max Verstappen und Sergio Perez bis zur 19. Runde. Dann kassierte ihn Verstappen dank frischer Reifen vor der Haarnadelkurve.
McLaren half die Safety-Car-Phase wegen des gestrandeten Saubers von Valtteri Bottas unter die Arme. Red Bull holte beide Fahrer herein und Perez kam hinter Norris sowie Charles Leclerc (Ferrari) zurück auf die Strecke. Lando Norris hatte kurz zuvor unter dem zunächst verhängten virtuellen Safety-Car gestoppt und die harten Pirelli-Pneus aufgeschnallt. Es blieb beim einzigen Stopp des Engländers.
Die Safety-Car-Phase spülte Lando Norris auf Platz zwei, den der Engländer bis ins Ziel halten konnte.
Perez verheizt die Reifen
Die Rennleitung gab kurzzeitig den Grand Prix wieder frei, doch der Unfall von Lance Stroll mit Daniel Ricciardo und der Crash von Kevin Magnussen mit Yuki Tsunoda machte den zweiten Safety-Car-Einsatz nötig. Der Stroll-Ricciardo-Vorfall zerstörte das Rennen von Oscar Piastri. Der McLaren wurde von Ricciardos Toro Rosso touchiert und war danach beschädigt. Mehr als Platz acht im waidwunden Auto war für den Australier nicht drin.
Bis Runde 31 war das Feld neutralisiert. Norris konnte sich nach dem Restart vor Leclerc halten. Der Ferrari-Fahrer half dem McLaren-Piloten unfreiwillig. Sergio Perez tat sich schwer, am langsameren Monegassen vorbeizukommen. Lando Norris nutzte die Gunst der Stunde und distanzierte seine Verfolger.
Perez überholte erst in der 39. Runde Leclerc. Der Zug Richtung Platz zwei war aber schon abgefahren. Der Mexikaner hatte sich die Reifen in der Dirty-Air des Ferraris zerstört. Norris musste den Vorsprung von knapp fünf Sekunden nur noch verwalten.
Zweite Plätze reichen Lando Norris nicht mehr. Der Engländer will endlich seinen ersten Grand-Prix-Sieg einfahren.
McLaren-Upgrades für Miami
Nach der Zieldurchfahrt war der 24-Jährige voll des Lobes für seine Truppe: "Ich freue mich sehr für das ganze Team. Sie haben es verdient. Das Auto fühlte sich heute großartig an! Ich hatte wirklich nicht erwartet, dass wir in diesem Rennen so gut abschneiden würden."
Der Abstand zu Dominator Verstappen betrug am Ende 13 Sekunden. Das soll sich in Zukunft ändern. Andrea Stella kündigte mit einem Lächeln an, dass für den nächsten Grand Prix in Miami (5.5.) Upgrades an den MCL38 kommen werden. "Hoffentlich machen wir einen weiteren Schritt nach vorne, um das gute Ergebnis aus China bestätigen zu können."
Nur bestätigen reicht Lando Norris nicht. Der Engländer will mehr. Er jagt immer noch seinen ersten Grand-Prix-Sieg. "Ich glaube daran, dass wir dieses Jahr noch Red Bull schlagen können." Vielleicht erfüllt sich sein Wunsch schon in Miami. Dann muss Teamchef Andre Stella wieder Superlative für seinen Piloten suchen.
