Abschied vom alten Mercedes
Stärken behalten, Schwächen abstellen

Die Zukunft für Mercedes begann dem Shakedown in Silverstone. Lewis Hamilton und George Russell sind froh, dass der alte W13 jetzt in der Lobby der Fabrik landet. Die Hoffnung ist groß, dass der neue W14 die Stärken des Vorgängers übernimmt und mit seinen Schwächen aufräumt.

Lewis Hamilton - Shakedown - W14 - Silverstone - 2023
Foto: Mercedes

Sechs Grad in Silverstone: Da ist der Lerneffekt nicht groß. George Russell konnte nach den ersten 15 Kilometern beim Shakedown mit dem neuen Mercedes W14 nur vermelden: "Es gab keine großen Schreckmomente." Auf die Frage, ob das Auto Anzeichen von Bouncing zeigte, wich der 25-jährige Engländer aus: "Das werden wir erst in Bahrain sehen."

Auch beim ersten Filmtag 24 Stunden später gab es keine großen Erkenntnisse. Der britische Regen machte den Fahrern und den Ingenieuren das Leben schwer. "Das war ein solider Start des Programms mit dem W14", resümierte Chefingenieur Andrew Shovlin. "Die Bedingungen waren weder fürs Filmen noch fürs Fahren besonders toll. Wir haben die erlaubten 100 Kilometer ohne Probleme abgespult und beide Fahrer haben uns ihre Eindrücke geschildert. In Bahrain wird es wohl etwas anders sein, aber immerhin scheint alles zu funktionieren."

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Der alte Mercedes W13 ist damit endgültig Geschichte. Er wird nun doch nicht im hintersten Winkel des Museums landen, wie ursprünglich geplant, sondern prominent in der Lobby der Fabrik in Brackley stehen. Als Mahnmal, dass Erfolg nicht garantiert ist.

Lewis Hamilton - Shakedown - W14 - Silverstone - 2023
Mercedes
Viel lernen konnten die Mercedes-Piloten auf den ersten Runden in Silverstone nicht. Man hofft, in Bahrain keine bösen Überraschungen zu erleben.

Die guten Seiten des W13

"Er soll uns daran erinnern, dass man sich nie auf seinen Lorbeeren ausruhen darf. Aber auch als ein Symbol für mutiges Design. Wir haben uns etwas getraut, sind aber über den Großteil der Saison damit gescheitert", begründet Teamchef Toto Wolff seine Entscheidung.

Die Fahrer atmen auf, dass das Kapitel W13 abgeschlossen ist. Lewis Hamilton und George Russell haben das 2022er Auto hauptsächlich deshalb in Erinnerung, weil es unbeständig und unberechenbar war. Es hatte aber auch seine guten Seiten, wie Hamilton zugibt: "Das beste an dem Auto waren seine Zuverlässigkeit und die Longrun-Pace. Im Rennen haben wir wegen der geringeren Reifenabnutzung immer besser ausgesehen als auf eine Runde."

Russell bestätigt: "Die gute Standfestigkeit hat uns viele Punkte gebracht. So konnten wir von den Fehlern und Pannen der anderen oft profitieren. Auch unsere Starts waren im Durchschnitt gut." Dann zeigte der Brasilien-Sieger sogar etwas wie Mitgefühl für die Wundertüte, wie sie Hamilton einmal abkanzelte. "Ich glaube, tief drinnen war da viel Abtrieb versteckt. Wir konnten ihn wegen des Bouncing nur viel zu selten rausholen." Eines ist jetzt schon garantiert: "Das neue Auto ist leichter, und es hat weniger Luftwiderstand", verrät Russell.

George Russell - W14-Shakedown - Silverstone - 2023
Mercedes
George Russell durfte den Shakedown an seinem Geburtstag absolvieren. Viel erzählen wollte er danach aber nicht.

Hamilton meldet sich zum Reifentest

Die Fahrer haben ihren Teil der Vorbereitung abgeschlossen. Hamilton und Russell erzählen im Gleichklang, dass sie sich so fit und hungrig fühlen wie nie zuvor. Und sie haben in Paul Ricard und Jerez im Rahmen von Pirelli-Tests bereits GP-Distanzen mit dem Vorjahresauto abgespult. "Das zeigt, wie heiß ich auf die Saison bin", grinste Hamilton. "Es kommt bei mir eher selten vor, dass ich mich für Reifentests melde. Aber ich wollte unbedingt wieder fahren."

Russell sieht nicht nur einen technischen Nutzen in dem Fahrtermin. "Mir hat nach dem Tag in Paul Ricard jeder Knochen weh getan. Wegen der tiefen Temperaturen war die Strecke so schnell wie noch nie. Ich bin froh, dass ich als Vorbereitung auf den Bahrain-Test schon mal ein Fahrtraining hatte. Eineinhalb Testtage in Bahrain sind verdammt wenig nach zwölf Wochen ohne Praxis. Mein Vorschlag wären deshalb drei Testtage mit zwei Autos und nicht mit einem."

Hamilton und Russell sind zuversichtlich, dass sie mit Red Bull und Ferrari wieder um Siege mitfahren können. Vielleicht nicht gleich, aber spätestens dann, wenn die ersten Upgrades kommen. Der Zeitplan ist ideal für den Ansatz der Ingenieure, die sich bei der ersten Spezifikation des W14 noch nicht auf komplettes Neuland begeben, sondern in Schritten darauf hinarbeiten wollen.

"Der Kalender mit weniger Rennen und großen Pausen zu Beginn gibt uns die Möglichkeit dazu", stellt Russell fest. Auch Hamilton predigt Geduld: "Wir sollten zu Saisonbeginn näher an unseren Konkurrenten dran sein als im letzten Jahr und dann zügig aufschließen."

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Weihnachten für Hamilton

Der 38-jährige Engländer geht mit Mercedes bereits in seine elfte Saison. Deshalb vertraut er auch den Ingenieuren, dass sie die Wende schaffen. "Wir haben das beste Team für Problemlösung. Schon im letzten Jahr hat sich angedeutet, dass wir zurückschlagen können."

Es habe sich wie Weihnachten angefühlt, als das Puzzle, das er im Dezember noch als Windkanalmodell gesehen hatte, vergangene Woche im 1:1-Format zusammengesetzt wurde. "Wenn du siehst, wie aus vielen Details ein großes Ganzes wird, ist dein Respekt für diejenigen, die das Auto bauen, noch größer."

George Russell fühlt sich vor dem Start seiner fünften Formel 1-Saison genug gerüstet, um nach den Sternen zu greifen. Weil er an das Team glaubt und weil er sich in seinem ersten Jahr viel von Hamilton abschauen konnte.

"Lewis war vor allem im Reifenmanagement besser. Er holt über einen Stint das Maximum aus den Reifen heraus. Ich habe am meisten von den Rennen gelernt, in denen es nicht so gut lief. Meistens habe ich es zu hart probiert. Es ist nicht immer der schnellste Weg, jede Runde am Limit zu fahren. Ich habe verstanden, dass man sich manchmal disziplinieren muss."