Warum wollte Red Bull Max Verstappen einbremsen?
Max Verstappen war das gesamte Wochenende auf dem Circuit de Catalunya in einer eigenen Liga. Das zeigten nicht nur die drei Trainingsbestzeiten, die Pole-Position und schließlich der Rennsieg mit 24 Sekunden Vorsprung vor Mercedes-Pilot Lewis Hamilton. Auch die Konkurrenz wusste spätestens nach den Longruns am Freitag, dass der Holländer sowieso nicht mal annähernd zu stoppen ist.
Im Rennen stellte er das eindrücklich unter Beweis. 66 Runden lang diktierte er das Tempo und feierte einen Start-Ziel-Sieg. Dabei kam der zweimalige Weltmeister eigentlich zu keinem Zeitpunkt wirklich unter Druck. Auf Medium-Reifen gestartet – anders als die meisten im Feld – ließ er sich auch am Start nicht von Carlos Sainz im Ferrari nervös machen, der mit den weichen Gummis von Platz zwei ins Rennen ging. Den Versuch eines Angriffs des Spaniers wehrte Verstappen in der ersten Kurve mit Leichtigkeit ab.
Lediglich in einer Phase des Rennens wurde man am Kommandostand von Red Bull ein bisschen nervös. Und zwar als ihr Schützling zwei Mal in Kurve 5 und ein Mal in Kurve 10 im Laufe des Rennens die weiße Linie überfuhr und anschließend in Runde 59 nur sieben Runden vor Schluss die Verwarnungs-Flagge gezeigt bekam. Beim vierten Mal wäre eine Strafe von fünf Sekunden fällig gewesen. Wobei die ihm wohl keinen Schrecken eingejagt hat, schließlich war Hamilton weit genug weg. Sein Team ermahnte ihn allerdings, doch bitte auf die weiße Linie zu achten. Verstappen blieb cool und drehte im 61. Umlauf noch mal eben die schnellste Rennrunde in 1.16,330 Minuten.
"Okay, kannst du es nun innerhalb der weißen Linie nach Hause fahren?", hieß es danach am Funk. Verstappen blieb gewohnt lässig. "Auf manchen Strecken passiert das etwas schneller, und ich hatte mit den härteren Reifen ein wenig zu kämpfen. Ich bin ziemlich herumgerutscht", sagte der WM-Führende. Bei Red Bull war man etwas besorgt, dass er danach auch noch einen Versuch für die schnellste Runde probierte. "Nach dem Rennen habe ich mit Helmut noch darüber gelacht. Es ist also keiner böse", sagte Verstappen.
Ist Mercedes wieder zurück im Geschäft?
George Russell und Lewis Hamilton holten beim Großen Preis von Spanien die Plätze zwei und drei und damit gleich ein Doppel-Podium. Das gelang dem neuen WM-Zweiten zuletzt in Brasilien im Jahr 2022. In Barcelona war man ganz klar zweite Kraft hinter Red Bull und machte einen deutlichen Sprung nach vorn. Vor allem die Aufholjagd von George Russell, der von Platz 12 auf 3 fuhr, war beeindruckend. Der Engländer spürte schon nach zwei Runden, welches Potenzial an diesem Tag im W14 steckte. Auch wenn er sich vorher eher Platz 5 oder 6 ausgerechnet hatte.
Für Mercedes war es eine Bewährungsprobe. Schließlich brachte man in Monaco ein fast runderneuertes Auto mit einer neuen Seitenkasten-Philosophie an den Start, wusste aber, dass erst auf einer Strecke wie dem Circuit de Catalunya klar sein würde, wo man steht. Das Upgrade am W14 scheint also zu funktionieren.
"Ich bin sehr zufrieden", resümierte Teamchef Toto Wolff. "Wir haben so viel Arbeit in das Auto gesteckt. Es waren mutige Entscheidungen, weil wir die Vorderradaufhängung komplett verändert und das aerodynamische Konzept umgeworfen haben. Ich habe gesagt, es kann sein, dass wir erst einen Schritt zurück machen. Im Moment ist es ein bisschen wie bei Jugend forscht. Aber am Renntag ist das heute gut aufgegangen."
Am Freitag sah es nämlich noch nicht so vielversprechend aus. Da musste Mick Schumacher im Simulator noch bis in die Nacht Unterstützung leisten, um die optimale Abstimmung zu finden. "Das Auto ist nach wie vor ein bisschen eine Überraschungskiste", sagte Wolff. "Ich bin mir auch nicht sicher, ob es bei 10 Grad wärmeren Temperaturen nicht wieder schlechter ist. Ich will es aber auch nicht schlecht reden. Es war das beste Ergebnis dieses Jahr. Die Entwicklungsrichtung stimmt, es geht bergauf. Aber es ist wie beim Aktienkurs, da kann es auch mal Rückschläge geben."
Deshalb kann man auch nicht davon sprechen, dass man schon auf Red Bull-Niveau wäre. Dazu ist die Lücke zu groß. Hamilton hofft, dass man die bis Ende des Jahres oder spätestens zur neuen Saison schließen kann. Zumal auch Aston Martin und Ferrari noch da sind. "Die waren dieses Mal auch weiter weg von ihrer Pace als sonst", sagte Russell.
Was war mit Ferrari los?
Am Samstag hui, am Sonntag pfui. So könnte man überspitzt die Form von Ferrari zusammenfassen. Carlos Sainz überzeugte in der Qualifikation mit Platz 2, im Rennen fiel er immer weiter zurück und musste sich sowohl von beiden Mercedes-Piloten als auch Sergio Perez im Red Bull aufschnupfen lassen. "Unser größtes Problem ist die Unbeständigkeit. Sie ist nicht zu erklären", verzweifelte Teamchef Frédéric Vasseur. Bei Sainz lief es im ersten Stint auf Soft-Reifen gut, mit Medium-Reifen über 26 Runden ging es stetig bergab, und am Ende erholten sich die Zeiten auf den harten Gummis wieder.
Charles Leclerc erlebte bereits in der Qualifikation ein Desaster und flog im Q1 raus. Da man die Ursache für das unberechenbare Heck nicht gleich finden konnte, tauschte Ferrari am Sonntagmorgen den kompletten hinteren Teil des Autos inklusive neuer Batterie und Steuergerät aus, was einen Start aus der Boxengasse bedeutete. Am Ende kam Leclerc nicht mal in die Punkte. Auch bei ihm war es ein Auf und Ab. Taugt das Upgrade mit den Seitenkästen mit Red Bull-Elementen, das man in Barcelona brachte, also nix? "Es ist ein Schritt vorwärts beim Potenzial des Autos", sagt Vasseur. "Aber im Rennen haben wir immer noch die gleichen Probleme wie vorher. Wir schaffen es nicht gleichmäßig schnelle Runden zu drehen."
Warum ging Fernando Alonsos Heimspiel schief?
Aston Martin bekam in Spanien den ersten Dämpfer der Saison. Lance Stroll wurde Sechster, Fernando Alonso ausgerechnet vor den spanischen Fans nur Siebter. Dabei schien er zuvor ein Abo aufs Podium gehabt zu haben. Allerdings konnte keiner direkt nach dem Rennen so richtig benennen, warum den grünen Autos der Speed fehlte. "Wir haben versucht, mit unserer Strategie länger zu fahren und hofften, dass sich das später mit frischeren Reifen auszahlen würde, aber unsere Konkurrenten hatten etwas mehr Tempo. Ich denke, die Plätze sechs und sieben waren das Maximum für uns", analysierte Alonso. Auf ein internes Duell mit Stroll verzichtete er: "Es wäre zu viel Risiko gewesen. Für das Team hätte sich die Punktzahl nicht geändert."
Ob es das Streckenlayout, das Upgrade, die Fahrzeugabstimmung oder die Tatsache war, dass die Gegner mit ihren neuen Teilen einen größeren Schritt gemacht hatten? "Je nach Temperatur hat der gleiche Reifentyp mal besser, mal weniger funktioniert", wunderte sich Teamchef Mike Krack. Seine Forderung: "Wir müssen verstehen warum."
Wo ist Nico Hülkenberg abgeblieben?
Wenn man wie Nico Hülkenberg im Haas von Startplatz 7 ins Rennen geht, erhofft man sich, dass es ein bisschen nach vorne geht. Bei dem Deutschen war das Gegenteil der Fall. Er stürzte auf Rang 15 ab. Das Problem: Er musste wie Teamkollege Kevin Magnussen drei Mal stoppen. Die beiden waren die einzigen im Feld mit drei Reifenwecheln. "Es war hart. Leider war der Reifenabbau bei uns sehr hoch. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob wir über eine Runde konkurrenzfähig sind, aber in den Long Runs müssen wir noch einige Hausaufgaben machen und Pace finden."
Fahrer | Team | Zeit/Rückstand |
1. Max Verstappen | Red Bull | 1:27:57.940 h |
2. Lewis Hamilton | Mercedes | + 24.090 s |
3. George Russell | Mercedes | + 32.389 s |
4. Sergio Perez | Red Bull | + 35.812 s |
5. Carlos Sainz | Ferrari | + 45.698 s |
6. Lance Stroll | Aston Martin | + 63.320 s |
7. Fernando Alonso | Aston Martin | + 64.127 s |
8. Esteban Ocon | Alpine | + 69.242 s |
9. Zhou Guanyu | Alfa Romeo | + 71.878 s |
10. Pierre Gasly | Alpine | + 73.530 s |
11. Charles Leclerc | Ferrari | + 74.419 s |
12. Yuki Tsunoda | Alpha Tauri | + 75.416 s |
13. Oscar Piastri | McLaren | + 1 Runde |
14. Nyck De Vries | Alpha Tauri | + 1 Runde |
15. Nico Hülkenberg | Haas | + 1 Runde |
16. Alexander Albon | Williams | + 1 Runde |
17. Lando Norris | McLaren | + 1 Runde |
18. Kevin Magnussen | Haas | + 1 Runde |
19. Valtteri Bottas | Alfa Romeo | + 1 Runde |
20. Logan Sargeant | Williams | + 1 Runde |