Vergleich der Longrun-Pace
So überlegen ist Red Bull im Rennen

Red Bull hat seine Gegner in Bahrain verprügelt. Der Sieg in der Qualifikation war noch verschmerzbar. Die Überlegenheit im Rennen war erschreckend. Das zeigt ein direkter Longrun-Pace-Vergleich zwischen Perez, Alonso, Sainz und Hamilton.

Sergio Perez - GP Bahrain 2023
Foto: Wilhelm

George Russell hat Max Verstappen schon nach dem ersten Rennen indirekt zum WM-Titel gratuliert. Der Mercedes-Pilot kann sich nicht vorstellen, dass der Weltmeister dieses Jahr auch nur ein Rennen verliert. Der Saisonauftakt in Bahrain brachte die bittere Erkenntnis: Selbst wenn Verstappen doch einmal ausfallen sollte, dann gewinnt der andere Red Bull mit Sergio Perez.

Die Niederlage gegen Red Bull in der Qualifikation war noch verschmerzbar. Charles Leclerc fehlten 0,292 Sekunden, Fernando Alonso 0,628 Sekunden und George Russell 0,632 Sekunden. Alle hatten im Q3 nur einen Versuch. Bei einem zweiten hätte sich der Abstand vermutlich noch um zwei bis drei Zehntel verringert. Dieser Rückstand wäre aufholbar. Der im Rennen nicht.

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Rennen ohne Verstappen und Leclerc

Erst am Sonntag wurde es bitter. Max Verstappen fuhr in einer eigenen Liga und hängte Aston Martin um 38, Ferrari um 48 und Mercedes um 51 Sekunden ab. Dabei fuhr der Holländer die letzten zehn Runden schon im Schongang. Red Bull traute sich als einziges Topteam die Reifensequenz soft-soft-hart zu. Die direkten Gegner blieben der sicheren Variante soft-hart-hart treu. "Zwei Mal soft wie Red Bull hätten wir gar nicht fahren können", bedauerte Ferrari-Teamchef Frédéric Vasseur.

Erschreckend war, dass Red Bull trotz angefahrener Soft-Reifen am Start länger und schneller fahren konnte als Leclerc auf frischen weichen Sohlen. Der Speed-Vorteil der Red Bull über die Distanz setzte sich auch im zweiten und dritten Stint fort. Noch schlimmer: Während die Ferrari- und Mercedes-Fahrer von vornherein auf die Tempobremse drückten, um über die Runden zu kommen, schien Aston Martin in der Lage den Speed auch mit hoher Laufzeit der Reifen zu halten.

Für einen fairen Vergleich im Rennen muss man Verstappen und Leclerc ausklammern. Der Mann an der Spitze fährt immer ein anderes Rennen als der Rest. Er kann das Tempo bestimmen, wie er will. Leclerc brachte es nicht zu Ende. Es ist Spekulation, wie er seinen dritten Stint ohne den Technik-Defekt an einem Steuergerät zu Ende gebracht hätte.

Sergio Perez - GP Bahrain 2023
Red Bull
Sergio Perez war im Rennen deutlich schneller als seine direkten Konkurrenten.

Perez gewinnt 32 der 43 Vergleichsrunden

Die Rennverläufe von Sergio Perez, Fernando Alonso, Carlos Sainz und Lewis Hamilton lassen sich dagegen durchaus miteinander vergleichen. Alle vier waren in Zweikämpfe verstrickt. Alle vier konnten zum Schluss etwas nachlassen, weil es keine Chance mehr auf Platzverbesserung gab. Relevant sind nur 43 der 57 Runden. Die Startrunde, die Runden mit Boxenstopps und die danach sowie die zwei VSC-Runden muss man abziehen.

Egal, wie man rechnet, auch hier zeigt sich Red Bulls beängstigende Überlegenheit im Dauerlauf. Perez gewinnt 32 der 43 Runden. Alonso hat zehn Mal die Nase vorn, Sainz ein Mal und Hamilton nie. Bei den zweiten Plätzen führt Sainz (16) das Quartett vor Alonso (15) und Perez und Hamilton (je 6) an.

Ein ähnliches Bild zeigt die Verteilung der dritten Plätze. Und hier wird es bitter für Ferrari und Mercedes. 15 für Sainz, 14 für Hamilton, 11 für Alonso und nur drei für Perez. Der letzte Platz im Vergleich der Vier geht 23 Mal an Hamilton, elf Mal an Sainz, sieben Mal an Alonso und zwei Mal an Perez. Addiert man die Plätze, gewinnt Perez mit 61 deutlich vor Alonso (101), Sainz (122) und Hamilton (146).

Fernando Alonso vs. Lewis Hamilton - GP Bahrain 2023
Wilhelm
Der Vergleich der Rennpace zeigt, wie viel Mercedes noch aufholen muss.

Perez sogar besser bei soft gegen hart

Die Geschichte des Saisonstarts erzählt auch, dass Mercedes und Ferrari ihre Fahrer früher an die Boxen holten als Red Bull und Aston Martin. Das Timing hatte nur bedingt mit dem Versuch von Undercuts oder der Abwehr des früheren Boxenstopps zu tun. In den letzten Runden vor den Boxenstopps setzte die Reifenabnutzung so massiv ein, dass die Fahrer quasi zum Reifenwechsel gezwungen wurden.

Im Vergleich des ersten Stints mit soft gegen soft schneidet Perez am besten ab vor Sainz, Alonso und Hamilton. Was aber auch daran liegt, dass Alonso lange hinter Russell eingeklemmt war. Perez fuhr auch im zweiten Stint den besten Longrun, obwohl seine angefahrenen weichen Reifen gegen die frischen harten der Konkurrenz über die Distanz eigentlich die schlechtere Wahl hätten sein müssen.

Perez nahm Alonso in zwölf Runden 8,3 Sekunden ab, Sainz 9,8 Sekunden und Hamilton 10,1 Sekunden. Der Mexikaner legte im zweiten Stint 17 Runden zurück, Sainz und Hamilton je 18 und Alonso 20. Nicht einmal die längere Laufzeit entlastet die Verfolger, dazu war das Delta zu gering. Der Mittelabschnitt war für Mercedes noch der beste in Relation zu seinen Gegnern.

Sainz - Alonso - Formel 1 - GP Bahrain 2023 - Rennen
Wilhelm
In Sachen Rennpace lag Carlos Sainz nicht nur hinter den beiden Red Bull sondern auch hinter Fernando Alonso.

Wie viel kostet Alonso der schlechte Start?

Erst im letzten Abschnitt, als alle auf harten Reifen unterwegs waren, dreht sich das Bild etwas. Da führt Alonso mit acht Bestzeiten die Reihenfolge an vor Perez, Sainz und Hamilton. Und das, obwohl er sich an Hamilton und Sainz auf der Rennstrecke erst vorbeikämpfen musste. Das lässt den Schluss zu, dass Alonsos Rückstand auf die Red Bull um ein gutes Stück geringer ausgefallen wäre, wenn er von Anfang an auf Platz drei gefahren wäre.

Für Ferrari und Mercedes ist die Erkenntnis des ersten Kräftemessens bitter. Sie haben im Renntrim nicht nur gegen Red Bull keine Chance, sondern auch gegen Aston Martin. Alonso war Sainz und Hamilton in allen Belangen überlegen. Offen blieb, wie er gegen Leclerc abgeschnitten hätte. Zum Zeitpunkt des Ausfalls des Ferrari-Piloten lag Alonso noch 11,7 Sekunden zurück. Der Spanier war aber in den Runden davor schon konstant so schnell wie Ferraris Nummer eins.