Vorschau GP Kanada 2014
Erster Power-Test für die V6-Turbos

Die Formel 1 blickt gespannt nach Montreal. In Kanada erwartet die Fans beim 7. Rennen der Saison 2014 die nächste Episode im Kampf Rosberg gegen Hamilton. Kann die Konkurrenz nach 6 Niederlagen in Folge in das interne Silberpfeil-Duell eingreifen? Die Vorschau.

GP Kanada 2013 - Wall of Champions
Foto: xpb

Wie lange hält der Frieden im Mercedes-Lager? Seitdem Nico Rosberg und Lewis Hamilton gemerkt haben, dass sie nur noch gegeneinander um den WM-Titel fahren, heizte sich die Stimmung in den mit jedem Rennen weiter auf. Selbst Niki Lauda befürchtete zuletzt, dass der Kampf in einem großen Knall enden könnte. Doch pünktlich vor dem GP Kanada rauchten Rosberg und Hamilton Friedenspfeife. Alles gut? Oder nur Show? In Montreal erwarten wir darauf eine Antwort.
 
Die Konkurrenz spielt in der großen Silber-Show aktuell nur eine Nebenrolle. Sebastian Vettel hofft, dass er in Montreal endlich aus seinem Technik-Alptraum aufwacht. Nur Perez, Maldonado, Sutil und Vergne haben bisher noch weniger Kilometer geschafft. Auch bei Ferrari hofft man in Kanada auf die große Wende. Mit einem großen Update-Paket soll zumindest der zweite Podiumsplatz des Jahres in Reichweite kommen. Mit Sauber, McLaren und Lotus gibt es noch 3 weitere Sorgenkinder, die bisher weit unter den Erwartungen geblieben sind.

Unsere Highlights

Allerdings ist Montreal eine gute Strecke für Überraschungen. Der Circuit Gilles Villeneuve ist ein Garant für Action und Spannung. Die Safety-Car-Wahrscheinlichkeit liegt immerhin bei 56 Prozent. Kimi Räikkönen (2005) und Jenson Button (2011) haben gezeigt, dass man auf dem schnellen Kurs auch aus der vierten Startreihe noch eine Chance auf den Sieg hat. Das Wetter könnte ebenfalls eine Rolle spielen. Bis zum Rennsonntag sollen nach aktuellen Prognosen immer mal wieder kleine Schauer durchziehen.

Die Strecke - Circuit Gilles Villeneuve

Nach dem Klassiker in Monaco steht in Montreal der nächste Stadtkurs auf dem Programm. Vom Layout ist der Circuit Gilles Villeneuve auf der Ile Notre Dame mitten im Sankt Lorenz-Strom aber nicht mit dem engen Gewurschtel im Fürstentum zu vergleichen. Sechs Mal beschleunigen die Autos auf der 4,361 Kilometer-Runde auf mehr als 250 km/h. Und ebenso oft müssen die Piloten knallhart in die Eisen steigen.
 
Um schnelle Rundenzeiten zu produzieren, müssen die Autos in den Schikanen aggressiv über die Curbs. Weitere Gefahr droht den Karbon-Rennern durch die engen Mauern am Kurvenausgang. Vor allem die Bande in der Zielschikane ist schon vielen großen Namen zum Verhängnis geworden, was ihr den Spitznamen "Wall of Champions" einbrachte. Dank der langen Gerade inklusive DRS-Zone nach der Haarnadel ist Überholen in Kanada kein Problem. Hier kann man regelmäßig spannende Windschattenmanöver beobachten.

Fast Facts zum GP Kanada 2014:

Streckenlänge: 4,361 Kilometer
Rundenzahl: 70
Rundenrekord: 1:13.622 Min. (Rubens Barrichello, 2004)
Pole Position 2013: Sebastian Vettel (1:26.426 Min.)
Distanz Pole Positon - Kurve 1: 260 Meter
Länge der Boxengasse: 417 Meter
Zeit in der Boxengasse bei Speedlimit: 18,8s
Reifenverschleiß: niedrig
Bremsbelastung: hoch
Spritverbrauch: hoch
Safety-Car-Wahrscheinlichkeit: 56 Prozent
Reifen: soft / super soft
DRS-Zonen: 2 - Zielgerade & Gerade vor Zielschikane

Setup:

Die langen Geraden verlangen nach einem guten Top-Speed, sonst verliert man Rundenzeit und wird für die Konkurrenz im Zweikampf zur leichten Beute. Die Flügel werden somit deutlich flacher gestellt als zuletzt in Monaco. Die Ingenieure müssen in Sachen Anpressdruck einen guten Kompromiss finden, um in den kurvigen Abschnitten nicht zu viel Zeit zu verlieren. Wegen des Stop-&-Go-Charakters der Strecke sind Bremsstabiltät und die Fahrbarkeit des Motors hier zwei besonders wichtige Faktoren.
 
Aus den engen Ecken heraus zählt vor allem eine gute Traktion. Auf der Hinterachse sollten deshalb etwas weichere Federn verbaut werden. Bei der Bodenfreiheit muss auf die Kerbs und einige Wellen im Asphalt geachtet werden. Außerdem sollten die Ingenieure bei der Wahl des Setups einkalkulieren, dass der Griplevel auf der nicht permanenten Rennstrecke über das Wochenende traditionell stark zulegt. Auch der wechselnde Wind ist ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Technische Updates:

In Monaco konnte man vor allem viele neue Zusatzflügel im Heckbereich erkennen. Davon werden sicher einige in Montreal wieder abgebaut. Das hohe Entwicklungstempo in der aktuellen Saison lässt auch für Kanada wieder auf viele Technik-Updates hoffen. Ein großes Paket wurde bisher aber nur von Ferrari angekündigt. Ein großer Teil davon soll auf das Konto des Antriebs gehen.
 
Wegen der problematischen Logistik des Überseerennens werden einige Teams mit größeren Ausbaustufen noch warten. Von Red Bull ist schon bekannt, dass der nächste spürbare Schritt erst in Spielberg kommen soll. Force India-Fans müssen sich sogar bis Silverstone gedulden. Interessant ist, was Platzhirsch Mercedes noch im Köcher hat. Technikchef Paddy Lowe kündigte Updates sowohl in Sachen Power Unit als auch Aerodynamik an, was man bei der Konkurrenz sicher nicht gerne hört.

Favoriten:

Monaco und Barcelona waren keine idealen Strecken für Mercedes. Und trotzdem rollten jeweils 2 Silberpfeile auf den ersten Plätzen über die Ziellinie. Mit Montreal reist der Formel 1-Tross auf die erste echte Power-Strecke des Jahres. Alles andere als ein Silberpfeil-Sieg wäre eine Überraschung. Lewis Hamilton ist hier traditionell besonders stark. In Montreal feierte er 2007 seinen ersten F1-Sieg. 2010 und 2012 triumphierte der Brite ebenfalls auf der Ile Notre Dame.
 
Wegen der Streckencharakteristik und dem großen Update-Paket hat Ferrari gute Chancen in Montreal wenigstens die zweite Geige zu spielen. Red Bull zeigt bekanntlich Schwächen, wenn es um den Top-Speed geht. Allerdings darf man die Weltmeistertruppe nie unterschätzen. Eine starke Leistung erwarten wir eher von den Mercedes-Teams. Vor allem der Williams sollte mit seinem geringen Luftwiderstand eine gute Rolle spielen.
 
Wenig Hoffnung haben wir für die Fans von Sauber. Enge Kurven, hohe Topspeeds, hoher Spritverbrauch – das alles gefällt dem C33 von Adrian Sutil normalerweise gar nicht. Auch die Anhänger von Lotus sollten nicht zu viel Erwarten. Das schwarz-goldene Auto hat seine Stärken vor allem in schnellen Kurven, in denen Abtrieb gefragt ist. Bei beiden Sorgenkindern steht zudem hinter der Zuverlässigkeit noch ein dickes Fragezeichen.

Expertenmeinung: Remi Taffin (Einsatzleiter Renault F1)

"Vor der Saison haben wir gesagt, dass wir bis Kanada in einem Notprogramm fahren. Das Update-Programm unserer Power Unit wird in Montreal abgeschlossen sein. Hier bietet sich die erste Gelegenheit zu sehen, wo wir im Verhältnis zur Konkurrenz wirklich stehen. Ich erwarte, dass wir Top-Speeds von über 330 km/h sehen werden. Die Hybrid-Komponenten MGU-K und MGU-H spielen somit in Sachen Beschleunigung und Top-Speed eine wichtige Rolle."

"Weil die Autos im Verhältnis zu den Geraden nicht oft genug bremsen, wird es nicht leicht, genug Energie über die MGU-K zu sammeln. Die Hauptlast liegt somit auf der MGU-H, die über die Abgase Energie produziert. Wir brauchen so viel Hybrid-Energie wie möglich, weil wir uns mit dem Spritverbrauch in Kanada am Limit befinden."

"Der Motor spielt zudem eine wichtige Rolle bei der Stabilität des Autos. Vor allem in Kurve 13 oder der "Wall of Champions" muss der Fahrer genug Stabilität und Vertrauen haben, um das Auto von 320 km/h auf 100 km/h abzubremsen und in die Kurve einzulenken. Zu viel oder zu wenig Drehmoment macht das Auto instabil und kann zu Unfällen führen."

So lief das Rennen im Vorjahr – GP Kanada 2013

2013 hatte Sebastian Vettel seinen großen Tag in Montreal. Von der Pole Position gestartet kontrollierte der Weltmeister 70 Runden lang das Tempo von der Spitze und fuhr am Ende mit 14,4 Sekunden ungefährdet seinen ersten Kanada-Sieg nach Hause. Zu Belohnung gab es für den Heppenheimer zum ersten Mal Pfiffe vom Publikum vor dem Podium. Mehr Applaus gab es für Fernando Alonso, der sich im Kampf um Rang 2 wenige Runden vor Schluss gegen Lewis Hamilton durchsetzen konnte.

Die größten Schlagzeilen schrieb der Grand Prix von Kanada allerdings erst nach der Siegerehrung. Beim Abtransport des Saubers von Esteban Gutierrez kam es zu einem schweren Unfall. Ein kanadischer Streckenposten wurde von einem Bergefahrzeug überrollt. Der Mann erlag im Krankenhaus seinen schweren Kopfverletzungen.

In unserer Bildergalerie haben wir noch einmal die Fotos vom Rennsonntag.