James Vowles bringt Williams voran
„Licht am Ende des Tunnels“

Mit dem neuen Teamchef James Vowles ist bei Williams der Glauben an die eigenen Fähigkeiten zurückgekehrt. In Grove schaut man nun wieder optimistisch in die Zukunft. Was Nachwuchspilot Logan Sargeant angeht, gibt Vowles zu, sich bei seiner ersten Einschätzung geirrt zu haben.

Williams - Formel 1 - GP Bahrain 2023
Foto: Williams

Williams ist immer noch weit von den Erfolgen alter Glanzzeiten entfernt. Jahrelang dümpelte der Traditionsrennstall am Ende der Tabelle herum. Doch nun herrscht wieder so etwas wie Aufbruchstimmung in der Zentrale in Grove. Der neue Optimismus ist eng mit einem Namen verbunden: Teamchef James Vowles hatte bei seinem Wechsel von Mercedes die Sieger-Mentalität mitgebracht, die jetzt auf die gesamte Belegschaft abstrahlen soll.

Bereits nach wenigen Wochen im Amt kann der neue Boss eine Veränderung erkennen: "Da ist schon ein kleiner Funken übergesprungen. Es ist wirklich faszinierend. Die Mitarbeiter laufen jetzt wieder mit erhobenen Schultern und nicht mehr mit hängenden Köpfen herum. Es gibt eine klare Richtung, in die wir gehen. Dieses Team hatte einen schwierigen Winter und ein paar harte Jahre hinter sich. Aber jetzt ist endlich Licht am Ende des Tunnels zu sehen."

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Auch Vowles selbst musste sich erst einmal an die neue Umgebung gewöhnen. Williams ist sowohl von der Größe der Belegschaft als auch von der Qualität des Equipments nicht mit seinem alten Team vergleichbar. "Man muss immer bedenken, dass Mercedes mehrere Jahre die Formel 1 dominiert hat. Die Infrastruktur ist jenseits von dem, was man sich erträumen kann. So etwas hat Williams nicht. Es wurde lange Zeit nicht das Geld investiert, das nötig gewesen wäre."

James Vowles - Williams - Formel 1 - Bahrain F1-Test - 24. Februar 2023
xpb
Seit James Vowles bei Williams das Zepter schwingt, ist die Stimmung in der Fabrik deutlich besser.

Vowles holt neuen Betriebsleiter

Deutlich erkennbar sei aber die Leidenschaft und der Wille der Mitarbeiter, in der Rangfolge der Königsklasse wieder nach vorne zu kommen. Die US-Investmentfirma "Dorilton Capital", die das ehemalige Familienunternehmen Mitte 2020 übernommen hat, ist nun auch endlich bereit, die nötigen Gelder für den Ausbau der Fabrik einzusetzen. Und auch personell soll noch einmal aufgestockt werden.

Mit Frederic Brousseau hat Vowles vor wenigen Tagen schon einen neuen Fabrikchef verpflichtet. "Ein Formel-1-Auto besteht aus 15.000 Komponenten, die man innerhalb von ein paar Wochen produzieren und zusammenfügen muss. Das verlangt eine gute Planung", so Vowles. "Frederic war 20 Jahre bei Pratt & Whitney und weiß, wie man tausende Mitarbeiter im richtigen Moment zusammenbringt. Das ist besonders wichtig in Zeiten des Budget-Caps. Je effizienter wir beim Bau des Autos sind, desto mehr Geld bleibt für die Weiterentwicklung übrig."

Eine wichtige Position ist damit besetzt. Es fehlt aber immer noch Verstärkung für die Entwicklungsabteilung. Die Suche nach einem geeigneten Technik-Direktor läuft nach wie vor. Vowles kündigte an, den Posten nicht vorschnell besetzen zu wollen, sondern sich Zeit zu lassen, bis er den idealen Kandidaten verpflichten kann. Zu viel Zeit sollte er sich aber nicht lassen. In der Design-Abteilung gibt es aktuell besonders viel Nachholbedarf.

Alex Albon - Williams - Formel 1 - Jeddah - GP Saudi-Arabien 2023
Motorsport Images
Trotz WM-Punkt in Bahrain sind die Schwächen des FW45 noch klar zu erkennen.

Neuer FW45 mit Schwächen

Obwohl es beim ersten Rennen in Bahrain direkt einen WM-Punkt durch Alex Albon gab, sieht Vowles im neuen FW45 noch nicht den erhofften Fortschritt zum Vorgänger-Modell. Eigentlich hatten die Ingenieure angekündigt, die Schwächen des alten Autos abzustellen, die vor allem im fehlenden Abtrieb und der schlechten Effizienz lagen. Nur auf Strecken, die nicht den maximalen Anpressdruck verlangten, hatte Williams in der Vorsaison eine Chance auf Zählbares.

"Der Charakter des neuen Autos ähnelt dem letzten Jahr. Das Auto sollte also auf ähnlichen Strecken wie in der Vorsaison stark sein. Das Rennen hier in Saudi-Arabien müsste uns also entgegenkommen", so Vowles. "Man sollte mit Prognosen aber noch etwas vorsichtig sein. Die ersten beiden Strecken sind nicht gerade repräsentativ für den Rest der Saison. Es gibt noch jede Menge anderer Strecken, auf denen die Schwächen des Autos deutlicher sichtbar werden."

Wie es geht, ein schwaches Auto über die Saison weiterzuentwickeln, hat der Engländer im Vorjahr bei Mercedes aus der Nähe gesehen. Nach einem kompletten Fehlstart konnte das Werksteam am Ende der Saison immerhin noch ein Rennen gewinnen. Wichtig für den Umschwung war auch die Unternehmenskultur bei seinem alten Arbeitgeber.

"Es geht vor allem darum, offen und ehrlich über Probleme zu sprechen, ohne negative Konsequenzen zu fürchten. Toto und ich hatten letztes Jahr viele ernste Gespräche. Dadurch wurde unsere Beziehung aber eher noch stärker und nicht schwächer. Man braucht diese Umgebung, in der man ohne Angst vor den Auswirkungen einer Entscheidung arbeiten kann", so Vowles. Genauso soll es künftig auch bei Williams laufen.