Sportwagen von Kleinserienherstellern
Sterben jetzt die Exoten aus?

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Die schnellen Kleinen sind nicht mehr auf der Überholspur. Produktionskürzungen und Insolvenzen melden einige Sportwagenhersteller von Exoten. Wir verraten, wie es steht um Artega, Donkervoort, Gumpert, KTM, Lola, Lotus, Melkus, Morgan, TVR und Wiesmann.

Sterben jetzt die Exoten aus?
Foto: Hans-Dieter Seufert

Es endet dort, wo alles begann: Klaus Dieter Frers, Chef des Automobilzulieferers Paragon, kauft die Fertigungshallen von Artega zurück - jenem Sportwagen-Projekt, das er selbst 2006 initierte, sich daran verhob, und das zuletzt durch diverse Investorenhände ging. Im Juli 2012 meldete das Unternehmen Insolvenz an - nicht als einziges.

Gumpert und Melkus sind insolvent

Auch die deutschen Sportwagen-Spezialisten von Gumpert und Melkus sind derzeit zahlungsunfähig, in Großbritannien ist Lola bei der Suche nach Investoren gescheitert und muss zusperren. Doch selbst mit einem finanzkräftigen Investoren im Kreuz wird es schwierig, da ihnen häufig nicht bewusst ist, wie schwierig der Markt für exotische Sportwagen oder gar völlig neue Marken geworden ist.
 
Bei TVR beispielsweise nützten die Millionen des russischen Millionärs Victor Smolenski ebenso wenig wie bei Artega das Geld der mexikanischen Brauerei-Milliardärin María Asun ción Aram buruz a bala. Warum? „Die Käuferschicht für ein Nischen-Fahrzeug unter 100.000 Euro ist praktisch nicht mehr vorhanden, erklärt Michael Düchting, Inhaber der Generalvertretung für Donkervoort. Das niederländische Unternehmen hat sich aus diesem Segment verabschiedet und homologiert derzeit den neuen Sportwagen D8 GTO für die europäische Zulassung.

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Donkervoort verdient auch mit Dienstleistungen

Wie kann sich der Kleinserienhersteller das leisten? Wir haben rund 1.000 Bestandskunden. Durch Fahrertrainings, Wartungen und Reparaturen kommt so Geld in die Kassen, sagt Düchting. Der D8 GTO spielt in einer anderen Liga als die bisherigen Modelle der Niederländer, soll in 2,8 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigen - und mindestens 150.000 Euro kosten. Ob das reicht, genügend solvente Kunden zu finden? Zumal Donkervoort nicht global agiert.

Gumpert scheitert, Wiesmann produziert noch

So führte beispielsweise bei Gumpert letztlich das Scheitern am chinesischen Markt zum Aus, zur Realisierung des zusammen mit der italienischen Karosserie-Schmiede Touring initierten Sportwagen-Projektes Tornante kam es nicht mehr. Bei Wiesmann läuft die Produktion dagegen noch, wenngleich auch dieses Jahr die 200-Einheiten-Marke nicht geknackt werden kann. Diese Ziel haben wir uns für 2013 vorgenommen, sagt Jan Molitor, Marketingleiter bei Wiesmann. Warum das bislang nicht geklappt hat? Molitor: Als wir vor 25 Jahren mit dem Bau von Sportwagen angefangen haben, gab es noch viel mehr Lücken im Angebot der Volumenhersteller. Heute finden Interessenten dort auch interessante Angebote.
 
Dennoch glaubt Molitor, dass Wiesmann weiter wachsen könne, wenn auch in bescheidenem Umfang, schließlich gehören wir inzwischen zu den etablierten Marken.Bis zum Erreichen der Maximalkapazität der 2008 eingeweihten Manufaktur von 300 Fahrzeugen pro Jahr ist es allerdings noch ein langer Weg.

KTM baut Sportwagen für Enthusiasten

Vom ursprünglichen Plan, rund 2.000 Sportwagen pro Jahr zu bauen, hat sich KTM längst verabschiedet, findet aber inzwischen genügend Enthusiasten, um in der Nische leben zu können. Und bei Morgan laufen ebenfalls unvermindert skurille Roadster aus den Hallen, behutsam weiterentwickelt und mit Hilfe der schillernden Historie gut vermarktet.

Lotus fährt ins Abseits

An Tradition und Image fehlt es Lotus sicher nicht, selbst ein solventer Eigentümer - der malayische Fahrzeugproduzent DRB Hicom - ist vorhanden. Trotzdem stehen die Bänder derzeit still, alle Investitionen sind gestoppt. Einzig die Gehälter der festangestellten Mitarbeiter werden noch gezahlt. Ansonsten drücken 207 Millionen Britische Pfund auf das Unternehmen, die monatliche Zinsbelastung beläuft sich auf 800.000 GBP. Eine Zeit lang konnte sogar die Post nicht verschickt werden, weil die entsprechenden Dienstleister nicht bezahlt wurden - Gleiches gilt für die Zulieferer. Die neue Werkhalle steht nach wie vor leer, die Entwicklung der fünf neuen Modelle ist gestoppt. Der damit verknüpfte, sehr ehrgeizige Geschäftsplan des gefeuerten CEO Dany Bahar sorgte für die Fahrt ins Abseits, weil zu viel Geld in Marketing für Fahrzeuge floss, die nicht existierten.
 
Die sehr wohl verfügbaren Modelle Elise, Exige und Evora hatten durch die letzten Modellpflegemaßnahmen eine Reife erreicht, die durchaus stabile Verkäufe hätte ermöglichen können. Jetzt sieht es so aus, als ob DRB Hicom Lotus schnellstmöglich versilbern will statt sich der Herausforderung zu stellen, die Marke wiederzubeleben.

Denn für individuelle, handwerklich solide und ordentlich vermarktete Produkte wird es weiterhin Sportwagen-Kunden geben - doch die merken es, wenn sie veräppelt werden.

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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

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