Aston Martin Valkyrie als Rennprototyp
Newey-Hypercar darf nach Le Mans

Mit einigen Jahren Verspätung kehrt Aston Martin in die Topklasse der 24 Stunden von Le Mans zurück. Dank des Videospiel-Tycoons und Teambesitzers Gabe Newell wird die Rennversion des Valkyrie wiederbelebt und soll 2025 sowohl in der Sportwagen-WM WEC als auch in der IMSA-Topserie antreten. Das Doppelprogramm wäre ein Novum.

Aston Martin Valkyrie - Hypercar für Le-Mans-Rückkehr ab 2025 - WEC und IMSA
Foto: Aston Martin

Manche Träume werden doch wahr. Nach einem jahrelangen Hin und Her hat Aston Martin am Mittwoch (04.10.2023) die Rückkehr in die Königsklasse von Le Mans bestätigt. Der ursprünglich schon im Jahr 2019 angekündigte Valkyrie-Renner darf durch eine neue Initiative aus den USA endlich beim berühmtesten 24h-Rennen der Welt an den Start gehen.

Angesichts eines seitdem überarbeiteten Regelwerks müssen die Techniker auf dem Formel-1-Gelände in Silverstone jedoch einen neuen Rennprototyp auf Basis des Straßen-Hypercars von Adrian Newey entwickeln. Der anfängliche Plan hatte einen Einsatz des Tracktools Valkyrie AMR Pro vorgesehen.

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Die englische Sportwagenschmiede will ab dem Jahr 2025 "mindestens mit einem Auto" in den beiden großen Sportwagen-Meisterschaften antreten. Neben der WEC mit ihrem französischen Highlight peilt sie so auch Erfolge bei den IMSA-Klassikern in Daytona und Sebring an. Aston Martin wäre somit die erste Marke, die einen LMH-Prototyp doppelt einsetzt. Die Weltmeister von Toyota und die Le-Mans-Sieger von Ferrari verzichten bislang auf IMSA-Zusatzprogramme, wie sie ab 2024 die LMDh-Hersteller BMW, Cadillac und Porsche betreiben.

Aston Martin Valkyrie - Hypercar für Le-Mans-Rückkehr ab 2025 - WEC und IMSA
Aston Martin

Von Anfang an schwang beim Aston Martin Valkyrie der Plan mit, ihn in Le Mans einzusetzen. Mit reichlich Verspätung soll dieser nun umgesetzt werden. 

Koalition mit Gaming-Milliardär

Der Grund für den Meinungswechsel findet sich bei einem der legendärsten Software-Entwickler der Geschichte. Vor bald zehn Jahren spannte Gabe Newell offiziell mit dem Team "Heart of Racing" zusammen, um Geld für ein Kinderkrankenhaus zu sammeln. Aus der sportlichen Charity-Aktion erwuchs zuletzt ein IMSA-Topteam, das in beiden GT-Klassen Aston Martin einsetzt. Der Sohn des früheren Microsoft-Pioniers und Valve-Gründers, Gray Newell, fährt sogar für das Projekt seines Vaters – allerdings noch in kleineren Serien und Divisionen.

Newell selbst ist seit seiner Kindheit Auto- und Motorsportfan. Ihm hatten es besonders die Jaguar-Prototypen von Bob Tullius angetan, die Mitte der 1980er-Jahre auch in Le Mans antraten. Eine zweite Parallele zum von ihm massiv unterstützten neuen britischen Renner ist der Motor: Der Jaguar XJR-5 von Group 44 trug ebenfalls einen massiven V12 in sich.

Aston Martin Valkyrie - Hypercar für Le-Mans-Rückkehr ab 2025 - WEC und IMSA
Aston Martin

Das zukünftige Einsatzteam Heart of Racing spielt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung. Ihr Mitgründer: Videospiel-Magnat Gabe Newell.

Kastrierter 6,5-Liter-V12

Der über 1.000 PS starke und bis zu 11.000 Touren drehende Cosworth-Saugmotor muss für den Sport allerdings massiv eingebremst werden. Zum einen verzichtet Aston Martin wie schon beim AMR Pro auf Hybrid-Power. Zum anderen fällt die Leistung wegen der Balance of Performance (BOP) massiv ab. Konkurrenzrenner wie der Toyota GR010 Hybrid treten in ihrer Grundform mit einer Leistung von 500 kW (rund 680 PS) an. Diese enorme Diskrepanz war im Jahr 2020 mitschuldig am vorzeitigen Ende des ersten Einstiegsversuchs. Nach der ersten richtigen Konvergenz-Saison 2023 mit Autos nach LMH- und LMDh-Bauweise scheinen die Regelmacher und Aston Martin zuversichtlicher geworden zu sein.

Obwohl der Plan eines modifizierten Straßen-Hypercars für Le Mans gescheitert ist, gibt es zusätzlich zum Motor eine weitere Gemeinsamkeit. Das vom Spezialisten Multimatic entworfene Chassis stellt ebenfalls die Basis des neuen Rennprototyps dar. Frühere Sicherheitsbedenken sollen mit speziellen, zu homologierenden Crash-Strukturen entkräftet werden.

Ein weiterer Vorteil ist die dadurch verkürzte Entwicklungszeit. Aston Martin betont: "Das Valkyrie-Rennauto wird das erste reinrassige Hypercar sein, das in beiden Meisterschaften antritt und seine Wurzeln in einem existierenden Produktionsauto hat." Die anderen bisher bekannten neun Hersteller nutzen entweder LMDh-Autos auf LMP2-Basis oder entwickelten ihr Hypercar nur für den Wettbewerb.

Aston Martin Valkyrie - Hypercar für Le-Mans-Rückkehr ab 2025 - WEC und IMSA
Aston Martin

Bei der Rennversion handelt es sich zwar um eine Neuentwicklung. Der Motor und das Chassis bewahren aber die DNA von Adrian Neweys Hypercar.

Werkseinsatz oder Privatprojekt?

Die Pressemitteilung der Briten lässt jedoch Interpretationsraum offen, wie genau das Projekt ausgestaltet sein wird. Aston erklärt zwar stolz, ab 2025 der einzige Hersteller zu sein, der an der Spitze des Langstrecken- und Formelsports agiert. Gleichzeitig bedankt sich Executive Chairman Lawrence Stroll bei Gabe Newell und dessen Team Heart of Racing für die partnerschaftliche Rolle. "Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihm und seiner Mannschaft, wenn wir nach Erfolg beim größten Langstreckenrennen greifen."

Der öffentlichkeitsscheue Newell wird vom Teamchef Ian James vertreten. Der frühere Rennfahrer sagt: "Seitdem wir im Jahr 2020 als neu formiertes Team zu Aston Martin gewechselt sind, wuchs die Truppe exponentiell. Wir kennen uns mit dem Valkyrie gut aus und arbeiten durch Kundenprogramme schon seit zwei Jahren intensiv damit." Der Aufstieg in die Topklassen sei der folgerichtige Schritt. "Gesamtsiege sind ein schweres Ziel, aber unsere Partner und die Unterstützung durch Aston Martin Performance Technologies geben uns die Werkzeuge und die Fähigkeiten, es zu erreichen."

Le Mans 1959 - Aston Martin DBR1/300 - Roy Salvadori - Carroll Shelby
Motorsport Images

Aston Martin gelang im Jahr 1959 der bisher einzige Gesamtsieg. Damals schlug man Ferrari.

Neue Kunden-GT-Renner

Zusätzlich zum Hypercar bestätigte Aston Martin, weiter in den Kundensportformaten GT3 und GT4 aktiv zu sein. Für beide Regelwerke werden aktuell neue Autos auf der Vantage-Plattform entwickelt. Dadurch tritt die Marke mit den Flügeln auch in der LMGT3-Klasse der WEC an, die ab 2024 die GTE ersetzt. Aktuelle Partner von Aston Martin Racing und interessierte Kunden können mit dem Beginn der Saison 2024 das neue GT3-Auto erwerben und damit antreten. Nach früheren Spekulationen eines stark auf die F1 konzentrierten Rennsports bei Aston Martin beruhigt Adam Carter, Chef der Langstrecken-Sportabteilung: "Durch die Bestätigung neuer GT3- und GT4-Renner unterstreichen wir, auf allen Leveln des Sports langfristig Siege anzupeilen."

Stichwort Sieg: Der erste und einzige Le-Mans-Triumph von Aston Martin gelang im Jahr 1959, als Roy Salvadori und Carroll Shelby im ikonischen Aston Martin DBR1/300 deutlich die Ferrari 250 GT schlugen. Die seit 1928 in Le Mans aktive Sportwagenschmiede feierte obendrauf 19 Klassensiege. In Form der lang ersehnten Rückkehr habe man sich also passend zum 110-jährigen Bestehen traditionsbewusst selbst beschenkt.

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