DTM Lausitzring 2019
Siege für Audi-Piloten Müller und Rast

Audi regierte in der Lausitz nach Belieben, während BMW immer tiefer in die Krise rutschte. Nico Müller und René Rast strichen die Siege ein. Die beiden Audi-Piloten werden den Meistertitel unter sich ausmachen.

Nico Müller - Rene Rast - Mike Rockenfeller - DTM - Lausitzring
Foto: Wilhelm

Wolfgang Ullrich, der gefühlt ewige Sportchef von Audi, pflegte lästige Fragen charmant abzubügeln. „Dös brauch‘n wir net. Bei Audi haben wir intelligente Fahrer.“ Dieter Gass, seit drei Jahren Ullrichs Amtsnachfolger und ebenso eloquent wie der gerne schmäh treibende Wiener, ergänzte das Bonmot jetzt: „Wir haben schnelle UND intelligente Fahrer“, stellte der gebürtige Hesse klar. Klingt lustig, ist es aber nicht. Denn zum wiederholten Male praktizierten die Audi-Motorsportler Ergebnismanipulation.

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In Brands Hatch vor zwei Wochen war es Audi-Werksfahrer Loic Duval, der sich, sensationell in Führung liegend, beeilte, umgehend Platz zu machen für den heraneilenden Platzhirsch René Rast. Jetzt, beim Sonntagsrennen in der Lausitz, benahm sich Jamie Green so unterwürfig, dass es schon fast peinlich war. In der vierten Runde trat er arg früh auf die Bremse. Rast huschte vorbei und eilte erneut zum Sieg.

Rast der Qualifying-Kaiser

„Das ist mein Job“, entschuldigte sich der der treue Green im Stile eines britischen Butlers. „Ich helfe René, die Meisterschaft zu gewinnen.“ Der Mindener nahm das Geschenk dankend an – was hätte er auch sonst tun sollen? „Unter Teamkollegen kämpft man nicht so hart“, gab er zu Protokoll. Man habe dieses Prozedere in diesem Jahr ja schön öfters gesehen. Nicht nur in diesem Jahr übrigens.

Im Endspurt der letztjährigen Meisterschaft, als Rast den Mercedes-Fahrer Gary Paffett unerbittlich jagte und ums Haar noch einholte, gelangen ihm sechs Siege en suite – die Hälfe davon dank gütiger Hilfe der Kollegen. Was aber nichts daran ändert, dass Rast ein hervorragender Rennfahrer ist.

Speziell im Qualifying ist der DTM-Champion von 2017 eine Macht. Bei bislang 14 Rennen war Rast im Quali zwölf Mal schneller als sein Titelrivale Nico Müller. 27 Bonuspunkte holte Qualifying-Kaiser Rast. Müller brachte es lediglich auf sieben Zusatz-Zähler.

Nico Müller - Audi - DTM - Lausitzring
Wilhelm
Nico Müller gewann das Samstagsrennen und wurde am Sonntag - trotz verpatztem Start - noch Zweiter.

Ein bockender Audi

Der Schweizer ist der Zuverlässigkeits-König des Jahres. Bei allen 14 Rennen fuhr er in die Punkteränge. Rast hingegen musste schon drei Nullrunden verdauen. Beim Samstag-Rennen bockte der weißrote Audi. „Der Motor hat kein Gas mehr angenommen. Dann ging er wieder. Ich fuhr weiter und plötzlich fiel die Servolenkung aus. Ich bin um ein Haar abgeflogen. Das war gar nicht lustig.“ Genauso wenig wie der Umstand, dass ausgerechnet Nico Müller gewann.

Die Rosberg-Audi-Crew entlarvte einen defekten Sensor am Motor als Schuldigen. Sicherheitshalber wurde in der Nacht der Vierzylinder-Turbo getauscht. Und schon fuhr Rast wieder weit nach vorne, nervenstark und abgeklärt.

Mit einem Raketenstart verbesserte sich Rast von Startplatz vier auf Rang zwei. Für Müller ging’s erst mal nach hinten. Acht Positionen verlor der Schweizer auf dem Weg in die erste Kurve. Am Ende wurde er dennoch Zweiter hinter Rast. Dank eines Undercuts, eines extrem frühen Boxenstopps nach nur acht von 34 Runden, was ihn vor die schwierige Aufgabe stellte, die Hankooks lange am Leben zu erhalten. „Eine riskante Strategie“, meinte Müller danach. „Da bin ich mit einem blauen Auge davongekommen.“ Müller verkürzte seinen Rückstand am Rennwochenende von 37 auf 20 Punkte.

BMW witzelt über Audi

Im BMW-Lager zollte man Müllers zweitem Platz Respekt. „Toll, wie die Audi-Jungs es schafften, ihn wieder auf Platz zwei nach vorne zu hieven“, raunte man sich zu. „Das war so diskret, dass man es kaum mitbekommen hat.“

Natürlich wissen die BMWler genau, dass solche Strategie-Manöver des Gegners nur deswegen möglich waren, weil die BMW-Fahrer etwas indisponiert agierten. Marco Wittmann, dem wie fast immer in diesem Jahr der besten M4-Piloten, fehlten zwar nur 250 Tausendstel auf die Pole-Position. Aber wer als Sechster hinter fünf Audi losfährt, darf sich nicht allzu große Hoffnungen machen, einen der an Laubsägearbeiten erinnernden Lausitz-Pokale einzuheimsen.

Der Meisterschaftszug ist wohl ohne Wittmann abgedampft, auch wegen mangelnder Unterstützung durch Markenkollegen. „Meistens stehe ich ganz alleine da vorne“, klagte er. Das Rätsel, warum die BMW nicht mehr so richtig mitspielen können im Audi-Konzert, kann auch der Franke nicht schlüssig lösen. „Ich kämpfe, ich fahre in die kleinsten Lücken – und am Ende bin ich grad‘ mal Sechster. Frustrierend!“