DTM Lausitzring 2020
Siege für Müller und Rast

Nico Müller beherrscht die DTM fast nach Belieben. Am Freitag gewann der Audi-Fahrer das zweite Rennen von Spa am Grünen Tisch. Tags darauf dominierte er auch auf der Piste und holte beim dritten Saisonrennen den dritten Sieg. Am Sonntag wurde Müller Zweiter, mit nur 0,089 Sekunden Rückstand auf Rene Rast.

Rene Rast - Nico Müller - Audi RS 5 - DTM - Lausitzring 2020
Foto: Audi

So kann man sich täuschen. Nach dem belgischen Gastspiel vor zwei Wochen sah es noch so aus, als wäre die DTM 2020 schon entschieden. Audi feierte zwei Fünffach-Siege, BMW gurkte im Nirwana herum. Doch beim ersten von zwei Lausitzring-Wochenenden wurden die Karten neu gemischt. BMW war plötzlich wieder bei der Musik. Sheldon van der Linde rehabilitierte die Weiß-Blauen mit seinem zweiten Platz. Der perfekt Deutsch sprechende Südafrikaner hatte nur einen vor sich: den Schweizer Nico Müller im Audi des Abt-Teams.

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Müller gewann innerhalb von nur 24 Stunden gleich zwei Rennen. Und beim dritten wurde er Zweiter. Am Freitag fällten die Stewards ihr Urteil in der Causa "Rene Rast/Spa". Da hatte der Titelverteidiger irrtümlich, aber unzulässigerweise, für knapp drei Sekunden den Push-to-pass-Knopf gedrückt. Dies ist dem Führenden aber ausdrücklich untersagt. Also bekam Rast nachträglich eine Zehn-Sekunden-Strafe aufgebrummt. Er fiel deswegen auf Platz drei zurück. Müller erbte den Sieg.

BMW verbessert

In der Lausitz brauste Müller am Samstag von Platz zwei los, quetschte sich alsbald an Pole-Mann Robin Frijns vorbei und kam nach einem an der Spitze ereignisarmen Rennen als Erster ins Ziel. Der Schweizer war allerdings schwer erzürnt über Jonathan Aberdein im BMW. In einer Slow-Zone, die wegen der Bergung von Loic Duvals gestrandetem Audi ausgerufen wurde, gondelte der Südafrikaner allzu behäbig vor Müller herum. "Er fuhr höchstens mit 50 statt der erlaubten 80 km/h", echauffierte sich der Schweizer.

Müllers Vorsprung auf Sheldon van der Linde schmolz so flugs von sieben auf drei Sekunden. Wirklich in Bedrängnis kam Müller aber nicht, und so konnte er Großmut walten lassen: "Ich glaube nicht, dass es Jonathan absichtlich gemacht hat. Und falls ich am Funk geflucht haben sollte, entschuldige ich mich dafür." Titelverteidiger Rene Rast kam am Samstag nur als Siebter ins Ziel, unter anderem hinter drei BMW, denn auch Marco Wittmann, der Vierte, und Timo Glock der Fünfte entlockten ihren M4 ein flottes Tempo. Dritter hinter Müller und van der Linde wurde Frijns.

Rast war neben Müller und Frijns der dritte Audi-DTM-Pilot, der in Berlin beim Saisonfinale der Formel E im Einsatz war. "Die Vorbereitung auf die Formel E hat 80 bis 90 Prozent meiner Zeit in Anspruch genommen", sagte Rast. "Auf die DTM konnte ich mich so quasi gar nicht vorbereiten. Und ich bin ja einer, der sich mit der Materie sehr intensiv auseinandersetzt."

Sheldon van der Linde - BMW M4 - DTM - Lausitzring 2020
BMW
BMW schaffte es mit Sheldon van der Linde und Marco Wittmann jeweils einmal auf das Podest.

Befreit vom Taktikkorsett

Am Sonntag war Rast wieder ganz der Alte. Kampfstark und schnell. Der Mindener lieferte sich spannende Duelle mit seinem Markengefährten Müller, der in der Schlussphase beinahe in Rasts Heckstoßstange einklinkte. Mit 0,089 Sekunden rettete sich Rast über die Ziellinie – der knappste Einlauf in der DTM-Geschichte. Blick zurück in die Geschichtsbücher: 1996 rasten Klaus Ludwig und Uwe Alzen beim Rennen auf dem Norisring im selben Abstand über den Zielstrich.

Alle Freunde der DTM müssen Audi-Sportchef Dieter Gass dankbar sein, dass er auf Stallregie verzichtet und seine Jungs an der langen Leine laufen lässt. Solange nichts zu Bruch geht, ist auch teamintern fast alles erlaubt. Diese begrüßenswerte Großzügigkeit bei der Taktik kann natürlich nur deswegen praktiziert werden, weil es Gass im Grunde egal sein kann, welcher Vier-Ringe-Mann vorne liegt.

Der Grund für die Erholung von BMW liegt wohl an der Strecke: Der Lausitzring ist ganz anders als Spa, ziemlich langsam und zudem so arm an Grip, dass die Fahrer zwei Runden brauchen, um die Reifen auf Temperatur zu bringen. "Alles Dinge, die uns wohl entgegenkamen", meinten die BMW-Piloten einhellig. Die BMW-Highlights: Platz zwei für van der Linde am samstags, tags darauf der dritte Rang von Wittmann.

Robert Kubica kam erneut nicht über die Rolle des Lückenbüßers hinaus. Der Pole fällt bisher in die Kategorie: "Ferner waren am Start." Die harte, aber keineswegs hämisch gemeinte Kritik von TV-Kommentator Timo Scheider, dem zweifachen DTM-Champion, ist nicht aus der Luft gegriffen: "Bei allem Respekt. Das ist nicht DTM-Niveau." Man muss aber auch festhalten, dass Kubicas ART-Team ebenfalls in der Lernphase ist. Falsche Strategieentscheidungen und müde Boxenstopps untermauern dies.

Kubica mag sich damit trösten, dass auch andere Formel 1-Stars wie Jean Alesi, Mika Häkkinen, David Coulthard oder Ralf Schumacher gehörig Anlaufzeit brauchten, um sich der DTM zurecht zu finden.

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