DTM in Assen 2019
Gala-Auftritt von Marco Wittmann

Marco Wittmann war der große Gewinner in Assen. Auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke siegte der BMW-Fahrer am Samstag im Regen. Am Sonntag wurde er zweiter Platz hinter Mike Rockenfeller im Audi. Da war er vom letzten Platz aus gestartet.

Marco Wittmann - BMW - DTM - Assen
Foto: hoch-zwei

Die große Löwennummer in der DTM-Manege ist die Aufholjagd. Vor zwei Wochen auf dem Norisring begeisterte René Rast die Motorsport-Gourmets, als er den Motor am Start abwürgte, Letzter war und trotzdem gewann, profitierend allerdings von Harakiri-Taktik mit extrem frühem Boxenstopp und einer Safety-Car-Phase. Zweifellos eine hervorragende Leistung. Aber Nichts gegenüber Marco Wittmanns Husarenritt von Assen, der ihn vom Ende des Felds auf Platz zwei führte – und zwar ohne Safety-Car-Phase, bei der man 40 Sekunden gewinnt, wie Rast neulich vorrechnete.

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Erst Pech, dann Aufholjagd

Der Sonntag begann schlecht für Wittmann, der tags zuvor im strömenden Regen von der Spitze aus überlegen gewonnen hatte. „Ein Problem im Turboumfeld“, wie es bei BMW hieß, sorgte dafür, dass der Fürther in der Qualifikation keine einzige vernünftige Runde drehen konnte. Noch schlimmer aus Wittmanns Sicht: Titelkonkurrent Rast sicherte sich beim zehnten Rennen des Jahres zum vierten Mal die Pole-Position und somit auch drei Bonuspunkte.

Wittmann machte ein sehr ernstes Gesicht, so wie eigentlich immer, blieb aber guten Mutes, nachdem die BMW-Mechaniker den defekten Sensor (eines dieser im negativen Sinne berühmten Pfennigteile), ersetzt hatten. Aus der ersten Runde kehrte er als Zwölfter zurück.

In Runde 13, also nach einem Drittel der Distanz, praktizierte Wittmann einen Undercut. Er kam deutlich vor Rennhalbzeit zum Reifenwechsel, und auch früher als Rast und Nico Müller, seine Titelrivalen aus dem Audi-Lager. Für Wittmann, der als Hankook-Flüsterer bekannt ist, hieß das: Das Schonen der Reifen hat oberste Priorität. Dennoch knöpfte er sich einen nach dem anderen vor. In der 29. von 37 Runden war er auf Platz zwei angelangt. Allerdings lag er jetzt nicht mehr hinter Rast, sondern hinter Mike Rockenfeller. Der Meister von 2017 musste die Besohlung unplanmäßig ein zweites Mal auswechseln lassen. Rast konnte am Ende froh sein, noch Platz fünf gerettet zu haben.

Die letzten Runden zehrten an den Nerven. „Es war nicht klar, ob ich mit diesem Reifensatz durchkomme“, gestand Wittmann. „Marco hat uns ein paar Mal vorgeschlagen, die Reifen nochmals zu wechseln“, sagte BMW-Einsatzleiter Rudolf Dittrich. Der Kommandostand entschied sich dagegen.

Mike Rockenfeller - Audi - DTM - Assen
hoch-zwei
Mike Rockenfeller entschied das Sonntagsrennen vor Wittmann für sich.

Aufwärtstrend bei Aston Martin

Wittmann spürte „üble Vibrationen“ an der Vorderachse, wehrte sich entschlossen gegen den drängelnden Müller und freute sich am Ende so wie es seine Art ist: zurückhaltend und scheinbar fast emotionsfrei. Doch als ihm Rockenfeller und Müller Komplimente machten („Eine tolle Leistung vom Marco“), gestattete er sich ein feines Lächeln. Aber nur ganz kurz, bevor er darüber referierte, wieviel Pech er heuer schon hatte: „Die ungerechtfertigte Strafe von Zolder, der Abschuss von Misano.“

Rudolf Dittrich staunte: „Klasse, wie Marco überholte und wie er es geschafft hat, die Reifen am Leben zu halten.“ In der Tabelle liegt er nun auf Platz drei. Auf Spitzenreiter Rast machte Wittmann in Assen 16 Punkte gut.

Der Überraschungsmann im Duell um den Titel ist aber Müller. Der Schweizer holte als Einziger bei allen Rennen Punkte, sechs Mal kam er aufs Podest, einmal stand er ganz oben. Als er in der Schlussphase mit Wittmann um P2 stritt, blieb er cool. „Ich fahre um den Titel, da vermeidet man große Risiken.“ Für Rockenfeller war es der erste Sieg seit 2017. „Eine lange Zeit.“ DTM-Kenner wissen aber, dass er 2018 auf den Sieg in Spielberg verzichten musste. Vorfahrt für Rast. Firmenräson. Pech gehabt.

Solche Unappetitlichkeiten gab es 2019 (noch?) nicht. Es wird fair gekämpft, bis zur letzten Patrone. Und auch Underdogs sind schlagkräftig munitioniert. Im Kunden-Audi von WRT kam Jonathan Aberdein, 21, auf P4. „Ich habe keine Angst vor großen Namen“, sagte der Südafrikaner.

Aufwärtstrend auch bei Aston Martin: Dani Juncadella eroberte sonntags den erfreulichen siebten Platz. Im Regen am Samstag hätte für Vantage-Fahrer Paul di Resta sogar ein Podiumsbesuch rausspringen können. Der Schotte war zeitweise der schnellste Mann im Feld, litt jedoch unter einer suboptimalen Teamtaktik: Drei Aston brausten zeitgleich an die Box. Bei zwei Riggs ist dies einer zu viel. Di Resta musste warten, verlor 36 Sekunden und stürzte ab auf P14. Chance vertan, aber eines ist klar: Es geht aufwärts. Teamchef Florian Kamelger: „Die DTM ist keine Serie, in die man einfach einsteigt und gleich mal gewinnt.“