Mercedes-AMG GLC 43 und 63 mit Fahreindrücken
Breites Lächeln beim Beschleunigen und in Kurven

Der Mercedes-AMG GLC 43 4-Matic und der 63 S E Performance treten mit kleinem Verbrenner und Elektrifizierung sowie zu mächtigen Preisen an. Was kann der stärkste Mittelklasse-SUV mit 680 PS? Wir finden es auf einer ersten Fahrt heraus.

  • Hochleistungs-SUV der Mittelklasse
  • Turbo-Vierzylinder mit 421 oder 680 PS
  • 4.716 mm x 1.890 mm x 1.640 mm (L x B x H)
  • Preis: ab 86.870 Euro (GLC 43), ab 121.856 Euro (GLC 63 S E Performance)

Fahreindruck vom Mercedes-AMG GLC 63 S E Performance

Also ab hinters Steuer des Mercedes-AMG GLC 63 S E Performance, wo Dinamica Kunstfaser den Handflächen schmeichelt, während man die serienmäßige Allradlenkung (maximal 2,5 Grad Winkel hinten) kommandiert. Fast angriffslustig die (für manche einen Tick zu hohe) Sitzposition in den perfekt stützenden Sportsitzen, umgeben vom ebenso bekannten wie hochwertig anmutenden Interieur mit AMG-Zutaten (etwa die beleuchteten Modusregler am Lenkrad), belederten Oberflächen und Kohlefaser-Dekor. Unspektakulär schiebt der Top-GLC los, sein Neungang-MCT-Getriebe mit nasser Anfahrkupplung legt geschmeidig nach, der Zweiliter liefert in allen Lagen, untenrum unterstützt von der E-Maschine. Turbo-Lag? Nö, dafür pusht ja der Elektromotor am Verdichterrad. Und wenn es vorangehen soll, forciert die E-Maschine an der Hinterachse, die dank cleverem Allradantrieb auch Drehmoment nach vorne schicken kann. Vollvariabel, eh klar.

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Variabilitätskonzert von bei Motor und Fahrwerk

Gemeinsam mit dem Stahlfahrwerk samt adaptiven Dämpfern, elektrischer Wankstabilisierung und Allradlenkung mit variabler Übersetzung stimmen sie bei AMG damit ein ganz schönes Variabilitätskonzert an. Was sich aber gar nicht so anfühlt, im Gegenteil: der Mercedes-AMG GLC 63 S E Performance fährt natürlich, vorhersehbar und präzise schnell. Selbst wenn man irgendwie immer ein wenig nach den 680 PS und 1.020 Newtonmetern fahndet, womit er neben fast allen Achtzylinder-AMG ja selbst Heroen, wie den Lamborghini Urus lässig eintütet – von der direkten deutschen Konkurrenz Audi Q5, BMW X3 und Porsche Macan ganz zu schweigen. Sicherlich versammelt sich diese maximale Systempower irgendwann, doch erwartet brachial kommt der Punch selbst im Sportprogramm nicht rüber.

Dynamik trifft Lässigkeit

Schnell jedoch schon, die 3,5 Sekunden für den Sprint auf 100 stehen nicht nur im Datenblatt. Für ein breites Lächeln beim Beschleunigen reicht es in jedem Fall. Und es wird breiter, wenn die ersten Kurven auftauchen. Diese frisst der 2,3 Tonnen schwere AMG GLC mit aufreizender Dynamik und Lässigkeit. Schwer zu sagen, an welchem Element es im Einzelnen liegt, letztlich ist es die vorhersehbare Kombination aus allen. Verhältnismäßig geringes Untersteuern, einfach nutzbare Neutralität, zuverlässige Traktion und ein je nach Fahrmodus leichtes Drücken des Hecks: Mission GLC AMG erfüllt. Zumal der Antriebsstrang jederzeit motiviert am Fahrpedal hängt, bei Bedarf drehfreudig nachlegt, in sportlichen Modi schnell und situativ die Gänge wechselt.

Bremse mit mäßigem Druckpunkt aber kräftiger Wirkung

Motiviert am Pedal? Was macht eigentlich die Bremse, serienmäßig mit Stahlscheiben samt Sechskolbenzangen vorn? Transparenz trotz Rekuperation? Jein. Das Pedalgefühl wirkt auf den ersten Tritt angemessen fest, bei härteren Manövern könnte es jedoch proportionaler reagieren, hier weicht der Druckpunkt spürbar auf. Letztlich eine Petitesse, denn die Bremswirkung stimmt und die Verzögerung insgesamt lässt sich perfekt in agile Fahrerlebnis einbinden. Selbst wenn dies rein elektrisch nur kurz währt. Schließlich soll der 6,1 kWh-Akku primär blitzartig Energie aufnehmen und abgeben, die elektrische Reichweite von nur 12 Kilometern ist daher ebenso nebensächlich wie die Ladeleistung von 3,7 kW am Onboard-Lader. Eine Empörungswelle ist deshalb jedenfalls nicht zu befürchten.

Der Antrieb des Mercedes-AMG GLC 63 S E Performance

Im Sommer 2022 hatte Mercedes den neuen GLC präsentiert. Seit Frühjahr 2023 sind sowohl die SUV- als auch die Coupé-Version auf dem Markt. Die Baureihen mit den Werks-Codes X 254 (SUV) und C 254 (Coupé) bedienen sich in Sachen Technik wieder fleißig bei der aktuellen C-Klasse. Bei den AMG-Modellen setzt sich das fort.

Beispiel Antriebe. Wie sein Mittelklasse-Bruder kombiniert der Mercedes-AMG GLC 63 S E Performance einen 476 PS und maximal 545 Newtonmeter starken Zweiliter-Benziner samt E-Turbo und einen auf die Hinterachse wirkenden Elektromotor zu einem unerhört starken Hybridantrieb. In Summe kommt das System auf eine Leistung von 500 kW (680 PS) und ein maximales Drehmoment von bis zu 1.020 Newtonmetern. Die permanenterregte Synchron-E-Maschine unterstützt den Verbrenner mit dem Werks-Code M139l ("l" für Längseinbau) aber nicht nur beim Beschleunigen, sondern lässt den Sport-SUV in Verbindung mit der 6,1 Kilowattstunden großen Lithium-Ionen-Batterie auch rein elektrisch fahren – dies allerdings nur für maximal zwölf Kilometer.

Der Antrieb des Mercedes-AMG GLC 43 4-Matic

Deutlich zahmer ist der Mercedes-AMG GLC 43 4-Matic unterwegs. Auch hier dient das C-Klasse-Pendant als technische Blaupause, wenn auch der Benzinmotor des SUV etwas stärker ist als jener des Mittelklässlers (421 statt 408 PS; höchstens 500 Newtonmeter erreichen beide). Er verfügt ebenfalls über eine – wenn auch dezente – Elektrifizierung: Ein Riemengetriebener Starter-Generator (RSG) boostet bei Bedarf und hilft dem M139l, dessen Elektro-Turbo kleiner dimensioniert ist als beim 63er, im unteren Drehzahlbereich mit zusätzlichen zehn kW (14 PS) auf die Sprünge. Über ein 48-Volt-Bordnetz verfügen beide AMG-GLC-Varianten.

Wenig verwunderlich: Der 63 S E Performance ist der deutlich schnellere AMG-GLC. Er beschleunigt in 3,5 Sekunden von Null auf Hundert und erreicht maximal 275 km/h. Die erstgenannte Übung absolviert der 43er in 4,8 Sekunden, wobei seine Höchstgeschwindigkeit elektronisch bei 250 km/h limitiert wird. Alle Werte gelten übrigens sowohl für die SUV- (siehe Fotoshow unter diesem Absatz) als auch für die Coupé-Version (siehe Fotoshow ganz oben im Artikel).

Fahrdynamik

Gemeinsam haben alle AMG-Varianten des neuen Mercedes GLC das neunstufige Automatik-Getriebe, in dem eine nasse Anfahrkupplung den Drehmomentwandler ersetzt, und die serienmäßige Hinterachslenkung. Beide Varianten treiben alle Räder an: Der 43er stets im Verhältnis 31:69 zwischen Vorder- und Hinterachse und der 63er variabel von 50:50 bis zu 100 Prozent für die Hinterachse. Hinzu kommt das AMG-Ride-Control-Fahrwerk mit Stahlfederung und adaptiver Verstelldämpfung. Der 63er verfügt an der Hinterachse zudem über ein elektronisch gesteuertes Sperrdifferenzial und über ein Torque Vectoring, das über den Elektromotor gesteuert wird. Hier sitzt neben dem zusätzlichen Zweigang-Getriebe für die E-Maschine auch die Batterie, die mit 400 Volt Spannung arbeitet und AMG zufolge mit Formel-1-Technik gekühlt wird.

Die Anzahl der Fahrprogramme liegt beim Mercedes-AMG GLC 43 4-Matic bei fünf und beim GLC 63 S E Performance sogar bei acht. Wird die integrierte Fahrdynamikregelung AMG Dynamics genutzt, agiert das ESP weniger als Sicherheitssystem, sondern eher als Fahrdynamikhilfe – zum Beispiel, indem es durch gezielten Bremseingriff am kurveninneren Hinterrad das Einlenkverhalten verbessert. Der stärkere AMG-GLC verfügt optional über eine aktive Wankstabilisierung und serienmäßig über eine größere Bremsanlage. Seine Scheiben messen vorn 390 und hinten 370 Millimeter, während der 43er mit 370er-Scheiben an der Vorder- und 360er-Scheiben an der Hinterachse arbeitet. Die Stopper sitzen in AMG-Leichtmetallrädern, die 19, 20 oder 21 Zoll messen.

Exterieur-Design

Sowohl den 43er- als auch den 63er-AMG-GLC zeichnen die typische Affalterbacher Insignien aus. Die Kühlergrills weisen vertikale Streben auf, die Frontschürzen tragen zusätzliche Luftleit- sowie verchromte Zierelemente. An den Flanken tragen die Brüder spezifische Radlauf- und Schwellerverkleidungen. In der Heckansicht lässt sich am einfachsten zwischen dem schwächeren und dem stärkeren AMG unterscheiden. Während die Heckschürze des Mercedes-AMG GLC 43 4-Matic nur eine Diffusor-Optik präsentiert, sitzt in jener des AMG GLC 63 S E Performance ein richtiger Diffusor. Bei ihm sind die vier Auspuff-Endrohre außerdem trapezförmig gestaltet, beim 43er rund. Unterschiede zwischen den Karosserieformen gibt es in Sachen Heckspoiler: Beim SUV thront er über dem Dach, beim Coupé schließt die Heckklappe an der Abrisskante mit einer Lippe ab.

Interieur-Design

Innen versportlicht AMG das GLC-Design mit unten abgeflachten Sportlenkrädern, deren Griffbereiche perforiert sind und die silberfarbene Aluminium-Schaltpaddel tragen. Beim GLC 43 sind sie rein mit Nappaleder ummantelt; der 63er kombiniert die Tierhaut mit einem Mikrofaser-Material namens Microcut. Dieses kommt auch auf den Sitzen zum Einsatz, hier in Verbindung mit einer Ledernachbildung mit der Bezeichnung Artico. Auf Wunsch baut AMG seine Performance-Sitze ein, die sich mit verschiedenen Lederarten ummanteln und mit geprägtem Logo individualisieren lassen. AMG-spezifische Pedale, Fußmatten und Einstiegsleisten sind ebenfalls an Bord.

Infotainment

Das MBUX-Infotainment-System wartet mit eigenen Anzeigen und Funktionen im Kombiinstrument, im hochformatigen Multimedia-Zentral-Display und im optionalen Head-up-Display auf. AMG-exklusiv ist der Darstellungsstil "Supersport", über den sich auch die Einstellungen für das Fahrwerk oder Getriebe vornehmen lassen. Wer seinen Mercedes-AMG GLC auf der Rennstrecke einsetzt, kann über die Track-Pace-Funktion allerlei Daten sammeln; neben Runden- und Sektorzeiten sind das zum Beispiel die Geschwindigkeit, Beschleunigung oder Lenkwinkel. Beim 63er S E Performance ist sie serienmäßig installiert, beim 43er kostet sie extra.

Einführungs-Version Edition 1

Über entsprechende Ausstattungspakete lässt sich die Optik innen und außen mit schwarzen, chromfarbenen oder aus Carbon gefertigten Elemente akzentuieren. Die Markteinführung des GLC 63 S E Performance zelebriert Mercedes-AMG sowohl beim SUV als auch beim Coupé mit dem inzwischen gewohnten Edition-1-Sondermodell, das es nur in den Exterieurfarben Graphitgrau magno oder Hightechsilber magno gibt. Optische Eigenheiten stellen die Folierung im unteren Seitenbereich, die 21-Zoll-Schmiedefelgen im Kreuzspeichen-Design mit Mattschwarz-Lackierung sowie glanzgedrehten Felgenhörnern und die gelb lackierten Bremssätteln dar. Der Aufpreis für dieses Sonderausstattungspaket, das nur für die Dauer von einem Jahr angeboten wird, liegt bei 18.445 Euro. Hinzu kommen ein Aerodynamik-Paket (sonst 2.083 Euro) und die beiden AMG-Night-Pakete (sonst 893 und 655 Euro).

Innen sind serienmäßig die Performance-Sitze installiert, die eine schwarze Nappaleder-Polsterung mit gelben Ziernähten und Edition-1-Logos in den Kopfstützen tragen. Hinzu kommen gelbe Sicherheitsgurte und entsprechende Farbakzente in den Carbon-Zierleisten, den Türeinstiegen und am Performance-Lenkrad. Eine Interieur-Plakette, spezifische Fußmatten und eine passende Abdeckplane runden das Ausstattungspaket ab.

Marktstart und Preise

Der 43er AMG kostet mindestens 86.870 Euro. Freilich mit viel Luft nach oben für jene Kundinnen und Kunden, die sich intensiv aus dem reichlichen Optionsangebot bedienen oder bei den vorkonfektionierten Paketen zuschlagen. Beim GLC 63 S E Performance startet die Preisliste erst bei 121.856 Euro. Zum Vergleich: Kurz vor Produktionsende des Auslaufmodells kostete der "alte" Mercedes-AMG GLC 43 knapp 70.000 Euro, während das V8-Modell als SUV in der S-Ausgabe für gut 97.500 Euro erhältlich war.

Preisliste Mercedes GLC
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Das Coupé stand damals (Zeitpunkt Anfang September 2022) mit fast 75.900 Euro (43er AMG) beziehungsweise 103.700 Euro beim 63er S-AMG in der Preisliste. Für die neuen AMG-Coupé-Versionen steht bislang nur der Preis für den 63er fest. Hier ruft Mercedes wenigstens 124.474 Euro auf. Am 43er hängt noch kein Preisschild.

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Fazit

Mercedes-AMG überträgt die Technik der C-Klasse samt Vierzylinder-Hybrid auf die beiden GLC-Modelle – beim 43er in Mildhybrid-Ausführung, beim 63 S E Performance als High-Performance-PHEV. In seiner stärksten Ausführung kommt der aktuelle Mercedes GLC somit auf bis zu 680 PS und maximal 1.020 Newtonmeter. Darüber hinaus erscheinen die Sport-SUV optisch und technisch als typische AMG-Modelle, die ihren Fahrerinnen und Fahrern viele Individualisierungsmöglichkeiten und Spielereien ermöglichen. V8-Fans müssen allerdings stark sein. Trotz des komplexen Hybrids samt schneller E-Maschine und Super-Akku sowie reichlich Power wird der Vierzylinder nie zur emotionalen Rampensau. Das agile, sauber balancierte Fahrwerk hat hingegen das Zeug dazu.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten