Mercedes Sprinter 4x4 (2022)
Tschüss V6, hallo neuer Allrad

Mercedes bringt einen neuen Zweiliter-Einheitsmotor für alle Sprinter. Außerdem bekommen die Allradvarianten eine komplett neue Technik, das Untersetzungsgetriebe ist Geschichte.

Mercedes Sprinter 4x4 MY 2022
Foto: Daimler AG

Kastenwagen mit Allrad – das ist schon lange keine Exotennummer mehr. Ob bei Baustellenfahrzeugen oder im Bereich der Freizeitmobile, viele Kunden fragen traktionsstarke Großraumkästen nach. Mercedes hat dabei mit dem Allrad-Sprinter einen gewissen Vorteil vor dem Wettbewerb, da man das überlegene Antriebskonzept ab Werk anbieten kann. Die "Drillinge" Fiat Ducato, Peugeot Boxer und Citroën Jumper verlangen dagegen nach einem aufwändigen Umbau des Basisfahrzeugs bei einem französischen Spezialbetrieb.

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Für die 2018 neu eingeführte dritte Generation verwendete Mercedes vorläufig die Allradtechnik des Vorgängers weiter, ein Zuschalt-4x4 mit der ungewöhnlichen Lösung, lediglich 35 Prozent der Antriebskraft auf die Vorderachse zu schicken. Zusätzlich ließ sich für den neuen Allrad-Sprinter noch ein Untersetzungsgetriebe ordern, mit 1,4:1 zwar nicht wirklich kurz übersetzt, aber immerhin.

Motor und Automatik aus dem Pkw-Regal

Von beidem heißt es nun Abschied nehmen, der Grund ist die Umstellung auf einen alten Bekannten aus dem Pkw-Regal: Künftig treibt der aktuelle OM 654 Dieselmotor in unterschiedlichen Leistungsstufen alle Sprinter-Varianten an. Der Vorgänger-Vierzylinder OM 651 mit 2.143 Kubikzentimeter Hubraum geht in Rente, ebenso der feine Dreiliter-V6 OM 642. Der neue Zweiliter tritt in der nicht-elektrifizierten Version mit 1.950 Kubikzentimeter an, die teure Variante mit Starter-Generator und längerem Hub bleibt weiterhin den Pkw vorbehalten. Er war seit kurzem bereits bei den Hecktriebler-Sprintern im Einsatz und übernimmt nun die komplette Palette, also auch die Front- und Allradantriebs-Sprinter.

Mercedes OM 654 Dieselmotor
Daimler AG
Einer für alle: Der aus dem Pkw-Programm übernommene OM 654 Vierzylinder bedient nun alle Leistungsstufen von 114 bis 190 PS.

Mit dem neuen Zweiliter-Ölmotor geht auch die bisherige Siebengang-Automatik in Rente. Als Alternative zum Standard-Handschaltgetriebe mit sechs Gängen dient künftig die modernere 9G-Tronic als Komfort-Option. Mit dem OM 654 deckt Mercedes die auch bisher bereits verfügbaren Leistungsstufen mit 114, 150, 170 und 190 PS ab. Die Varianten mit 143 und 163 PS entfallen. Entfallen wird künftig auch das elektrisch zuschaltbare Untersetzungsgetriebe. Für eine entsprechende Drehmomenterhöhung sorgt künftig statt der Untersetzung das Wandler-Automatikgetriebe. Es ist ebenso Standard bei Bestellung des Allradantriebs wie die 190-PS-Leistungsstufe. Beim bisherigen Sprinter 4x4 waren auch die schwächeren Motorvarianten bestellbar.

Allrad mit automatischer Momentenverteilung

Nicht nur bei Motor und Automatikgetriebe, auch beim Allradantrieb für den neuen Sprinter-Jahrgang griff Mercedes ins Pkw-Regal. Dort fand sich ein Torque-on-Demand-System, bei dem über eine elektronisch geregelte Lamellenkupplung das Drehmoment automatisch und stufenlos zwischen Vorder- und Hinterachse verteilt wird. Eingriffsmöglichkeiten für den Fahrer gibt es dabei keine, dafür sind zwei Nachteile des Vorgängersystems eliminiert: Der alte Zuschaltallrad "sang" deutlich hörbar und konnte auf sehr glattem Untergrund im Grenzbereich durch die starre Kraftverteilung nicht optimal reagieren. Das kann der neue Lamellen-Allrad nun geschmeidiger, sicherer und leiser.

Preise zum neuen Sprinter 4x4 hat Mercedes noch nicht bekanntgegeben, die Bestellbücher sollen jedoch bereits im September geöffnet werden. Dass es günstiger als bisher wird, den großen Kasten mit Allradantrieb zu bestücken, wäre angesichts der neuen Großserientechnik wünschenswert, bislang lag der Aufpreis bei über 10.000 Euro nur für den Zuschalt-4x4.

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Fazit

Dass der wunderbare Dreiliter-V6 aufs Altenteil geschickt wird, war zu erwarten, dürfte aber speziell komfortbewusste Kundschaft aus dem Reisemobilbereich schmerzen. Ob der moderne Pkw-Vierzylinder OM 654 die Ansprüche solcher Klienten in seiner 190 PS-Variante auch im schweren Nutzfahrzeug-Ambiente erfüllen kann, wird spannend. Der neue Allradantrieb hingegen verspricht eine effizientere und harmonischere Arbeitsweise.