„Sonntagsauto“
VW Scirocco, Sport-Coupé in Bestform

Bei der Nachfolger-Suche für den Karmann Ghia kam VW die Idee für ein Sport-Coupé auf Basis des 1er Golf. Das war die Geburtsstunde für den VW Scirocco.

VW Scirocco TS
Foto: Hardy Mutschler

Anfang der 70er Jahre benötigte der VW-Konzern dringend frischen Wind für seine Modellpalette. Der Käfer-Absatz war rückläufig und die Ölkrise sorgte für eine Rezession im Inland. Der Vorstand beschloss, dass ab sofort mehr konzerninterne Synergie-Effekte gewinnbringend genutzt werden müssen.  Das Baukastenprinzip wurde eingeführt, die Abkehr von der starren Ein-Modell-Politik war besiegelt. Neben dem Passat sollte vor allem der erste Golf den VW-Konzern wieder in die richtige Spur bringen. Doch auf der neuen Golf-Plattform bot sich zugleich ein 2+2-sitziges Sport-Coupé an: Der VW Scirocco war geboren.

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VW Scirocco mit italienischem Design

VW Scirocco TS Automatik
Fact
Die Karosserieform wurde von Giorgio Giugiaro, Gründer von ItalDesign, entworfen.

Für das Design des VW Scirocco zeichnete Giorgio Giugiaro verantwortlich, der auch schon den Golf I in Form gebracht hatte. Bereits während dessen Entwicklung liebäugelte Giugiaro mit einer Coupé-Ableitung. Die Ähnlichkeiten mit dem von ihm ebenfalls gezeichneten Alfa Romeo Alfasud Sprint sind daher kein Zufall. Neben der Designfindung trat VW auch die Produktion des Scirocco aus wirtschaftlichen Gründen ab. Die Osnabrücker Firma Karmann musste die Investitionen zum Bau des Sportcoupés alleine tragen. Lediglich die Entwicklung des neuen Sportcoupés übernahm VW selbst.

Und dort brach das intern "EA 398" genannte Projekt zugleich mit der VW-Tradition des luftgekühlten Heckmotors. Denn dem 3,80 Meter langen Scirocco verbauten die VW-Ingenieure wassergekühlte, quer sitzende Vierzylinder-Benziner mit Frontantrieb. Mit dem 1,1-Liter-Motor mit 50 PS wurde sogar direkt eine Neuentwicklung in die Motorenpalette des Scirocco aufgenommen. Dazu kam der 1,6-Liter-Vierzylinder mit wahlwese 70 (Normal-Benzin) oder 85 PS (Super bleifrei) aus dem Audi 80.

Der 50 PS-Benziner stellte sich jedoch schnell als zu schlapp für ein Sport-Coupé heraus: "Zu einem Fahrerlebnis, wie man es sich von einem wahrhaftigen Sportwagen erhofft, kommt es bei der 50 PS-Variante unter keinen Umständen", bilanzierte auto motor und sport 1976. Beim 75 PS-Benziner hingegen "kommt normalerweise kein Wunsch nach mehr Leistung auf". Trotzdem entschieden sich in den ersten Jahren rund 77 Prozent der Scirocco-Käufer für den noch stärkeren 85 PS-Motor.

Scirocco GTI mit ausgesprochen sportlichem Temperament

VW Scirocco, 1. Generation, Auto der Woche
Volkswagen
Bereits 1976 wurde der 85 PS-Motor durch den 110 PS starken GTI-Motor abgelöst.

Doch bereits 1976 wurde der bis dahin beliebteste Scirocco-Motor durch keinen geringeren als den 110-PS GTI Motor abgelöst. auto motor und sport zeigte sich jedoch vom neuen Top-Modell begeistert: "Wer sich für diese Motor-Variante entscheidet, muss zwar tiefer in die Tasche greifen, wird aber durch mustergültige Laufeigenschaften entschädigt." Außerdem verhelfe der sehr kultivierte, durchzugskräftige und drehfreudige Motor dem Scirocco zu einem ausgesprochen sportlichem Temperament. Kein Wunder, treibt die 1,6-Liter-Einspritzversion den 810 kg leichten Scirocco GTI doch in 9,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Da erscheinen die 19 Sekunden der 50 PS-Version ja wie eine Zeitlupe der sportlichen Topversion.

Doch ein gutes Sportcoupé zeichnet sich nicht nur durch einen starken Motor aus, sondern auch durch sein Fahrwerk. Speziell bei der Hinterachse kam dabei ein "völlig eigenständiges, geradezu genial einfaches Bauteil zustande: die sogenannte Verbundlenkerachse." Sie sorgte zusammen mit dem 2,40 Meter langen Radstand und der relativ großen Spurweite dafür, dass "der Scirocco ohne Zweifel zu den bestliegendsten Autos gehört, die es gibt", so auto motor und sport 1974. Und der Frontantrieb? "Den spürt man nur bei scharfem beschleunigen in engen Kurven, wo ein "Steifwerden" der sehr direkten Lenkung eintritt", relativiert der Testredakteur.

Der Scirocco machte seinem Namen (heißer Wüstenwind) in der ersten Generation alle Ehre. Zwischen 1974 und 1981 wurden vom Scirocco nach Angaben von VW insgesamt 504.153 Stück verkauft. Die Messlatte für die 2. Generation lag hoch – zu hoch. Die zweite Generation brachte es lediglich auf 291.497 Exemplare und wurde 1992 nach immer schwächer werdenden Absatzzahlen eingestellt.

Die Urversion des nach einem heißen Wüstenwind benannten Coupés ist heute rar. Rund 1.100 Exemplare des Scirocco I führt das KBA noch als in Deutschland angemeldet (Stand 01.01.2013). Der Scirocco TS wird heute nach Angaben von Classic-Tax in gepflegtem Zustand für rund 5.900 gehandelt. Mäßige Exemplare bekommt man bereits ab 900 Euro. Gut bis sehr gut erhaltene GTI-Modelle kosten um die 8.200 Euro. Eine Kaufberatung zum Scirocco TS  gibt es bei unseren Kollegen von Motor Klassik ebenso wie einen Bericht zu einer Scirocco-Restaurierung.