UK-Aus für Audi A4 und A6 Allroad
Briten verschmähen Offroad-Kombis

Hierzulande sind Kombis im Holzhacker-Outfit eine willkommene Abwechslung im Auto-Einerlei. Im Vereinigten Königreich ist das anders. Audi zieht nun die Konsequenzen.

05/2019, Audi A4 Allroad Quattro Facelift
Foto: Audi AG

Höhergelegtes Fahrwerk, ein paar Planken und Schutzelemente an und unter der Karosserie sowie ein serienmäßiger Allradantrieb: Es bedarf nur geringer konstruktiver Maßnahmen, und ein Standard-Kombi mutiert zum Familientransporter mit Offroad-Anleihen, für den einige Kunden bereit sind, einen üppigen "Hauptsache-von-der-grauen-Masse-abheben"-Aufpreis zu bezahlen.

02/2022, Audi Allroad Quattro (2000)
Audi AG
Mit dem ersten Allroad Quattro auf Basis des damaligen A6 Avant war Audi 2000 ein Vorreiter auf dem Gebiet der Offroad-Kombis.
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In Deutschland funktioniert das: Die Varianten, die je nach Hersteller Beinamen wie Cross-Country, Scout oder Stepway tragen, erzielen innerhalb ihrer Baureihen nicht selten zweistellige Anteile am Gesamtabsatz. Bei Audis Allroad-Varianten der Baureihen A4 und A6 sind es immerhin jeweils rund sechs Prozent. Das lohnt sich für die Hersteller doppelt: Mit geringen Entwicklungskosten erzielen sie höhere Renditen pro verkauftem Auto – das Geschäft mit den Offroad-Kombis ist ein lukratives.

Ein Offroad-Kombi-Vorreiter

Apropos Audi: Der bayerische Hersteller war einer der Vorreiter dieser Entwicklung. Bereits 2000 stellten die Ingolstädter mit dem Allroad Quattro eine unrasierte Variante des damaligen A6 Avant vor. Bis heute ist die beplankte Version ein fester Bestandteil des A6-Angebots. Und nicht nur das: Längst gibt es auch einen A4 Allroad (siehe Fotoshow oben im Artikel), der neue A3 bekommt ebenfalls bald einen entsprechend konfigurierten Ableger. Mit dem A1 Citycarver macht Audi sogar im Kleinwagen-Segment ein kernig gestyltes Angebot.

Doch nicht alle Märkte nehmen die Lifestyle-Kombis so gut an wie gewünscht. Beispiel Großbritannien: Auf dem nach Gesamt-Absatzvolumen zweit- oder drittgrößten Einzelmarkt Europas (Frankreich ist ähnlich groß) treffen diese Autos keinen Nerv bei der Kundschaft. Weshalb der dortige Audi-Importeur jetzt kompromisslose Konsequenzen zieht und die Allroad-Varianten des A4 und A6 im Vereinigten Königreich vom Markt nimmt. Auch der A1 Citycarver ist auf der Insel nicht mehr bestellbar. Wie das Fachmagazin "Autocar" berichtet, bleibt der neue A3 Allroad den britischen Kundinnen und Kunden ebenfalls verwehrt.

RS-Modelle deutlich beliebter

Beim Blick auf die Absatzzahlen der Allroad-Varianten ist die Entscheidung nachvollziehbar. 2021 hat Audi insgesamt 292 A4 Allroad in Großbritannien verkauft. Wie wenig das ist, zeigt der Vergleich mit dem sportlichen und teureren Bruder RS4 Avant, von dem im selben Jahr immerhin 446 Einheiten abgesetzt wurden. Noch größer ist der Unterschied beim A6: 256 Allroad-Exemplaren stehen mehr als doppelt so viele RS6-Verkäufe gegenüber. Der Allroad-Anteil am Gesamtabsatz des A6 im Vereinigten Königreich? 4,4 Prozent – und damit aus Sicht der UK-Dependance zu wenig, um den Import der Allroad-Modelle zu rechtfertigen.

Mercedes-Benz C 200 All-Terrain 4MATIC // Press Test Drive, Stuttgart 2021
Mercedes-Benz AG
Den britischen Kunden bleibt die neue Mercedes C-Klasse in ihrer All-Terrain-Version verwehrt.

Audi befindet sich mit seiner Exit-Strategie in guter Gesellschaft. Die Schwestermarke Volkswagen hat den Passat Alltrack in Großbritannien bereits vor mehr als einem Jahr vom Markt genommen. Mercedes bietet dort weder die C- noch die E-Klasse als All-Terrain-Variante an. Immerhin Volvos Cross-Country-Kombis auf V60- und V90-Basis sind bei den Briten noch erhältlich.

Keine generelle Entscheidung gegen Rechtslenker

Die Entscheidung des britischen Audi-Importeurs, den A4 und A6 Allroad auf der Insel nicht mehr anzubieten, führt bei Audi übrigens nicht zu Überlegungen, die Modellvarianten auf allen Rechtslenker-Märkten ersatzlos zu streichen. Zwar sind sie beispielsweise in Südafrika ebenfalls nicht erhältlich. Doch "für Australien planen wir die Allroad-Varianten für den A4 und A6 weiterhin anzubieten", heißt es auf auto-motor-und-sport.de-Nachfrage von Audi. Hier werde beispielhaft deutlich, dass solche Entscheidungen unabhängig von technischen Randbedingungen – wie beispielsweise Rechtslenker – getroffen würden.

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Fazit

Das Allroad-Aus in Großbritannien ist ein gutes Beispiel dafür, wie unterschiedlich Automärkte ticken: Während Offroad-Kombis und ein bisschen Geländewagen-Gehabe in anderen Segmenten bei uns durchaus beliebt sind, haben sich solche Autos auf der Insel zu Ladenhütern entwickelt. Insofern ist es eine folgerichtige und konsequente Entscheidung von Audi, derartige Modelle dort nicht mehr anzubieten. Es muss ja nicht für immer sein: Falls der britische Markt irgendwann doch wieder danach verlangt, lässt sich die Strategie sicher schnell und einfach anpassen.

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