Alfa Romeo Giulia GTA gegen BMW M3 CS
Sündhaft teuer, aber wie gut?

Giulia gegen M3, GTA gegen CS, V6 gegen R6. Es ist das Duell zweier limitierter Sportwagen mit massiv Leistung, Heckantrieb und Leichtbauteilen. Wir vergleichen Giulia GTA mit der Referenz unter den Mittelklasse-Limousinen.

Kaltvergleich Genf 2020 BMW M3 CS Alfa Romeo Giulia GTA
Foto: Hersteller / Patrick Lang

Den Kracher hat sich Alfa Romeo für das Finale aufgehoben. Die zivilen Versionen der Giulia unterziehen sich derzeit einem Facelift. Das Topmodell, die Giulia Quadrifoglio (QV), folgt erst später im Jahr. Bis es soweit ist, zündet die italienische Traditionsmarke, die in diesem Jahr ihren 110. Geburtstag feiert, die letzte Ausbaustufe des aktuellen Quadrifoglio.

Sie trägt das Kürzel GTA, was im Italienischen für Gran Turismo Alleggerita oder ins Deutsche übersetzt für ein schnelles Auto für längere Wegstrecken steht, das gespickt mit Leichtbauteilen ist. Der Name verrät, wo die Reise hingeht. Die Giulia speckt ab. Und zwar ordentlich.

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M3 als Maßstab der Klasse

Flashback: Es ist nicht das erste Sondermodell der 510 PS starken Sportlimousine. Vor zwei Jahren hatte Alfa Romeo bereits die Modellvariante NRing aufgelegt – als Anlehnung an die Rundenzeit von 7:32 Minuten auf der Nürburgring-Nordschleife. Der Alfa Romeo Giulia QV Nring war auf 108 Exemplare begrenzt (108. Geburtstag) und stand in der Preisliste ab 122.570 Euro. Ein Zuschlag von über 40.000 Euro gegenüber der Basis.

Noch schweigt Alfa über den Basispreis der 540 PS starken Giulia GTA. Es darf aber davon ausgegangen werden, dass Kunden mehr Geld aufbringen werden müssen als beim QV Nring. Obwohl der GTA in höherer Stückzahl gefertigt wird. Alfa Romeo will von GTA und GTAm, gewissermaßen die Hardcore-Version der aufgemotzten Sportlimousine, 500 Exemplare bauen. Der technische Aufwand soll den noch höheren Grundpreis rechtfertigen.

Es ist nicht einfach, einen Sportwagen zu finden, um einen Vergleich mit der Giulia GTA zu machen. Entweder, weil die Konkurrenz derzeit keine Sondermodelle führt. Oder, weil Spezialversionen einer Baureihe zu ausgefallen sind oder bereits ausgelaufen. Der Mercedes-AMG C 63 S kommt mit seinen 510 PS zwar in ähnliche Leistungsregionen, ist aber kein Spezialmodell und folglich etwa ein Drittel billiger (ab 86.751 Euro). Jaguars XE SV Project 8 büxt am oberen Ende aus. 600 PS ab 182.000 Euro.

Besser eignet sich der BMW M3 CS. Doch den Leichtbau-3er baute BMW nur zwischen März und Oktober 2018. Die Auflage lag bei 1.200 Stück. Obwohl seine Blütezeit schon eineinhalb Jahre her ist, soll der M3 CS in diesem Vergleich als Referenz für die Giulia GTA herhalten. Denn wie viele Vergleichstests in den letzten Jahren gezeigt haben: Der M3 ist im Segment der Mittelklasse-Limousinen der Maßstab.

Alfa Romeo Giulia GTA GTAm 2020
Alfa Romeo
Alfa Romeo baut von der Giulia GTA zwei Versionen: Die mit großem Heckflügel kommt mit dem Zusatz Am.

Sprintduell geht an Giulia

Der M3 CS basiert auf dem M3 mit Competition-Paket. Das hat gegenüber der Basis 450 statt 431 PS. Im CS drückt der drei Liter große Biturbo-Motor sogar 460 PS aus den sechs in Reihe angeordneten Zylindern. Das maximale Drehmoment beträgt 600 Newtonmeter. Die Kraftübertragung auf die Hinterachse stemmt ein Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Gängen.

Den Imagespurt absolviert der BMW M3 CS in 3,9 Sekunden. Ab 280 km/h steht der Leichtbau-3er an. Dann zügelt die Elektronik den Wunsch nach noch höheren Geschwindigkeiten. In dieser Beziehung lässt Alfa Romeo die Giulia Quadrifoglio freilaufen. Die Italiener nennen 307 km/h als Höchstgeschwindigkeit. Da kommt auch der C 63 S mit seinen maximal 290 km/h nicht mehr hinterher. Und wie hoch liegt die Höchstgeschwindigkeit der Giulia GTA? Dazu gibt es aus Italien keine Informationen.

Immerhin gibt es einen Wert für den Standardsprint. Die Giulia QV rennt mit ihren 600 Newtonmeter in 3,9 Sekunden gleichschnell wie der M3 CS auf 100 km/h. Der GTA soll drei Zehntelsekunden abknabbern, verspricht Alfa Romeo. Damit würde das Sammler-Stück aus Italien sowohl M3 CS als auch Mercedes-AMG C 63 S (4,0 Sekunden) distanzieren. Und man würde knapp vor Jaguars Project 8 liegen. Sowohl das XE SV Project 8 als auch dessen Touring-Ableger mit dezenterem Flügelwerk beschleunigen laut Hersteller in 3,7 Sekunden auf 100 km/h.

Die Leistungssteigerung von 510 auf 540 PS erzielte Alfa Romeo über ein Software-Update für den doppelt aufgeladenen 2,9-Liter-Sechszylinder mit einem Bankwinkel von 90 Grad. Und durch eine Titanabgasanlage von Akrapovic, die den Abgasgegendruck senkt und so dem Motor zu neuen Leistungshöhen verhilft.

BMW M3 CS
BMW
Der M3 CS schießt wie die Giulia GTA mit vielen Leichtbauteilen ums Eck.

Carbonanbauteile hier wie da

Die Abgasanlage trägt gleichzeitig zur Verringerung des Gewichts bei. Sie ist eines der Puzzleteile, die in Summe 100 Kilogramm sparen sollen. Doch aufgepasst: Das Leergewicht von 1.520 Kilogramm gibt Alfa Romeo für den GTAm an. Diese Version verzichtet im Innenraum auf eine Rückbank und ist generell noch stärker abgemagert als der GTA. Bei der GTAm wird eine weitere Gewichtssenkung durch die seitlichen und hinteren Fenster aus Polycarbonat-Kunststoff Lexan erreicht.

Alfa nennt keine Zahlen. Man darf aber annehmen, dass sich der GTA zwischen 1.520 und 1.620 (Giulia QV) einpendelt. Mit anderen Worten: Alfas zivileres GTA-Sondermodell wird auf dem Niveau des M3 CS liegen. BMW gibt für die viertürige Limousine ein Leergewicht von 1.585 Kilogramm nach EU an.

Eine Reihe von Leichtbauteilen werten sowohl Alfa Giulia GTA und BMW M3 CS auf. Die italienische Sportlimousine erhält eine Kardanwelle aus Kohlefaser. Dazu sind Motorhaube, Dach, vorderer Stoßfänger, Diffusor und Kotflügelverbreiterungen aus Carbon. Auch der Clubsport lässt sich nicht lumpen: Motorhaube, Dach, Frontsplitter, Gurney auf dem Kofferraumdeckel und Heckdiffusor sind aus CFK.

Blankoscheck für den GTA

Das Lastenheft war in beiden Fällen mit denselben Prioritäten bestückt: bessere Aero, besseres Fahrverhalten, weniger Gewicht. Zu den üblichen Veränderungen auf der Fahrwerksseite gehören Anpassungen von Federn und Dämpfern. Um schneller durch Kurven zu brezeln und die Rundenzeiten zu senken, holt BMW Semislicks aus dem Regal. Den Pilot Sport Cup 2 (vorn 19 Zoll, hinten 20) schnallen die Münchner ab Werk auf. Wahlweise gibt es für den Alltag aber auch einen gewöhnlichen Sportreifen (Michelin Pilot Super Sport).

Die Semi-Slicks, die an der Hinterachse 285 Millimeter breit sind (vorn: 265 mm) garantieren im Zusammenspiel mit Launch Control und Sperre, dass die Leistung in der Beschleunigung nicht in Rauch aufgeht. Alfa Romeo stellt die Guilia GTA auf Reifen vom Typ Michelin Pilot Super Sport. Semi-Slicks sind auf den Pressebildern des GTAm zu sehen.

Zum Verkaufsstart war der M3 CS 113.200 Euro teuer. Der GTA wird – aller Voraussicht nach – eine Stange teurer ausfallen. Doch bei Alfa Romeo sind sie optimistisch, alle 500 Exemplare von GTA und GTAm an den Mann (oder die Frau) zu bringen. Man habe schon Interessenten an der Hand, die bestellen möchten, ohne den tatsächlichen Preis zu kennen. Was abwegig klingen mag, ist in der Welt des Automobils aber nichts Verrücktes. Wer genug Geld auf dem Konto hat, stellt gerne mal einen Blankoscheck aus.

Fazit

Persönliche Meinung: Die Giulia GTA sieht echt lecker aus. Und der bis jetzt dünne technische Datensatz verspricht sehr, sehr sportliche Fahrleistungen. Ob die den sicher sehr, sehr hohen Grundpreis rechtfertigen? Das lässt sich erst nach einem ausgiebigen Test beurteilen. Es bräuchte auch einen echten Vergleichstest unter gleichen Bedingungen, um herauszufinden, wer besser ist: Giulia GTA oder M3 CS. Zu dem wird es nicht mehr kommen. BMW hat den Bau des CS vor eineinhalb Jahren eingestellt. In München arbeiten sie unter Hochdruck am neuen M3, G80.