Abgas-Manipulationsvorwürfe gegen BMW
Alle Infos zur Klage und zu Problemen mit 5er und Co.

Nach Volkswagen und Co. wird es nun auch für BMW in den USA ernst: Eine Anwaltskanzlei hat eine Sammelklage gegen den Münchener Autobauer eingereicht. Der Vorwurf: BMW soll überhöhte Abgaswerte bei zehntausenden Fahrzeugen vertuscht haben.

BMW Konzernzentrale München, Vierzylinder, Petuelring
Foto: BMW

Die klagende Anwaltskanzlei ist eine alte Bekannte: Hagens Berman war bereits im VW-Skandal eine treibende Kraft. Die Klage gegen BMW erfolgte nur wenige Tage nach der Razzia in der Münchener Unternehmenszentrale. Konkret geht es um mehrere tausend Dieselmodelle der Baureihen X5 und 335d, die zwischen 2009 und 2013 verkauft wurden, wie die „Tagesschau“ berichtet.Die Stickoxidwerte der betroffenen Modelle sollen die in den USA festgelegten Grenzwerte um das 27-fache überstiegen haben. BMW hatte dies Medienangaben zufolge mit einer speziellen Software vertuschen wollen. Die BMW-Niederlassung in den USA äußerte wegen des laufenden Verfahrens nicht zu den Vorwürfen.

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Zulieferer Bosch ebenfalls im Visier

Damit ist BMW nach Fiat Chrysler, Ford, General Motors, Daimler und Volkswagen der nächste Autobauer, der in den Vereinigten Staaten wegen Abgas-Betruges verklagt wird. Und das könnte für das Münchener Unternehmen teuer werden: Volkswagen musste bislang mehr als umgerechnet 18,5 Milliarden Euro an Entschädigungen und Strafzahlungen blechen. Zulieferer Bosch, der bereits im VW-Skandal ins Visier der Ermittler geraten war, ist offenbar auch von den BMW-Vorwürfen betroffen, so „Spiegel Online“.

Manipulationsverdacht bei 5er und 7er Diesel

Mitte März hatte die Staatsanwaltschaft in München mit rund 100 Beamten Büroräume des Autobauers BMW durchsucht. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, hat die Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht, „dass die BMW AG eine prüfstandsbezogene Abschalteinrichtrung verwendet“.

Es sei ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Betrugs in 11.400 Fällen eingeleitet worden, so die Staatsanwaltschaft München I. Durchsucht werden Räume der Konzernzentrale, des Forschungs- und Entwicklungszentrums und das Dieselmotorenwerk im österreichischen Steyr, so ein Sprecher von BMW. Die Razzien stünden in Zusammenhang mit einer fehlerhaft zugeordneten Software. Sie sei für den SUV BMW X5 und X6 entwickelt, aber irrtümlich auch auf zwei 5er- und 7er-Modelle (M550d und 750d) aufgespielt worden. Deren Abgasreinigung funktioniert mit der Software nicht korrekt. Ob dies eine Schutzbehauptung oder der wirkliche Grund ist?

Am 30. März 2018 meldete der Spiegel, das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) habe einen amtlichen Rückruf für die 11.400 Fahrzeuge angeordnet. Betroffen seien die Modelle 750d und M550d. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) habe den Schritt der Behörde damit begründet, dass die in der Motorsteuerung vorhandenen, „unzulässigen Abschalteinrichtungen entfernt“ werden müssen. Bisher hatte der Münchner Hersteller immer darauf darauf hingewiesen, dass keine Modelle von BMW manipuliert seien.

Vorwürfe der DUH haltlos

Unlängst warf auch die Deutschen Umwelthilfe BMW vor, in seinem 320d mit einer Abschalteinrichtung die NOx-Werte zu manipulieren. Dies konnte auto motor und sport in mehreren Emissionstests bisher nicht nachvollziehen. Auch das Kraftfahrtbundesamt (KBA) konnte keine Unregelmäßigkeiten feststellen. Das KBA bemerkte: „Die Abgasemissionen auf dem Rollenprüfstand und auch auf der Straße sind unter normalen Betriebsbedingungen nicht zu beanstanden. Es konnten keine unzulässigen Abschalteinrichtungen festgestellt werden. Die von der Deutschen Umwelthilfe ermittelten Ergebnisse mit erhöhten NOx-Emissionen sind auf nicht normale Betriebsbedingungen zurückzuführen. Daher besteht keine Veranlassung zur Einleitung von Maßnahmen“.

BMW-Entwicklungschef Klaus Fröhlich sagte dazu: „Grundsätzlich gilt: Fahrzeuge der BMW Group werden nicht manipuliert. Unsere Dieselmotoren sind sauber. Darauf können sich Öffentlichkeit und Politik, vor allem aber unsere Kunden und Mitarbeiter verlassen.“

Keine Auffälligkeiten in auto motor und sport-Tests

auto motor und sport hat den Zweiliter-Dieselmotor gemeinsam mit dem unabhängigen Prüfinstitut Emissions Dynamics viermal im echten Verkehr getestet. Während die Umwelthilfe in Testfahrten mit einem 320d im Verkehr stark schwankende Abgaswerte mit bis zu 470 mg NOx pro Kilometer gemessen hatte, liegen die Werte von auto motor und sport deutlich darunter.

Im gleichem Modell, einer 320d Limousine mit NOX-Speicherkat, lagen die Emissionen auf der gut 100 Kilometer langen auto motor und sport-Eco-Teststrecke in der Stadt, auf der Landstraße und der Autobahn bei 169 mg/km. Der Test wurde im Februar 2017 durchgeführt. Auf der Eco-Teststrecke wird das Auto defensiv gefahren, anders als im Test der Umwelthilfe.

Auch im 320d Touring xDrive lagen die Emissionen im Test von auto motor und sport im November 2016 mit 226 mg/km deutlich unter den Werten der Umwelthilfe. Bei einem Test in einem 420d Coupé, der vom gleichen Motor angetrieben wird, lagen die NOx-Werte im Oktober 2016 mit 220 mg/km auf dem gleichen niedrigen Niveau. In einem 520d, ausgerüstet mit einem SCR-System und Speicherkat, wurden mit dem Motor sogar Spitzenwerte von 28 mg/km erreicht (Februar 2017).

Dezember 2017: DUH misst hohe Werte

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte im Dezmeber 2017 bei vier von fünf gemessenen BMW 320d hohe NOx-Werte festgestellt und dem Autohersteller vorgeworfen, Abschalteinrichtungen zu verwenden. BMW dementiert Manipulationsvorwürfe, der TÜV Süd bestätigt die Aussage von BMW. Die Messergebnisse der DUH lägen dem ZDF und dem Tagesspiegel vor. Dieser schreibt: „Die Analyse der Motorsoftware durch einen Fachbetrieb zeigte, dass die Abgasrückführung und -reinigung schon bei mäßiger Beschleunigung unter realen Bedingungen auf der Straße abschaltet.“

TÜV Süd: keine Auffälligkeiten

BMW dementiert und erklärte den DUH-Test für „nicht aussagekräftig.“ BMW-Chef Harald Krüger hatte während der IAA im September 2017 erklärt, BMW würde nicht manipulieren. Der TÜV Süd hatte Ende 2017 die Aussage von BMW gestützt und erklärte, bei Messungen von BMW 320d im Jahr 2015 keine Auffälligkeiten festgestellt zu haben: „Untersucht wurde das Verhalten der Fahrzeuge im für die Typprüfung zu Grunde liegenden Normzyklus NEFZ sowie in Zyklen, die außerhalb der Normtypprüfung lagen. Der Realbetrieb wurde ebenfalls überprüft. Die getesteten Fahrzeuge zeigten im Rahmen der festgeschriebenen Testzyklen bei den NOx-Emissionen keine Auffälligkeiten.“ Weder auf dem Prüfstand noch auf der Straße habe der Eindruck einer illegalen Abschalteinrichtung vorgelegen, so der TÜV Süd in einer Pressemitteilung.

DUH: NOx auffällig hoch

Die DUH habe einen BMW 320d Touring mehrfach gemessen und dabei festgestellt, dass die Emissionen von Stickoxiden (NOx) bei Messungen auf der Straße bis zu sieben Mal so hoch lagen wie im Labortest nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), so der Bericht des Tagesspiegels.

Reduzierte Abgasrückführung ab 2.000/min

Die DUH erklärt die Werte der gemieteten Testwagen damit, dass die Abgasrückführung ab 2.000/min reduziert und ab 3.500/min abgeschaltet werde. Den Test fuhr Axel Friedrich, Leiter des Emissionskontroll-Instituts der DUH, mit Mitarbeitern auf einer 31,5 Kilometer langen Strecke im Südwesten von Berlin. Dort sei der EU-Zyklus NEFZ nachgefahren worden, außerdem ein Zyklus mit um zehn Prozent erhöhter Geschwindigkeit. Der CO2-Ausstoß hätte dabei im Durchschnitt bei 212 Gramm gelegen, berichtet der Tagesspiegel. Der TÜV Nord habe die Messergebnisse der DUH bestätigt.

Mit Hilfe eines Tuners las die DUH die Motorsteuerung der Autos aus. Dabei sei ein Programmteil aufgefallen, das die Abgasrückführung ab einer Drehzahl von 2.000/min reduziere und ab 3.500/min abschalte, so der DUH-Bericht.