Neues Testschema
Absolute Bepunktung, auch für Nachhaltigkeit

Nicht nur in der Autoindustrie stehen immer wieder Modelljahreswechsel an, sondern auch bei uns: auto motor und sport hat ein neues Testschema entwickelt.

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Foto: Hans-Dieter Seufert

Hektische Modellwechsel? Nicht unser Ding. Doch hin und wieder bedarf es einer grundlegenden Überarbeitung des auto motor und sport-Testschemas. Warum?

Unsere Highlights

Um die Bewertung der Fahrzeuge jenen Trends der Industrie anzupassen, die gekommen sind, um zu bleiben. Und natürlich: um neue Maßstäbe zu setzen, so wie das in der Vergangenheit beispielsweise bei der Bremsung auf einem Untergrund mit links und rechts unterschiedlichem Reibwert (µ-Split), der Bremsung aus 130 statt 100 km/h sowie dem doppelten Spurwechsel der Fall war. Erstere ist nicht mehr erforderlich, da die Fahrdynamik-Regelsysteme diesen Reibwert-Unterschied inzwischen kompensieren können. Die zweite sorgte für immer kürzere Bremswege (dazu mehr im nächsten Heft), und Letzteres hilft weiterhin, um eine Aussage über die Güte der Fahrwerksabstimmung und die Applikation der Regelsysteme zu treffen.

Was kommt nun?

Was also ist für auto motor und sport ab Modelljahrgang 2023 neu? Zunächst vier grundlegende Dinge: so die notwendige, wenngleich moderate Anhebung der Gesamtpunktzahl von 900 auf 1000. Zudem gibt es ab 2023 nur noch ein Bewertungsschema für alle Fahrzeugklassen. Und: Die Bewertung erfolgt absolut statt relativ. Heißt: Jedes Fahrzeug muss sich zwar weiterhin mit seinen Wettbewerbern messen, alle gemeinsam jedoch nicht an den Besten ihres Segments, sondern an den Besten in jeder Einzelwertung. Wer das ist? Das bestimmt das Team der Tester, ganz gleich, ob die für Subjektiv-Tests verantwortlichen Redakteure oder die für Objektiv-Messungen zuständigen Testfahrer, basierend auf dem langjährigen und umfassenden Erfahrungsschatz.

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ams
Bei den Kosten bleibt der Brutto-Listenpreis die Bewertungsgrundlage, da dieser eine Vergleichbarkeit ermöglicht. Im Testwagenpreis berücksichtigt: Optionen, die den Komfort und die Agilität des Fahrzeugs beeinflussen. Fünf Prozent Preisdifferenz entsprechen einem Punkt.

Das bedingt unter anderem eine Anpassung der Kostenbewertung (siehe unten). Änderung Nummer vier? Künftig bewerten wir Fahrzeuge, die sich im großen Einzeltest (würde man aufgrund des Aufwandes womöglich anderswo als Supertest verkaufen) beweisen müssen, sofort nach unserem neuen System mit Punkten statt mit Sternen. Das verdeutlicht Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, detailreicher und schon sehr früh die Stärken und die Schwächen eines Autos. Im Test kompakt dagegen bleiben aus Platzgründen die Sterne erhalten.

Wie weit kommt’s?

Und was ändert sich im Detail? Zunächst bleibt festzuhalten, dass der Fokus der Bewertung weiterhin auf der Güte eines Autos als Gesamtfahrzeug liegt. Dazu zählt inzwischen allerdings auch, wie nachhaltig ein Auto fährt (Verbrauch, Emissionen – klar) und wie nachhaltig es produziert wurde. So erfährt das Umwelt-Kapitel eine deutliche Aufwertung, darin vor allem unsere ohnehin aufwendigen Verbrauchsmessungen. Allein die sogenannte Eco-Runde erstreckt sich über 275 Kilometer (für E-Autos mit konzeptbedingt geringerer Reichweite wie beispielsweise den Mini Cooper SE oder Fiat 500e gibt es eine modifizierte, kürzere Runde), dazu kommen Pendler- und Sportfahrer-Verbrauch, die jeweils Antriebseigenheiten berücksichtigen (z. B. Plug-in-Hybride).

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Achim Hartmann
Trotz modernster Technik: Die bewährten Pylonen bleiben erhalten, ebenso Slalom und doppelter Spurwechsel.

Ganz neu hingegen: der Ausrollversuch. Mit diesem messen wir eine mittlere Verzögerung des frei rollenden Fahrzeugs, errechnen den Fahrwiderstand und können so den Leistungsbedarf eines Autos bei konstant 130 km/h ableiten, einen Wert für die aerodynamische Qualität und die mechanische Effizienz des Antriebs bis hin zum mehr oder weniger großen Rollwiderstand der Reifen. Mithin ein weiterer Umweltfaktor. Je leichter ein Auto durch den Wind gleitet und über den Asphalt rollt, desto weniger Ressourcen werden verbraten, desto umweltfreundlicher ist ein Auto grundsätzlich ausgelegt.

Wo kommt’s her?

Ebenfalls neu: die Bepunktung der Emissionen beim Fertigungsprozess. Hier liegen allgemein verfügbare, statistisch erhobene Daten zugrunde, die einem Kleinwagen bis zu vier Tonnen CO₂, einem großen SUV bis zu 18 Tonnen CO₂ bescheinigen. Beim Elektroantrieb kommen nochmals 140 kg pro kWh Batteriekapazität hinzu.

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ams
Im deutlich umfangreicheren Umwelt-Kapitel wird nun auch die Nachhaltigkeit eines Fahrzeugs anhand von Emissionen, die bei Fertigung und Transport entstehen, sowie der Recyclingquote bewertet. Für die aufwendigen Verbrauchsmessungen stehen mehr Punkte zur Verfügung.

Um die Recyclingquote bepunkten zu können, nutzt auto motor und sport Angaben der EU und des Umweltbundesamtes. Fehlt noch was? Sicher, der Transportweg. Auch hier können allgemeine Emissionsangaben vom UBA genutzt werden, die sich zunächst auf das Gesamtfahrzeug und nicht auf dessen Einzelkomponenten beziehen. Je näher an Deutschland das Auto zusammenmontiert wurde, desto besser. Woher die Bauteile kommen, lassen wir außen vor – vielleicht wird das beim nächsten Modellwechsel des Testschemas ein Thema.