Fiat 500e im Elektroauto-Supertest
Von wegen niedlicher Billig-Stromer

Chefreporter Alex Bloch holt sich den elektrischen Fiat 500 in den Supertest. Neben der Alltagstauglichkeit geht es hier auch um die E-Performance – und der kleine Fiat schlägt sich besser als erwartet.

Bloch erklärt Elektroauto Supertest Fiat 500e
Foto: Fiat / auto motor und sport / Patrick Lang

Rein optisch könnte man es zwar annehmen, doch der aktuelle Fiat 500e basiert nicht länger auf einer Verbrenner-Plattform, sondern wurde von Grund auf neu entwickelt. Damit qualifiziert sich der Italiener wunderbar als Elektroauto-Supertest-Kandidat von Chefreporter Alexander Bloch. Maximal sechs Sterne kann ein Auto hier erreichen, dabei ist die Bewertung streng absolut und nicht abhängig von Preis oder Segment. Wie schlägt sich der 500e? Besser als erwartet.

Der große E-Ratgeber

Das Raumangebot

Zwar ist der neue Fiat 500e gegenüber seinen Verbrenner-Vorgängern gewachsen (mit 3,63 Metern ist er 6,1 Zentimeter länger), doch machen wir uns nix vor: Das Auto ist natürlich immer noch ziemlich klein und somit zählt das Raumangebot nicht zu den ausgewiesenen Stärken des Fiats. Doch es geht nicht nur um den zur Verfügung stehenden Raum, sondern auch um dessen möglichst clevere Ausnutzung. Kann der Italiener also das Ruder rumreißen? Geht so. Einen Frunk zum sinnvollen Verstauen von Ladekabeln gibt es schon mal nicht, die müssen also im Kofferraum unterkommen. Doch dort schmerzt jeder verschenkte Liter, denn mit deren 180 fällt das Volumen alles andere als üppig aus.

Dafür sitzt der Fahrer gut und luftig. Ein höhenverstellbarer Sitz hilft bei der Positionsfindung. Die Fond-Passagiere können sich davon indes nichts kaufen. Auf der Rückbank geht es sehr beengt zu, da lässt sich nichts beschönigen. Die Knie gedrückt, der Kopf geduckt – von längeren Aufenthalten in der zweiten Reihe ist schon aus orthopädischen Gründen abzuraten. Entsprechend fällt das Resultat aus – hier gibt es nur 2 von 6 Sternen.

Reichweite und Verbrauch Fiat 500e

Fahr-Szenario

Verbrauch in kWh/100 km

Reichweite in km

Eco-Runde

13

290

120 km/h

18

205

140 km/h

23

165

Testverbrauch

15,5

240

Die Stadttauglichkeit

Na wenn das mal nicht eher zur Paradedisziplin avancieren dürfte. In der Stadt fühlt sich so ein Fiat 500e einfach wohl. Wer sich in enge Parklücken quetschen muss, wird ein Loblied auf jeden einzelnen Zentimeter singen, der dem Elektro-Cinquecento fehlt. Zum Vergleich: So ein Opel Corsa-e ist 40 Zentimeter länger und an sich ja noch immer kein großes Auto.

Der Wendekreis von 9,70 Metern macht das Rangieren in Tateinheit mit der leichtgängigen Lenkung im Fiat zusätzlich zum Kinderspiel. Verbesserungswürdig fällt lediglich die Rundumsicht aus, die durch verhältnismäßig breite A- und C-Säulen eingeschränkt wird. Weil das aber Jammern auf hohem Niveau ist, darf der Fiat 500e das Kapitel Stadttauglichkeit mit 5,5 von 6 Sternen beschließen.

Die Verarbeitung

In Sachen Qualitätsanmutung blickt Fiat auf keine sonderlich glorreiche Vergangenheit zurück und etwas Kritik muss sich auch der 500e gefallen lassen. Die Spaltmaße fallen nicht überall am Auto exakt aus (etwa an der Heckklappe), bei den lackierten Teilen sind Farbunterschiede zwischen Kunststoff und Metall zu erkennen. Als Perfektionist könnte man sich nun schwer ärgern, doch für ein Fahrzeug in dieser Preisklasse sind das wahrlich keine gravierenden Mängel. Der Außeneindruck ist insgesamt also ordentlich, doch mehr Zeit verbringt man freilich im Innenraum.

Dass hier großzügig mit hartem Kunststoff gearbeitet wird, ist Klassen-Standard. Trotzdem macht das Cockpit auf den ersten Blick einen hochwertigen und eleganten Eindruck. Dieser Effekt gelingt vergleichsweise einfach durch Deko-Elemente, die in Wagenfarbe lackiert sind und führt dazu, dass man sich keinesfalls in einem Verzichts-Auto wähnt. Lederlenkrad und Sitze fassen sich gut an, doch allzu viel rütteln sollten Fahrer und Passagiere nicht. Denn die Ausführung bleibt im Detail dann doch etwas hinter dem hochwertigen Ersteindruck zurück – damit ergibt sich innen ein ähnliches Bild wie außen. Das bewertet Alex Bloch mit 3 von 6 Sternen.

Wertung Supertest Fiat 500e

Wertungskategorie

Anzahl Sterne (max. 6)

Verbrauch

5

Reichweite

2,5

Reisetauglichkeit

2,5

Stadttauglichkeit

5,5

Raumangebot

2,5

Komfort

3

Dynamik

2,5

Qualitätsanmutung

3

Bedienung

3

EV-Ausstattung

3

Gesamtwertung

3,25

Die Dynamik

Ein Dynamiker ist der Fiat 500e von Haus aus nicht, und das muss er als Kleinstwagen für den Stadtgebrauch auch gar nicht sein. Insofern ist es auch keine Überraschung, dass die in engen Straßen praktische leichtgängige Lenkung im 18-Meter-Slalom kaum mit Präzision glänzen kann. Schwammig und indifferent geht es da um die Mittellage zu und das löst dann auch die anfängliche Quirligkeit im Antritt auf.

Den Sprint von null auf hundert gibt Fiat mit glatten neun Sekunden an. 87 kW (118 PS) sind hier für 1.365 Kilo Fahrzeuggewicht verantwortlich und das genügt, um die Sprint-Werksangabe auf der Teststrecke sogar um zwei Zehntel zu unterbieten. Gerade im Bereich bis 50 km/h, der ja für urbanen Verkehr relevant ist, kommt der Fiat 500e gut aus dem Block. Umgekehrt leistet sich der kleine Stromer auch beim Verzögern keinen Schnitzer und steht selbst auf nasser Fahrbahn aus 100 km/h nach 41 Metern (trocken 35,5 Meter). Damit sichert sich das generell gemütlich ausgelegte Auto immerhin 2,5 von 6 Sternen.

Die Bedienung

Am Lenkrad geben die eindeutig beschrifteten Tasten keine Rätsel auf – so lässt sich das digitale Cockpit selbst während der Fahrt ablenkungsfrei mit den wichtigsten Daten und Informationen bestücken. In der Mitte sitzt ein gut aufgelöster, scharfer Touchscreen, der allerdings so seine Tücken hat. Häufig springt das System von einem eigentlich angewählten Menü auf einen anderen Unterpunkt.

Der Nutzer bleibt bisweilen darüber im Unklaren, wie lange ein Druck auf einen Punkt ausfallen muss, um wirklich vom System angenommen und umgesetzt zu werden. Manchmal wird die Befehlsannahme gleich gänzlich verweigert, oder man Scheitert am zielgenauen Treffen der ziemlich kleinen Kacheln. Immerhin: Die klare und reduzierte Optik bleibt angenehm hintergründig. Weil auch die Informationsarchitektur des Infotainmentsystems an sich schlüssig ist, gibt's am Ende 3,5 von sechs Sternen.

Bloch erklärt Elektroauto Supertest Fiat 500e
auto motor und sport
Die Messung zeigt: Die vollen 85 kW Ladeleistung schafft der Fiat nicht, doch insgesamt lädt der 500 zügig.

Die E-Auto-Ausstattung

Für Elektromobilisten ist das der wichtigste Punkt. Wie erleichtert mir das Auto den Stromer-Alltag, etwa mit cleverem Lademanagement oder spezieller Zielführung zu Ladestationen mit Angaben über deren technische Beschaffenheit. Alex Bloch geht die Funktionen nacheinander durch. Updates Over The Air? Nein. Wärmepumpe verbaut? Nein. Dafür gibt es einen Ladeassistenten, über den beispielsweise gesteuert werden kann, wie viel Strom beim Ladevorgang fließen soll. Fünf Stufen stehen dafür zur Auswahl, entsprechende Werte über die tatsächliche Ladeleistung sind allerdings nicht hinterlegt. Dafür gibt das Auto je nach Einstellung eine Prognose darüber ab, wie lange es dauert, um den Akku wieder auf 100 Prozent zu bringen. Eine Begrenzung des SOC (State of Charge) auf beispielsweise 80 Prozent Maximalladung ist allerdings nicht möglich. Schade, denn so könnte man die Lebensdauer der Batterie verlängern, wenn man die volle Reichweite im Alltag nicht benötigt.

Im Navi sind Ladestationen in der Umgebung hinterlegt und können über einen Shortcut im Navi-Menü ausgewählt werden. Der Zugriff gelingt also relativ flink, allerdings werden nicht auf Anhieb weitere Informationen über die Ladestationen ausgegeben, wie beispielsweise Verfügbarkeit, Kosten, Stecker oder Leistung. Dafür benötigt es ein paar weitere Klicks auf kleine Buttons, was während der Fahrt nicht wirklich empfehlenswert ist. Doch für eine sinnvolle Routenplanung sollte man sich ohnehin ein bisschen Zeit nehmen, denn Ladestopps kalkuliert der Fiat 500e ebenso wenig automatisch mit ein, wie einen gewünschten SOC bei Ankunft am Ziel. In Summe reicht das knapp für 3 von 6 Sternen.

Der Verbrauch

Macht sich hier nun die geringe Größe des Fiat 500e bezahlt? Nunja, zur Effizienz gehört schon noch ein wenig mehr als die bloßen Abmessungen. Der Akku verfügt über eine Kapazität von 42 kWh und fällt damit für so ein kleines Fahrzeug relativ groß aus. Er treibt einen 87 kW starken Permanentmagnet-Synchronmotor an, und damit eine der effizientesten Formen von Elektromotoren – das macht sich beim Verbrauch auch positiv bemerkbar. Im Eco-Betrieb (sanfte Fahrweise auf gemischter Strecke) saugt der 500e laut Bordcomputer 13 kWh pro 100 km aus dem Speicher. Der WLTP-Wert liegt bei 14 bis 14,9 kWh.

Der von auto motor und sport ermittelte Testverbrauch liegt bei 15,5 kWh pro 100 Kilometer. Dieser Wert wird über eine Eco-Runde, eine sportliche Runde und eine klassische Pendlerfahrt ermittelt. Es geht sowohl auf die Landstraße als auch in die Stadt und auf die Autobahn. Über eine steigende Geschwindigkeit hinweg, nimmt der Verbrauch angenehm sanft zu. Während bei 40 km/h noch einstellige Verbrauchswerte möglich sind, unterbietet der Fiat 500e selbst bei 120 km/h auf der Autobahn noch einen Wert von 18 kWh pro 100 Kilometer. Für so viel Effizienz gibt es 5 von 6 Sternen.

Fiat 500e Platzierungen im Testfeld

Kategorie

Platzierung im Testfeld

Wert

Erster Platz

Letzter Platz

Testverbrauch

1

15,5 kWh / 100 km

Fiat 500e (15,5 kWh / 100km)

Audi E-Tron Sportback (28 kWh / 100 km)

Reichweite bei Testverbrauch

6

240 km

Tesla Model 3 LR 2021 (440 km)

Fiat 500e (240 km)

Akkukapazität

6

42 kWh

Audi E-Tron Sportback (95 kWh)

Fiat 500e (42 kWh)

Ladeleistung DC bei 20% SOC (Durchschnitt)

4

56 kW

Audi E-Tron Sportback (140 kW)

Opel Corsa-e (44 kW)

Ladetempo für 100 km Reichweite (Durchschnitt)

4

17 min

Audi Q4 50 E-Tron (12 min)

Opel Corsa-2 (26 min)

Reisedauer für 800 Kilometer

5

10 h

Tesla Model 3 LR 2021 (8 h)

Opel Corsa-e (10,5 h)

Sprint von 0 auf 100 km/h

6

8,8 sec

Audi E-Tron Sportback (4,3 sec)

Fiat 500e (8,8 sec)

Gesamtwertung

4

-

Audi E-Tron Sportback

Opel Corsa-e

Die Reichweite

Von den 42 kWh des Akkus sind netto 37,3 kWh nutzbar. Fiat gibt an, dass der 500e damit bis zu 320 Kilometer weit kommt. Im Test von auto motor und sport erreicht der kleine Stromer diesen Wert zwar nicht, doch mit einer Reichweite von 240 Kilometern im Test-Durchschnitt, ist der Fiat wirklich ordentlich unterwegs. Wer ganz sachte aufs Fahrpedal tritt, schafft bis zu 290 Kilometer, bei kontinuierlichen 120 km/h Reisegeschwindigkeit reicht der Saft selbst auf der Autobahn immerhin für 205 Kilometer.

Selbst wenn es noch schneller gehen muss, bricht die Reichweite nicht dramatisch ein (165 km bei 140 km/h). Etwas Vorsicht ist allerdings im Winter geboten, denn eine Wärmepumpe verbaut Fiat schließlich nicht und das bedeutet, dass der Akku in der kalten Jahreszeit einige Zeit in suboptimalen Temperaturfenstern unterwegs sein wird. Das wiederum geht dann zulasten der Reichweite. Am Ende kassiert der Fiat 500e 2,5 von 6 Sterne – ein ordentliches Ergebnis für ein Auto vergleichsweise kleinem Akku.

Ladetempo im Testfeld

Testwagen

Ladetempo (DC)

Platzierung im Testfeld

Audi E-Tron Sportback S (95 kWh)

7,8 km pro Minute

1

Fiat 500e

5,3 Kilometer pro Minute

3

Opel Corsa-e

3,8 Kilometer pro Minute

6

Der Komfort

Beim Autofahren geht es nicht nur darum, wie weit man kommt, sondern auch wie komfortabel man die Zeit zwischen A und B am Steuer verbringt. Gerade im Stadtbereich ist der Fiat 500e angenehm leise. Erst bei höheren Geschwindigkeiten offenbart sich Verbesserungspotential bei der Dämmung,

Über unebene Strecken rollt der Italiener sanft, ohne beim Überqueren von Fugen holzig zu werden. Natürlich ist dabei etwas Bewegung in der Karosse, doch die Elektroversion tritt spürbar komfortabler auf, als die Modellkollegen mit Verbrennungsmotor es je waren. Auch wenn in höheren Preisklassen die besseren Feder-Dämpfer-Systeme arbeiten, erreicht der 500e mit 3,5 von 6 Sternen ein gutes Ergebnis im Komfort-Kapitel.

Die Reisetauglichkeit

Zum Abschluss wartet die Königsdisziplin. Bei der Reisetauglichkeit stellt sich die Frage, wie schnell man als Fahrer wieder Energie ins Auto bekommt, um allzu lange Stopps zu vermeiden. Fiat gibt die maximale Ladeleistung mit 85 kW an, in 35 Minuten soll der Akku bis auf 80 Prozent gefüllt sein. Und im echten Autofahrer-Leben? Wir haben beide Werte überprüft.

Die maximale Ladeleistung geben Hersteller gerne an, doch dabei handelt es sich üblicherweise um eine kurze Spitze, die mit der durchschnittlichen Ladeleistung wenig zu tun hat. So ist es auch bei Fiat 500e. Mit 10 Prozent Reststrom im Akku liegt der Spitzenwert an einer CCS-Schnellladesäule bei knapp 70 kW. Beim Ladevorgang von 20 auf 80 Prozent SOC liegt die durchschnittliche Ladeleistung bei 56 kW. Damit hält der 500e die versprochenen 35 Minuten ein, pro Minute fließen umgerechnet 5,3 Kilometer Reichweite ins Auto. Für die Strecke von 800 Kilometern ergibt sich am Ende eine Reisedauer von zehn Stunden und damit eine Bewertung von 2,5 von 6 Sternen.

Bloch erklärt Elektroauto Supertest Fiat 500e
Fiat / Patrick Lang
Insgesamt erzielt der Fiat 500e im Elektroauto-Supertest eine Bewertung von 3,3 von sechs Sternen.

Der Preis

Die Anschaffungskosten spielen für die Bewertung im Elektroauto-Supertest zwar keine Rolle, doch wir wollen Ihnen die Preise natürlich trotzdem nicht vorenthalten. Die Basisversion mit kleinem Akku (21,3 kWh netto) kostet mindestens 23.560 Euro. Nach Abzug aller Förderprämien bleiben davon noch rund 14.000 Euro übrig. Steckt der große Akku unterm Blech, klettert der Basispreis auf 27.560 Euro.

Fazit

Über alle Kapitel hinweg stromert sich der Fiat 500e zu einem Gesamtergebnis von 3,3 von 6 Sternen im Elektroauto-Supertest von ams-Chefreporter Alexander Bloch. Dass es bei Verarbeitung und Fahrdynamik an Präzision fehlt, macht der Kleinstwagen mit seiner hervorragenden Effizienz wett.