BMW gegen Mercedes
Wie sich die beiden Rivalen aufstellen

Früher waren es die großen Flaggschiffe, die den Erfolg von BMW und Mercedes ausmachten. Heute müssen sich beide Marken auf eine neue Kleinwagenstrategie konzentrieren. Wer ist besser gerüstet? Ein Strategievergleich.

BMW gegen Mercedes
Foto: Chrisitan Schulte

Wahre Liebe ist es nicht: BMW und Mercedes kommen sich zwar immer mal wieder näher, aber so schnell, wie es anfängt, gehen die Kontakte dann auch wieder zu Ende. Fest steht heute nach langem Hin und Her: Es wird keine engere Bindung geben. Beziehungsstress ausgeschlossen also, aber auch die Sicherheit einer stabilen Partnerschaft - so, wie sie der VW Konzern immer intensiver einzugehen versteht.

Deutsch-französische Beziehungen waren immer schwierig

Zehn Marken gegen jeweils drei bei der BMW Group (BMW, Mini und Rolls-Royce) sowie der Mercedes Car Group (Mercedes, Maybach, Smart) zeigen, vor welchen Herausforderungen die beiden Premiumanbieter stehen. Die Bindungsunfähigkeit hat bereits Folgen: Da, wo der dringendste Handlungsbedarf besteht, gehen BMW und Mercedes definitiv getrennte Wege - im Kleinwagen-Segment. BMW-Chef Norbert Reithofer schließt Kooperationen mit anderen Autoherstellern mittlerweile kategorisch aus und will nur noch mit Lieferanten engere Verträge schließen, Mercedes verhandelt immerhin noch mit Renault. Deutsch-französische Beziehungen waren in der Geschichte immer schwierig, aber in diesem Fall könnten sie durchaus sinnvoll sein.

Die Interessenlage von Mercedes ist vielfältig

Beide suchen neue Plattformen im Kleinwagensegment, wo speziell aus Sicht von Renault Handlungsbedarf besteht, weil sich der aktuelle Renault Twingo als Flop erweist. Die Interessenslage von Mercedes ist vielfältiger. Da ist zum einen die Mercedes A - und B-Baureihe, die langsam ihren Kinderschuhen entwächst. Auf Basis der Mercedes B-Klasse wird es künftig eine Familie mit Van, viertürigem Coupé und kleinem Offroader namens BLK geben. Darunter soll aber zusätzlich ein Mercedes A-Klasse-Nachfolger positioniert werden, der mit dem vanartigen Zuschnitt der jetzigen Generation nichts mehr zu tun hat. Im Gegenteil: Trotz Frontantriebs rutscht die Kabine nach hinten, während die Motorhaube sich weit nach vorne spannt. Was dort zur Zeit im Designstudio von Gorden Wagener entsteht, erinnert in seinen Proportionen an den BMW 1er, wobei sich der Styling-Stil mit zwei ausgeprägten Sicken an der Seitenpartie an den der Mercedes B-Klasse anlehnt.

Mercedes A-Klasse-Nachfolger ab 2013

Mit gut vier Meter Länge tritt der Mercedes A-Klasse-Nachfolger ab 2013 im VW Golf- Segment an und soll nicht nur mit dynamischen Fahreigenschaften Beute machen. Auch das Interieur ist nicht wiederzuerkennen: Statt eines ausfahrbaren Monitors gibt es dort einen Flachbildschirm im Stil eines iPhones, der fest installiert ist und die Rolle des Kommunikationszentrums übernimmt. Dreizylindermotoren als sparsame Antriebsquelle sind gesetzt, nur woher sie kommen, ist noch völlig offen. Gelingt der Bund mit Renault, wird der französische Hersteller hier wohl die Entwicklungshoheit übernehmen und Mercedes gleichzeitig die Plattform für ein Auto im Segment um 3,60 Meter Länge übergeben: Ein viertüriger Smart und der nächste Twingo würden sich dann die Basis teilen. Denkbar ist sogar, dass die Mercedes-Variante in einem der französischen Renault-Werke gefertigt würde.

BMW setzt stark auf externe Partner

BMW übt da weiter den Alleingang. Kleine Autos sollen dem so genannten Projekt i entstammen. Den Anfang macht 2014 ein Megacity-Vehicle, das mit einem hohen Anteil an Aluminium und Kohlefaser weniger als 1.000 Kilogramm wiegt und sich ebenfalls über eine Länge von 3,60 Metern strecken soll. Mit einem cW-Wert von 0,23 soll es zudem extrem strömungsgünstig sein. Geplant ist eine ganze Modellfamilie vom 2+2- Sitzer bis hin zu einem kleinen Van. Auf die Frage, ob dieses Megacity-Vehicle das erste Elektro Mercedes A-Klasse-Nachfolgerauto der Marke BMW sein wird, antwortet Vorstandsvorsitzender Norbert Reithofer mit einem "eindeutigen Ja". Beim Elektro-1er, der auf der Detroit Auto Show im Januar debütierte, handelt es sich zunächst einmal um eine Fingerübung - wie auch beim E-Mini, der in Prototypenform in Feldversuchen erprobt wird. Vergleicht man die Zahl alternativer Antriebskonzepte, so hat Mercedes gegenüber BMW die Nase eindeutig vorn, zumal die Technologie mit hohem Know-how intern entwickelt wird, während BMW stark auf externe Partner setzt.

Beim CO2-Ausstoß hat BMW die Nase vorne

In puncto CO2-Ausstoß ist dafür BMW weiter. Die Efficient-Dynamics-Kampagne mit der Einführung der Start-Stopp-Automatik hat eindeutig Früchte getragen. Vergleicht man den Flottenausstoß miteinander, so steht BMW bei 159 Gramm CO2 pro Kilometer, Mercedes (ohne Smart) bei 179 (erstes Halbjahr 2009, Quelle: KBA). Dabei zeichnet sich ab, dass BMW hier längerfristig vor Mercedes rangieren wird. Denn auch die neuen Modelle der nächsten Jahre werden konsequent mit dieser Technik ausgerüstet, während Mercedes aus Kostengründen zurückhaltender agiert. Die nächste Generation des BMW X3 , die im Herbst 2010 anrollt, wird auf jeden Fall mit der Start-Stopp-Automatik bestückt sein.

In puncto Raumkonzepte ist bei BMW noch einiges in petto

Um Abstand zum neuen BMW X1 zu wahren, rollt das Vierzylinder-Basistriebwerk mit 143 PS erst später an. Der BMW X3 wird auf jeden Fall als 35i mit 306 PS starkem Benziner und als 30d mit 245-PS-Diesel erhältlich sein. Die elektronisch gesteuerte Allradtechnik, bei der die Kraft innerhalb von Millisekunden an die Räder verteilt wird, übernimmt er vom BMW X5. Über die Informationen der Radsensoren und die Daten des Stabilisierungssystems DSC reagiert die Technik blitzschnell und verhilft dem BMW X3 dadurch zu hoher Agilität. Obwohl der Mercedes GLK-Konkurrent ab nächstem Jahr im US-Werk Spartanburg gebaut wird, übernimmt er technisch Komponenten der künftigen BMW 3er-Generation, die 2011 in neuer Form an den Start geht. Auch in puncto Raumkonzepte ist bei BMW noch einiges in petto.

Die Mercedes R-Klasse wurde überarbeitet

Im Herbst 2010 startet der Verkauf des BMW 5er Touring, der hinsichtlich seiner Variabilität gewonnen hat. Die Rücksitzbank kann im Verhältnis 40:20:40 umgelegt werden, die Lehne ist zusätzlich in der Neigung verstellbar. Netze, Verzurrösen und spezielle Abdeckung - alles, was den Menschen beim Transport sperriger Gegenstände hilft, ist vorhanden. Die Motorenpalette startet beim 204 PS starken 523i und reicht auf der Benzinerseite bis zum 550i mit 407 PS, die Diesel leisten zwischen 184 und 245 PS. Einen Kombi auf E-Klasse-Basis hat Mercedes bereits im Handel, im Frühjahr 2010 folgt das Cabrio mit dickem Stoffverdeck. Und als Alternative zu den geräumigen BMW-Modellen winkt die Marke mit einer Überarbeitung der R-Klasse, die im vorderen Bereich ungewöhnlich stark ausfällt. Die zierliche Gestaltung der Front weicht dem eckigen Gesicht eines GL, und das steht der Mercedes R-Klasse richtig gut - so gut, dass es interne Stimmen gibt, die sich eine Umbenennung in Mercedes GLR wünschen würden, um dem Crossover einen guten Neustart zu ermöglichen. Technisch bleibt dagegen alles beim Alten.

Neue Mercedes-Motoren gibt es erst ab Herbst

Mit neuen Motoren wartet Mercedes erst im Herbst auf, und zwar in Form neuer V6- und V8-Triebwerke, die zunächst im S Coupé und im Mercedes CLS zum Einsatz kommen. Das viertürige Coupé, bislang unangefochtene Design-Ikone des Hauses, wird sich optisch deutlich verändern. Vor allem der knackige Spannungsbogen der Seitenpartie wird durch weit ausgestellte Radläufe unterbrochen. Auf Basis der Mercedes E-Klasse wächst der CLS etwas im Radstand und bietet den Fond- Passagieren mehr Platz, ohne dabei die Rolle des knapp geschnittenen Viersitzers aufzugeben. Wer mehr Raum benötigt, muss auf das Fließheckmodell Shooting Brake warten - mit dieser Variante hat Mercedes ab Ende 2011 auf jeden Fall die Nase vor BMW.