Die Geschichte des Tests
65 Jahre auto motor und sport

Seit 65 Jahren testet auto motor und sport. Immer wieder wurden dabei innovative Methoden ersonnen, um Autos und ihre Eigenschaften zu beurteilen. Dabei hat die Redaktion häufig Pionierarbeit geleistet. So wurden die Autos stetig besser, aber nicht perfekt, wie die aktuellen Tests zeigen.

VW 1500 Chassis, Testfahrt, Steilwand
Foto: Archiv

Schon die erste Ausgabe von "Das Auto" macht mit einer Themen-Mischung auf sich aufmerksam, die heute kaum aktueller sein könnte: Alternative Antriebe zum Verbrennungsmotor, Spritspartipps für Auto- und Motorradfahrer, neueste Auto-Kreationen – so sagt man damals – mit Leichtbau-Karosserie und nur drei L/100 km Verbrauch, ein ausführlicher Bericht mit einem Allradler und natürlich Rennsport satt.

Kein Autotest in der ersten Ausgabe

Einen Auto-Test sucht man in der Nummer eins allerdings vergebens. Der alternative Antrieb – in diesem Fall die Atom-Energie – lässt uns heute staunen, nicht zuletzt, weil hier völlig arglos Fotos von Atombombentests auf dem Bikini-Atoll zur Bebilderung dienen. Die Geschichte über den Offroader entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Bericht über den Jeep und dessen hervorragende Eignung als Universaltalent in der Landwirtschaft.

Unsere Highlights

Vielfältig ist die erste Ausgabe also in jedem Fall. Ein echter Test lässt jedoch bis 1948 auf sich warten. In der Premiere spielt die NSU Quick die Hauptrolle. Obwohl das Kleinkraftrad in ähnlicher Form bereits seit 1936 gebaut wird. Keine Neuheit also, aber enorm wichtig, um das Nachkriegs-Deutschland zu motorisieren.

Erster Test 1949 - Veritas Coupé

1949 ist es dann endlich so weit: "Der rennerfahrene Herausgeber Paul Pietsch" (Originaltext) testet das Veritas Coupé. Er benutzt schon damals Formulierungen – liegt wie ein Brett auf der Straße –, die im Sprachgebrauch von Autotestern lange Zeit weit verbreitet waren.

Auch Messwerte gibt Pietsch bereits an. Er bremst das Coupé aus 100 km/h in den Stand (nur 62 Meter) und beschleunigt den 55-PS-Wagen auf 149 km/h Höchstgeschwindigkeit. Als Verbrauch für das stromlinienförmige 980-Kilogramm-Fliegengewicht ermittelt er zwölf Liter auf 100 km. Die Testkompetenz wird auto motor und sport offenbar vom ersten Herausgeber in die Wiege gelegt.

Dauertests und Vergleichtests ab 1962

Den ersten Vergleichstest mit Messwerten finden die Leser Ende 1962 im Heft. Der Käfer, damals einfach Volkswagen genannt, tritt gegen Ford 12 M und Opel Kadett an. Einen eindeutigen Sieger gibt es nicht, aber die Erkenntnis, dass der altertümliche VW seinen Konkurrenten vorzuziehen sei, wenn auch nicht in jedem Fall.

Im gleichen Jahr erfindet die Redaktion den Dauertest und schickt einen VW 1500 auf die damals 15.000 Kilometer lange Distanz. Mit einem NSU Prinz 1000 wird sie 1965 auf 50.000 Kilometer gestreckt. 1974 muss ein VW 1302 erstmals über die heute noch gebräuchlichen 100.000 Kilometer fahren und tut dies als "ungewöhnlich preisgünstiger Wagen". Den schlechtesten Dauertest aller Zeiten liefert 1978 ein Citroën CX 2400 ab, der insgesamt 65 Tage lang in der überforderten Werkstatt steht.

Schon früh vergleicht die Redaktion Reifen miteinander und stellt fest, dass nicht alle Fahrwerke voll gürtelreifentauglich sind. Ausgerechnet die zahmen VW-Modelle mit Pendelachse bräuchten spezielle Sportreifen, so die Empfehlung.

Bremsen-Vergleichstest 1972 mit Opel Kadett

Einem Opel-Zwillingspärchen wird die Ehre des ersten Bremsen-Vergleichstests zuteil. Ein Kadett verzögert rundum mit Trommel-, der andere vorn dagegen mit Scheibenbremsen. Das Fazit aus dem Test von 1972: Trommelbremsen sind technisch überholt. Bei Opel hat man es wohl nicht gelesen, denn der aktuelle Corsa beispielsweise verzögert hinten noch immer mit Trommeln.

So manche Kritik verhallt in den Jahren weitgehend ungehört, auch die an der Arbeitsleistung der Auto-Werkstätten. 1982 wird die erste getestet, (Mercedes-Niederlassung in Stuttgart), und das Resümee lautet: Perfektion wird nicht geboten. Das hätte seither unter nahezu jedem Werkstättentest stehen können, obwohl die Service-Experten der Hersteller ebenso lange Besserung versprechen. Darum wird diese Überprüfung auch fester Bestandteil des Test-Portfolios bleiben.

Heizungstest seit 1987

Zähneklappern rufen regelmäßig die Heizungstests hervor, die seit 1987 mit elektronischen Thermometern durchgeführt werden. In der ersten Auflage sind Luxus-Autos wie der BMW 730i sowie Mittelklasse-Modelle vertreten, außerdem der Oldie VW Käfer. Dass er am Ende bibbernde Tester zurücklassen wird, scheint klar. Aber er überrascht mit einer Heizleistung, die jene des Lancia Thema und Renault 21 in den Schatten stellt – von wegen Luft heizt nicht.

In den neunziger Jahren produziert auto motor und sport dann eine Menge Schrott – es ist die hohe Zeit der Crashtests. Da kollabieren Sicherheitszellen (Fiat Croma, Opel Sintra), und gelegentlich züngelt ein Feuerchen im Motorraum (Ford Escort, Audi A3). Als Königs-Disziplin fahren im Partnerschutzcrash große gegen kleine Autos, wobei der winzige Smart der großen S-Klasse erstaunlich gut Paroli bietet. Wenige Jahre vorher sieht das noch ganz anders aus.

Kindersitze waren in den 90ern noch am Zerschellen

Neben den Autos zerschellen auch mehr als 150 Kindersitze im Test. 1992 taugen die wenigsten als Rückhaltesysteme, sie lösen sich beim Crash förmlich auf. Heute sind die meisten Sitze sicher, wozu auto motor und sport viel beigetragen hat.

Sicherheit steht auch beim Ersinnen des internationalen Master-Tests ganz oben im Lastenheft. 16 auto motor und sport-Schwester-Magazine testen gemeinsam eine komplette Autoklasse, was im Ernstfall bis zu 14 Modelle bedeuten konnte. Das Ziel: die Vereinheitlichung der Sicherheits-Ausstattung in allen Nationen und ESP als Standard-Ausrüstung in allen Klassen. Schließlich benötigen gerade die typischen kleinen Fahranfänger-Autos den elektronischen Rettungsanker dringend.

Mit zunehmender Verbreitung von Assistenz-Systemen wie intelligenten Tempomaten rücken auch sie in den Fokus, in aufwendigen Versuchsreihen, mit enormem technischem Equipment werden sie getestet. Ihre Wirkung erscheint vielfach fragwürdig, beispielsweise weil die Systeme nicht in der Lage sind, den gesetzlichen Mindestabstand einzuhalten oder so unsanft regeln, dass man sie lieber abschaltet.

Komplexität machte Bedientests notwendig

Die zunehmende Komplexität der Autos macht darüber hinaus spezielle Bedientests notwendig, in denen sich i-Drive und Co. beweisen müssen. Schließlich dürfen sie nicht unnötig ablenken, damit der Fahrer sich mit dem Geschehen auf der Straße beschäftigen kann. Vor allem in Extrem-Situationen, wie sie das Bremsen auf μ-Split darstellt. Hier wird mit zwei Rädern auf glattem, mit den anderen auf griffigem Untergrund verzögert. Autos ohne ESP brauchen einen schnell reagierenden Fahrer, sonst kreiseln sie von der Straße, wie die Tests zeigen. Aber auch mit ESP ist das Bremsverhalten mitunter kritikwürdig, weil der Anhalteweg viel zu lang ausfällt.

Die jüngsten Zugänge im Testprogramm verzeichnet die Redaktion dank alternativer Antriebe. Denn nun heißt es, die speziellen Stärken und Schwächen von E-Mobilen und Wasserstoff-Fahrzeugen in Einzel- wie Vergleichstests zu untersuchen. Hier lautet immer wieder die Gretchenfrage: Wie groß ist die Reichweite, und wie verändert sie sich mit sinkenden Temperaturen? Spezielle Fahrprofile und Läufe auf klimatisierten Prüfständen geben die richtigen Antworten.

Und so schließt sich der Kreis, denn schon 1946 hat sich die Redaktion auf die Fahnen geschrieben: "... zu allen aktuellen Fragen fachlich Stellung zu nehmen." Das war vor 65 Jahren eine gute Idee und ist es auch immer noch.