Gebrauchtwagen-Check Audi A1
Als Gebrauchter kaum zu bremsen?

Der A1 der zweiten Generation kann als Gebrauchter gewisse Sparmaßnahmen nicht verbergen. Ist der kleinste Ingolstädter dennoch eine solide Alternative im Segment der Premium-Zwerge?

Audi A1 Gebrauchtwagencheck
Foto: Sven Krieger

Was jetzt kommt, ist Meckern auf hohem Niveau. Das erlauben wir uns einfach mal, schließlich sieht sich die Marke Audi auf ebensolchem und verlangt auch entsprechende Preise. Doch der Gegenwert versöhnt für gewöhnlich, dazu später mehr. Jedenfalls ist der A1 einer der teuersten Kleinwagen, wenn nicht der teuerste überhaupt, und übertrifft in dieser Beziehung auch den Mini, der dafür allerdings noch eine halbe Nummer kleiner ist. Und meistens nur dreitürig zu finden.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Karosserie: Keine Dreitürer mehr

Das gibt es beim A1 seit dem Modellwechsel 2018 auf den Typ GB nicht mehr, fünf Türen sind nun Standard und deshalb auch der Name: Sportback. Zusätzlich gibt es eine zweite Version, den Citycarver. Oder Allstreet, wie er seit vorigem Jahr heißt. Das ist exakt die gleiche Karosserie, aber mit etwas größeren Rädern und längeren Federbeinen sowie etwas strafferen Federn um 3,5 Zentimeter angehoben und mit etwas schwarzem Plastik an Radausschnitten und Stoßfängern auch optisch angeSUVt. Wie schon sein Vorgänger teilt sich der A1 eine Plattform mit dem VW Polo – in diesem Fall die Generation 6 mit ihrer MQB-A0-Plattform. Aber Achtung: So geräumig wie ein Polo ist der A1 nicht. Im Vergleich ist er spürbar auf Taille geschnitten und konzentriert sich eher aufs markentypische Design. Gar nicht so markentypisch: Manches an der Karosserie liegt nicht unbedingt auf Premiumniveau. So verlangt die Motorhaube nach dem Öffnen den Griff zur schnöden Haubenstange, wo noch der Vorgänger Lifter besaß. Angerostete Hinterachskörper sind beiden meisten Gebrauchten zwar eher ein kosmetisches Problem, können aber ohne konservierende Maßnahmen durchaus zum echten Mangel werden.

Audi A1 Gebrauchtwagencheck
Sven Krieger

Macht was her, bietet aber nicht so viel Platz wie seine Plattformgeschwister. Mit 335 Litern erreicht der Kofferraum zumindest das Niveau alter Gölfe - das reicht.

Innenraum: Schick, aber auch gut?

Bei näherer Betrachtung fällt auf, was viele Fahrer des GB stört. Es ist die einfachere Verarbeitung im Vergleich zum diesbezüglich über alle Zweifel erhabenen Vorgänger. Wo früher geschäumte Kunststoffoberflächen Haptik-Verliebte in Verzückung geraten ließen, dominiert nun Hartplastik. Bei der beliebten Klopfprobe typischer Audi-Fans fällt der A1 glatt durch. Das ist aber noch nicht alles: Die großen, harten Flächen dienen auch als Resonanzboden für allerlei Knarz- und Schwirrgeräusche. Nicht sofort, aber wenn der A1 die 40.000 Kilometer überschritten hat. Oder wenn die ansonsten vorzügliche B&O-HiFi-Anlage ihre Bässe ins Gebälk jagt und die Türverkleidungen mitscheppern. Auch stören sich viele, die vom älteren Modell aufs neue umsteigen, an lauteren Fahrgeräuschen. Die Messwerte in den Tests bestätigen diesen Eindruck zwar nicht, aber auch dort fiel eine gewisse Hellhörigkeit auf. Verstärkt wird dieser Effekt, wenn sich der variable Ladeboden im Kofferraum in seiner tiefsten Stellung befindet. Denn dann gelangen Außengeräusche durch die Schlitze der Karosserie-Zwangsentlüftung direkt nach drinnen. Worüber wir auch auf niedrigerem Niveau meckern würden. Unseliges Problem vieler moderner VW-Konzernmodelle: Das Infotainment. Bis einschließlich Modelljahr 2020 waren häufige Systemabstürze an der Tagesordnung.

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Sven Krieger

Das Cockpit fühlt sich nicht überall so gut an, wie es aussieht. Gerade geneigte Haptik-Liebhaber sollten das wissen.

Motor: Fast immer gut im Futter

Im Sportback – also nicht im Citycarver bzw. Allstreet – markiert der 40 TFSI das Topmodell, und das gar nicht so selten, ihr Anteil an den Gebrauchten in den einschlägigen Online-Börsen beträgt 9,3 Prozent. Wobei der auch im Golf GTI ansässige und dort erheblich mehr Leistung generierende EA888 kein wilder Reißer ist, sondern ein kräftiger Zieher, sein PS-Maximum liegt bereits ab dieseligen 4.400/min an. Von denen zumindest in den unteren Gängen eine Menge der beaufsichtigenden Elektronik zum Opfer fallen, wenn der Frontantrieb vor den versammelten 320 Newtonmetern kapituliert. Denn Allrad ist im GB leider nicht mehr verfügbar.

Das Gros der A1 muss mit der Hälfte an Leistung auskommen. Über 70 Prozent haben einen aufgeladenen Einliter-Triple unter der Haube, davon etwas mehr als die Hälfte die stärkere Ausführung mit 110 oder 116 PS, der Rest die Basis mit 95 PS. Tipp: Der Aufstieg vom 25 auf den 30 TFSI lohnt sich, dieser wirkt lebendiger. Oder man gönnt sich den 35 TFSI mit 150 PS, wie er auch im Testwagen sitzt. Seine Laufruhe und Sparsamkeit wurden bereits in zahlreichen Tests anderer Konzern-Geschwister gelobt. Im relativ leichten A1 kommen noch ansprechende Fahrleistungen hinzu: nicht so brachial wie beim Zweiliter, aber durchaus uiuiui.

Audi A1 Gebrauchtwagencheck
Sven Krieger

Reicht: Der stärkere Dreizylinder - hier mit abgenommener Motorabdeckung - macht im leichten A1 richtig Laune.

Doch was ist mit den kräftigen und supersparsamen Dieseln? Tja, Geschichte. Weil sich die Kosten für die komplizierte Abgasreinigung bei Kleinwagen kaum wieder reinholen lassen. Und weil ohnehin gilt: "Small car, small profit", wird Audi den A1 bald komplett einstampfen.

Doch wie ist es nun um die Zuverlässigkeit der A1-Motoren bestellt? Grundsätzlich ausgezeichnet, denn der VW-Konzern hat aus der Blamage mit den Vorgängern gelernt, bei denen die Steuerketten oftmals eine kürzere Lebensdauer hatten als ein Satz Reifen. Im A1 werden nun bis 150 PS nur Motoren mit Zahnriemen verbaut. Probleme damit sind nicht bekannt, ein Wechsel nicht vorgesehen. Theoretisch. Denn wenn in der Praxis irgendwann mal die Wasserpumpe undicht wird, darf der alte Riemen nicht wieder montiert werden, und dann ist halt ein neuer fällig. Der Zweiliter treibt seine Nockenwellen mit einer Kette an, das allerdings weitgehend unauffällig. Außerdem besitzt er einen Zahnriemen allein für die Wasserpumpe, der jedoch nicht viel auszuhalten hat.

Nun ist es aber nicht so, dass an den Motoren gar keine Probleme auftreten könnten. Durchaus brisant sind Klappergeräusche nach dem Kaltstart. Denn was vermeintliche Experten in diversen Internetforen als typisches Geräusch hydraulischer Ventilstößel ferndiagnostizieren, können in Wahrheit lockere Schrauben des Nockenwellen-Phasenstellers sein – die einen kapitalen Motorschaden zur Folge haben können. Ebenfalls aufwendig zu beseitigen ist Ölverlust an der Trennfuge zwischen Motorblock und Getriebe. Denn ein neuer Dichtring an Kurbel- oder Getriebeeingangswelle löst das Problem leider nicht, weil das Öl entlang der Befestigungsschrauben des Schwungrads ins Freie sickert. Auch ärgerlich: intern undichte Hochdruckpumpen, die Benzin ins Motoröl gelangen lassen – also unbedingt auf steigenden Ölstand achten!

Eine ganze Reihe von Ursachen kann das Aufleuchten der Motorlampe haben. Im günstigsten Fall ist nur die Betätigung des Ladedruckstellers schwergängig, im schlechtesten haben nachtropfende Einspritzventile des Einliters den Kat durchbrennen lassen. Dazwischen allerlei Software-Problemchen, von defekten oder ganz falschen Motorsteuergeräten bis hin zu gestörten Gaspedalgebern.

Getriebe: Auch DSG ist okay

Das war’s dann aber auch mit dem Antriebsärger, zu den Kraftübertragungen gibt es kaum Klagen. Auch die einst eher übel beleumundeten DSG-Getriebe haben im GB einen hohen Reifegrad erreicht und bieten bis auf gelegentliches Anfahrruckeln guten Schaltkomfort. Probleme sind selten, lediglich die Siebengang-Versionen der schwächeren Modelle leiden meist aufgrund von Userfehlern unter hohem Kupplungsverschleiß – wenn das Auto an einer Steigung per Gaspedal am Zurückrollen gehindert wird. Wandlerautomaten verzeihen das, Trockenkupplungen nicht. Nicht zu vernachlässigen ist aber auch das leichtgängige und dabei recht präzise Schaltgetriebe, mit dem sich der kleine Audi wunderbar auch manuell dirigieren lässt. Der 25 TFSI besitzt fünf Gänge, der 30 TFSI sechs, und die Vierzylinder arbeiten stets mit DSG-Automaten.

Audi A1 Sportback 40 TSFI, Interieur
Achim Hartmann

Ein Automatikwählhebel ist im A1 gar kein so seltener Anblick. Mittlerweile sind die DSG-Transmissionen auch weniger fehlerbehaftet.

Fahrwerk: Lieber Standard als Sport

Der Testwagen, ein frühes Exemplar aus dem August 2019, hat erst 36.000 Kilometer gesammelt und kann im Autohaus Spreckelsen in Stade besichtigt werden. Es ist ein 35 TFSI, also serienmäßig mit Siebengang-DSG verkuppelt, und bietet ansonsten das S-line-Paket sowie einige andere Nettigkeiten. So hoch wie das Ausstattungsniveau ist der Preis: 24.890 Euro stehen bei Drucklegung auf dem Schild. Auf ein Extra hätte sein Neubesteller verzichten sollen: das Sportfahrwerk. Bereits mit der Serienabstimmung ist so ein A1 keine Sänfte, doch mit dem Sportfahrwerk wird es knüppelig. Die hübschen 17-Zoll-Alus stellen an Plattformgeschwistern mit sanfterer Abstimmung keinen Komfortnachteil dar. Auf der Hebebühne empfiehlt sich ein Blick auf die Anschlagspuffer der Stoßdämpfer. Vorn knarzen sie nicht selten, hinten neigen sie zum Zerbröseln.

Audi A1 Gebrauchtwagencheck
Sven Krieger

Mit dem optionalen Sportpaket sticht der A1 knallhart in enge Kurven. Das ist für den Alltag zu heftig, zumal auch das Serienfahrwerk auf der strafferen Seite ist.

Mängel: Viel Kleinkram an der Bremse

Ein Kapitel für sich: die hintere Bremsanlage. Der A1 verfügt an der Hinterachse über Scheibenbremsen. Diese führten in den ersten Baujahren ein Eigenleben, machten sich beim Rangieren mit niederfrequenten Brummgeräuschen bemerkbar. Ein nachträglich am Sattel angeschraubtes Tilgergewicht soll für Ruhe sorgen. Ursache kann aber auch eine schwergängige Feststellbremse sein, auch hier schafft es der Seilzug nicht zurück in die Endlage. Und bei zaghaften Fahrern sowie längeren Abstellzeiten kommt es zu Rostbildung an den Scheiben, die auch die Bremswirkung beeinträchtigen kann.

Audi A1 Gebrauchtwagencheck
Sven Krieger

Neben einer merkwürdigen Geräuschentwicklung muckt die hintere Bremsanlage auch, was die Handbremsmimik angeht. Der Hebel oben am Sattel muss beim Lösen der Feststellbremse ungehindert in die Ausgangsstellung zurückkehren.

Größere Probleme sind dem A1 ansonsten fremd. Die Sache mit der Geräuschkulisse an der hinteren Bremsanlage sollte ab dem Modelljahr 2020 Geschichte sein. Der Antrieb ist grundsolide, von vereinzelten Öl-Leckagen am Turbolader mal abgesehen. Selbst das ehemals recht anfällige Doppelkupplungsgetriebe hat mittlerweile einen hohen Reifegrad erreicht. Nervig sind aber häufig abstürzende und ständig neu startende Infotainment-Systeme, da gilt es, auf den Software-Stand zu achten. Die Motoren hingegen sind aktuell, verfügen sämtlich über einen Otto-Partikelfilter. Was aber viele Kunden wirklich nervt, ist der sicht- und fühlbare Sparzwang. Wo im Vorgänger noch geschäumter Kunststoff dominierte, streichen die Finger nun über Hartplastik.

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Sven Krieger

Akustikfans sollten über eine nachträgliche Geräuschdämmung mit Alubutyl oder ähnlichem Material nachdenken. Nicht selten stören Klappergeräusche die Wonne im Innenraum.

Preise: Gut und teuer

Unter 15.000 Euro geht wenig, dafür gibt’s dann einen 25er mit knapp sechsstelligem Tachostand und Buchhalter-Ausstattung. Wer ein wenig mehr Zug auf der Kette und ein paar Nettigkeiten wie einen Abstandsregel-Tempomaten wünscht, landet schnell im 20.000er-Bereich – viel Holz für so ein kleines und oft schon vier Jahre altes Auto. Achtung außerdem vor extremen Lohnkosten in Audi-Vertragswerkstätten! In der Versicherung liegt der A1 im Kleinwagen-Mittelfeld. Typklassen: Haftpflicht 13–15, Teilkasko 22–23, Vollkasko 19–20.

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Nein, dafür ist er nicht edel genug. Ein Polo tut's auch.Ja, Design und Fahrspaß darf man sich auch im Kleinwagen leisten.

Fazit

Keine Frage, der Audi A1 gehört zu den extra- soliden Kleinwagen. Der ADAC meldet nur hellgrüne Zahlen in seiner Pannenstatistik, und die Überwachungsvereine haben bis auf die hintere Bremse wenig zu kritteln. Doch der letzte Pfiff, der die hohen Preise rechtfertigt, der fehlt. Denn ein vergleichbarer Polo kann alles besser und ist billiger; ein A3 ist kaum teurer und liegt gleich eine ganze Klasse höher. Da muss die Liebe zum A1 schon sehr groß sein.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten