Ob jemand gern Anzug trägt oder sich im feinen Zwirn unwohl fühlt, fällt oft schon auf den ersten Blick auf. Andere machen sowohl im Business als auch in der Freizeit eine gute Figur. Zu Letzteren gehört der seit 2015 gebaute Skoda Superb der dritten Generation. Er wirkt beim Kundenbesuch oder auf dem Messeparkplatz nicht weniger seriös als Dreier, A4 und Co., hat aber dennoch ein großes Herz für die Familie. Und zwar ein wirklich großes! Schon die mit gut zehn Prozent Verkaufsanteil recht seltene Limousine stellt die Ladeabteile der meisten Vertreter-Kombis in den Schatten.
Karosserie: Schlichter Raum
Der vielleicht raumgreifendste Vorteil des Superb bekommt in dieser Kaufberatung das kleinste Kapitel. Warum? Weil es außer dem Lob für das geradlinig-effiziente Design, die blitzsaubere Verarbeitung und den problemlosen Rostschutz einfach nichts zu meckern gibt. Selbst den Plattformbruder VW-Passat übertrifft er im Platzangebot um einige Zentimeter und Literchen. Der Kofferraum ist der epochal großen Mercedes E-Klasse W212 gleichzusetzen. Bei umgeklappten Sitzen passen Besitztümer, Einbauküchen und kleinere Bundesländer im Volumen bis 1950 Liter rein. Stehen die Lehnen oben, sind es stattliche 660 Liter – nur da trumpft der teure Benz mit 695 Litern.
Innenraum: Wie zuhause. Nur größer
Dabei ist der Superb kein reiner Lieferwagen. Beide Sitzreihen bieten Platz auf Oberklasseniveau. Für den Transport von Kindern im Maxi-Cosi-Alter ist allein das schon eine wahre Wohltat. In den komfortablen Vordersitzen mit großem Verstellbereich fühlen sich selbst sehr große Personen pudelwohl, zumal das Mobiliar auch noch mit seinen haltbaren Materialien überzeugt. Bei guter Pflege lässt sich die Laufleistung eines Superb kaum anhand von Scheuerspuren oder dergleichen erkennen.
So viel Lob legt die berechtigte Frage nach dem Qualitätsunterschied nahe, der zwischen Superb und der in der Regel höherpreisigen Konkurrenz liegen müsste. Nun, der Kofferraum ist mit simplem Filz ausgekleidet – da wirken andere edler. Außerdem besitzt die prinzipiell bestens bedienbare Klimaregelung seit dem Facelift 2020 Tasten aus gegossenem Hochglanzplastik. Die sind schlecht ablesbar und fassen sich billig an. Den letzten Rüffel verdient die Bedienung des späten Top-Navis. Ohne Drehknöpfe und mit trägen Touch-Funktionen läutete es den Beginn der Infotainment-Misere im VW-Konzern ein.
Dass wir hier so penibel vorgehen müssen, um drei Schwachpunkte zu finden, zeigt aber eines: Der Superb-Innenraum bietet ansonsten kaum Gründe zum Meckern. An Bord des begehrten Topmodells Laurin & Klement werden die genannten Schwächen mit einer fantastischen Lederqualität ausgeglichen. Unser Superb, ein Sportline von 2021, zeigt hier eine Mischung aus Leder und Alcantara.
Fahrwerk: Gern mit Verstelldämpfern
Zur großartigen Langstreckentauglichkeit trägt neben dem Interieur auch der vorzügliche Federungs- und Geräuschkomfort bei. Je nach Ausstattung verfügt der Superb über eine isolierende Doppelverglasung. Ebenso optional und empfehlenswert: das DCC-Fahrwerk mit Verstelldämpfern. Sie machen auch im Alter selten Probleme, sodass ihre Vorzüge sorglos genossen werden dürfen. Deren Verstellbereich reicht von kuschelweich bis mittelstraff.
In Sachen Haltbarkeit kränkelt das Fahrwerk jedoch mitunter an den Schraubenfedern der Hinterachse. Unabhängig von der Beladung neigen sie in Einzelfällen zum Brechen. Das fällt meist erst bei der Hauptuntersuchung ins Auge. Hier wird auch stets ein strenger Blick auf die hintere Bremsanlage geworfen. "Je nach Fahrstil gibt es große Unterschiede bei der Lebensdauer der Bremse", erklärt Serviceberater Lukas Zimmermann vom Skoda-Autohaus Feser-Joachim in Roth. "Bei sehr ruhigen Fahrern sammelt sich häufig Flugrost auf den hinteren Bremsscheiben. Wer den Wagen dagegen oft durch den Abstandstempomat selbsttätig verzögern lässt, hat hier recht starken Verschleiß, da das System zur besseren Spurtreue hauptsächlich hinten bremst."
Motoren: Dicht müssen sie sein
Für den Superb gilt, was auf viele VW-Konzernautos zutrifft: Obwohl einzelne verschiedene Probleme durchaus vorkommen, gibt es kaum gehäuft auftretende Mängel. Das liegt in erster Linie an der markenübergreifend millionenfach verbauten Technik. Paradebeispiel dafür ist der im Superb meistverkaufte Motor, der 2.0 TDI. Es gibt ihn in Leistungsstufen von 122 bis 200 PS. Auch der 120 PS starke 1.6 TDI ist ein direkter Artverwandter dieser Maschine.
Während beide grundsätzlich als sehr haltbar und sparsam gelten, kommt es vereinzelt zu Problemen im Kühlkreislauf. Neben der mechanischen Kühlmittelpumpe gibt es eine zusätzliche elektrische, die nach dem Kaltstart Kühlmittel von sich schnell erwärmenden Bauteilen zum Heizungswärmetauscher leitet. Diese Pumpe, genauer ihr Magnetschalter, kann ausfallen, sodass die Betriebstemperatur kaum oder nur langsam erreicht wird. Hier wie auch am wasserdurchströmten Ladeluftkühler kann es zudem zu Kühlmittelverlust kommen.
Neben dieser eher selten auftretenden kleinen Schwachstelle sind die Diesel – wie praktisch alle ihre Artgenossen – konstruktionsbedingt empfindlich bei einer schlechten Behandlung des Abgasrückführungs- und Reinigungssystems. Mangelndes Warm- und Kaltfahren auf der Autobahn, zu viel Kurzstreckenverkehr oder abgebrochene Rekuperationsphasen füllen den Rußpartikelfilter und setzen langfristig auch die gesamte Ansaugseite mit Ruß und Verkokungen zu.
Seitens der Benziner lässt sich nicht viel falsch machen. Die trinkfreudigen, wenn auch seidig laufenden VR6-Motoren wurden mit dem Vorgänger eingestellt. Die einst kritischen 1.4 TSI mit Steuerkette sind im Superb III ausgereift, sie nutzen einen Zahnriemen. Bei der Überarbeitung 2018 wuchs der 1.4 mittels längeren Hubs zum 1.5 TSI, dessen 150 PS völlig genügen. Den 2.0 TSI kennt man als Antrieb von VW Golf GTI und R. Anders als bei den Sportlern glänzt er im Superb mit ausgeprägter Laufruhe, die 190 PS reichen auch für schnelles Fahren aus.
Kurz noch zum Superb iV: Das erste Plug-in-Hybridmodell der Baureihe kombiniert einen 156 PS starken 1.4 TSI mit einem 85-kW-Elektromotor, der zwischen Motor und Sechsgang-DSG platziert ist. Die Abstimmung dieses Antriebs ist ausgesprochen gut gelungen. Der Akku befindet sich unter der Rücksitzbank und fasst 14 kWh, was eine rein elektrische Reichweite von rechnerisch 56 Kilometern ermöglicht. Unter einst steuerbegünstigten Erstbesitzern sind die PHEV begehrt, sie werden daher nur selten zum Verkauf angeboten – zum Teil mit unbenutzten Ladekabeln. Darunter leidet dann der Akku.
Getriebe: DSG oder Schaltgetriebe?
Während die Benziner schon ab 150 PS zum DSG verpflichten, gibt es bis 190 PS noch handgeschaltete Diesel. Technisch lässt sich gerade den nass laufenden DSG-Automaten ab 150 PS nicht mehr viel vorwerfen. Dennoch ärgern sie bisweilen mit ruckeligem Schaltverhalten oder trägen Software-Denkpausen. Wer da lieber selbst zum leichtgängigen und präzise geführten Schalthebel greift, ist mitunter harmonischer unterwegs. Beim DSG sollte alle 60 000 Kilometer zugunsten der Langlebigkeit ein Getriebeölwechsel erfolgen. Trotz des vermeintlichen Automatikkomforts sollten sich Anhängerfahrer gut überlegen, ob sie zum DSG greifen. Schon das unbedachte Kriechen im Stau mit Wohnwagen am Haken geht gerade an Steigungen richtig auf die Kupplungsscheiben. Je nach Zuglast, die mit 2.200 Kilo durchaus stattlich ausfällt, sind die Getriebe ab und zu an ihrer Belastungsgrenze. Wer schwere Ladungen gern forsch von Dannen zieht oder ziehen muss (etwa im Gebirge), hat mit einem Schaltgetriebe letztlich die robustere Wahl getroffen – kluges Kuppeln vorausgesetzt.
Mängel: Viel geht nicht schief
Wer nun mit unseren Empfehlungen im Hinterkopf um einen heißen Gebrauchtkandidaten pirscht, dürfte sich fragen, auf welche Mängel grundsätzlich noch geachtet werden sollte. Nun, so ausladend der Superb ist, so kurz fällt die Liste seiner Schwächen aus. Funktioniert die optionale elektrische Sitzverstellung? Gut, denn manchmal streikt deren Steuergerät. Ist die Umgebung der Heckklappendämpfer rostfrei, sind die Scharniere gut geschmiert? Das ist nicht immer selbstverständlich. Reagieren die adaptiven LED-Scheinwerfer mit Matrix-Fernlicht träge oder gar nicht? Das ist leider normal, damit muss man leben. Der Vollständigkeit halber wiederholen wir hier nochmal die Thematik zum Tragbild der Bremsscheiben. Achten Sie auf einwandfreie Bremsscheiben. Das lässt sich ganz leicht von außen überprüfen, idealerweise mit einer kleinen Taschenlampe.
Übrigens, ganz ähnlich sieht die Mängelbilanz des Superb-Plattformbruders VW Passat B8 aus. Auch ihn haben wir uns bereits im Detail angesehen.
Preise: Günstig, nicht billig
Der Superb ist zwar günstig, aufgrund der vielen praktischen Fähigkeiten aber niemals billig. Bei den aktuell etwa 4.500 inserierten Exemplaren beginnen die günstigsten bei rund 15.000 Euro mit unter 150.000 Kilometern. Um 20.000 Euro liegen seriöse Autos mit Restgarantie. Bei nobleren Superb lohnt der Vergleich mit der Neuwagen-Preisliste.
Die Qual der Wahl besteht nicht nur wegen der großen Modellvielfalt ab Werk, sondern auch aufgrund der großen Zahl an Inseraten in unterschiedlichen Kilometer- und Preisregionen. Qualitativ ist wenig zu befürchten, es sei denn, man erwischt einen ungepflegten Kilometerfresser. Je nach Werkstatt kann eine verschlissene Bremsanlage hinten ganz schön ins Geld gehen. Das Gute am großen Angebot: Ein besseres Exemplar ist im Zweifel schnell gefunden. In Sachen Ausstattung ist erlaubt, was gefällt. Wie bei allen Premium-Mittelklässlern sollten Kaufaspiranten aber den höheren Wiederverkaufswert von Autos mit gehobenem Ausstattungsniveau nicht völlig außer Acht lassen – es sei denn, sie wollen den Superb gar nicht mehr hergeben. Hybrid-Fans raten wir beim teuren iV zur Prüfung des State of Health (SOH), also des Akku-Zustands.
Fazit
Es gibt sie noch, die durchweg vernünftigen und praktischen Familienautos, die auch diesseits von SUV und Vans Platz in Hülle und Fülle bieten. Der Superb ist so geräumig, dass auch mit Kindern die Schrägheck-Limousine völlig ausreicht. Das Beste: Er fährt gut und wirkt dabei zeitlos elegant. So sieht man es zumindest bei Skoda, wo man ihn bereits im achten Jahr ohne große Änderungen im Modellportfolio führt – noch so ein Indiz für Reife und Haltbarkeit.
Skoda Superb 2.0 TDI Style | Skoda Superb 2.0 TSI L&K | |
Grundpreis | 38.550 € | 42.350 € |
Außenmaße | 4861 x 1864 x 1468 mm | 4861 x 1864 x 1458 mm |
Kofferraumvolumen | 625 bis 1760 l | 625 bis 1760 l |
Hubraum / Motor | 1968 cm³ / 4-Zylinder | 1984 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 140 kW / 190 PS bei 3500 U/min | 162 kW / 220 PS bei 4500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 235 km/h | 245 km/h |
0-100 km/h | 8,4 s | 7,2 s |
Verbrauch | 4,6 l/100 km | 6,4 l/100 km |
Testverbrauch | 6,9 l/100 km | 9,0 l/100 km |