Gebrauchtwagencheck VW Beetle Cabrio
Sonniges Fahren ohne Kopfschmerzen?

Wir haben uns den VW Beetle der zweiten Generation als jungen Gebrauchten etwas näher angeschaut. Schon rein optisch macht er keinen Hehl daraus, ein reines Genussauto zu sein. Aber ist das Cabrio auch eine Empfehlung?

VW Beetle Cabrio Gebrauchtwagencheck 14/23
Foto: Caroline Jüngling

Versüßt mit einem Cappuccino, bietet sich uns im Boutique-Café Chiceria in der sonnengeküssten Altstadt im mittelfränkischen Roth die perfekte Kulisse zur Cabrio-Kaufberatung. Und obendrein finden wir hier auch das Fotoauto, um das es heute geht – danke fürs Ausleihen! So ein offener Beetle ist genau der richtige Typ für die schöneren Dinge des Lebens. Und das macht er auch mit ein paar Jährchen auf dem runden Buckel noch sehr gut. Seit November 2012 gibt es den ein Jahr zuvor präsentierten Rundling auch als Cabrio. Die offene Version überflügelte mit über 75 Prozent Verkaufsanteil rasch ihren geschlossenen Bruder.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Karosserie: Rund und gesund

Ist im Cabrio immer alles eitel Sonnenschein? Fast – die Karosserie zeigt keine chronischen Mängel, dafür aber einige wenige kleine Unzulänglichkeiten. Die vertrackteste von ihnen besteht in der korrekten Einstellung der rahmenlosen Seitenscheiben. Hier muss alles genau stimmen, also der Übergang zur hinteren Seitenscheibe wie auch zur Verdeckkante, sonst entstehen nervtötende Pfeif- und Windgeräusche. Außerdem können die Scheiben klappern, und das tun sie umso schneller, wenn die automatische Absenkung beim Öffnen der Tür nicht funktioniert. Vermeiden Sie es unbedingt, die Tür an der Scheibe zu öffnen oder zu schließen! Daher rührt häufig unnötiger Verschleiß.

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Caroline Jüngling

Klar, der Beetle ist kein Raumriese, doch dafür ist er mit unter 4,30 Meter Länge auch in der Stadt recht handlich - aber bitte mit Parkpiepsern!

Ansonsten ist das Verdeck nebst Umgebung recht unkritisch und damit ein gutes Beispiel für die Zuverlässigkeit und Praxistauglichkeit moderner Stoffkapuzen (mehr dazu bei den Mängeln). Über eine Taste nahe am Innenspiegel lässt sich das Dach bei Geschwindigkeiten bis 50 km/h während der Fahrt öffnen und schließen. Kleiner Wermutstropfen: Die Persenning, die das geöffnete Verdeck in dessen offenem Kasten umhüllen soll, ist eine relativ fummelige Angelegenheit. Da sie auch keine sicherheitsrelevante Funktion hat, bleibt sie nicht selten zu Hause oder im Kofferraum. Achten Sie aber beim Gebrauchtkauf trotzdem darauf, dass sie vorhanden ist.

Innenraum: Richtig wertvoll

Spöttisch könnte man den ersten Blick aufs Interieur damit abtun, dass das Auge aufs Up-Kombiinstrument, sowie auf Schalterware auf dem Golf 6 fällt. Schnöde? Nee! Die simplen Instrumente zeigen alles Notwendige und fügen sich hübsch ins Gesamtbild ein – und dass der Golf 6 nicht nur hochwertig daherkam, sondern auch in der Bedienung mühelos seinen aktuellen Enkel abwatscht, ist ebenfalls kein Geheimnis. Darüber hinaus ist das Innere des Beetle nicht nur klasse verarbeitet, sondern auch noch stilsicher gezeichnet – das gilt auch für eher dürftig ausgestattete Exemplare.

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Caroline Jüngling

Gestepptes Leder, lackierte Zierteile und das bestens bedienbare Navi zeugen von der guten Ausstattung unseres Fotoautos. Die erstklassige Verarbeitung und die kultig-tiefe Sitzposition sind aber serienmäßig.

Unser 2016er-Highline-Modell mit Exclusive-Ausstattung besitzt dagegen vieles, was in Sachen Extras möglich war. Die feinen Nappaledersitze liegen auf Oberklasseniveau, das Top-Navi Discover Media zeigt, wie mühelos sich ein VW einst bedienen ließ, und die hübschen 18-Zöller füllen die großen Radhäuser. Theoretisch ginge sogar noch mehr Detailverliebtheit: Alufelgen in Käferoptik ließen sich farblich auf den Karosserielack abstimmen und trugen verchromte Radkäppchen. Die lackierten Innenraumzierteile waren in allen erdenklichen (Wagen-)Farbkombinationen bestellbar; je nach Ausstattung war sogar eine Ambientebeleuchtung mit Farbwechselfunktion zu haben. Ihre Illumination reichte bis in die Tieftöner der gegen Aufpreis stattlich drein tönenden Fender-Audioanlage.

Motor: Achtung beim TSI!

Für gemächliche Ausflüge ins Café genügt schon der 1,2-Liter-Basisbenziner mit 105 PS. Wer jedoch zügig vom Fleck kommen möchte, spürt, wie sich der kleine Turbomotor abmühen muss. Eine gute Allround-Empfehlung ist der VW-Dauerbrenner 1.4 TSI mit 150 PS wie im Fotoauto. Er dreht flockig hoch und kommt fast spielerisch mit dem Leergewicht von gut 1.400 Kilogramm zurecht. Noch druckvoller geht der Zweiliter-Turbo mit bis zu 220 PS ran, der mit einem künstlich erzeugten, dezenten Boxersound für nostalgische Käfergefühle sorgt. Seltener trifft man auf die 1.6- und 2.0-TDI-Diesel. Die sind sparsam, robust und klanglich unauffällig.

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Caroline Jüngling

Wer sich für einen 1,2er- oder 1,4er-TSI entscheidet, muss darauf achten, einen EA211 zu erwischen - das Baumuster ab 2014. Kontrollieren Sie im Zweifel genau, um welchen Motor es sich beim Wunschexemplar handelt.

Nach diesen Kriterien erweist sich unser Fotoauto mit dem 1.4 TSI technisch als echte Empfehlung – auch weil es sich um die neue Generation des Motors handelt (Kürzel EA211), die dank ihres Zahnriemens nicht mit den Steuerkettenproblemen des bis 2014 eingesetzten Vorgängertriebwerks EA111 (160 PS, Aufladung mit Turbo und Kompressor) kämpft. Auch der 1.2 TSI hat seit 2014 einen Zahnriemen, der keine Probleme macht, sofern er nach 210.000 Kilometern erneuert wird. Von den früheren Exemplaren raten wir streng ab.

Getriebe: Am liebsten ein Schalter

Generell empfehlen wir die sehr leichtgängig und präzise zu bedienenden Schaltgetriebe anstelle der optionalen DSG. Die Doppelkupplungsautomatik erledigt ihre Arbeit bekanntlich oft gefühlsarm und ist nicht immer dauerhaltbar. Zugegeben, kaum jemand dürfte den Beetle zum Hängerziehen nutzen, und gerade die Cabrios kriechen nicht täglich mit schleifender Kupplung durch den Stau im Berufsverkehr. So dürften die Doppelkuppler zumindest technisch kein allzu großes Problem sein. Warum wir dennoch zum Schalter raten, liegt an der wunderbaren Leichtigkeit, die von den bei VW einst typischen extrahandlichen Schaltgetrieben ausgeht. Auch die Ganganschlüsse passen hervorragend.

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Caroline Jüngling

Am schönsten fährt der Beetle, gibt man selbst den Ton an. Das Schaltgetriebe flutscht so leicht, dass seine Benutzung eine wahre Wonne ist.

Fahrwerk: Alter Bekannter

Beim Fahren scheint die gute Golf-VI-Basis positiv durch: leicht straff, aber komfortabel und mit hohen Reserven ist man im Beetle unterwegs. Die recht steife Karosserie kennt bei normaler Fahrweise kaum spürbare Verwindungserscheinungen, sodass auch eine flotte (aber nicht wirklich sportliche) Fahrweise durchaus Laune machen kann. In dieses Lied stimmt auch die Lenkung ein, die zwar nicht zu den mitteilsamsten Richtungsweisern gehört, dafür aber sehr leichtgängig und präzise arbeitet. Im Zusammenspiel mit den meist recht großen (und breiten) Rädern entsteht ein unaufgeregter Fahreindruck mit hohen Haftungsreserven und einer Mischung aus gutem Komfort und etwas Straffheit. Dank der fast spielerisch leichtgängigen Lenkung wirkt der Beetle zudem handlich und agil. Im Heck sitzt stets die Mehrlenkerachse, die einen guten Teil zu hohen Spursicherheit beiträgt. Nicht wundern, wenn ihre Einzelteile von einer unschönen Flugrostschicht überzogen sind – das ist (leider) relativ normal. Wer ein gutes Exemplar besitzt, kann es hier binnen Minuten mit Sprühwachs vor Korrosion schützen – nur bitte nicht die Bremse einnebeln!

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Caroline Jüngling

Gut, aber optisch angefressen: Fahrwerksteile wie hier an der hinteren Radaufhängung zeigen nicht selten recht starken Flug- und Kantenrost. Das ist (noch) kein großes Problem, lässt sich aber gut und leicht beheben.

Mängel: Nicht viel los

Vor den frühen TSI-Modellen mit Zeitbomben-Steuerkette haben wir bereits gewarnt, vom Flugrost an Fahrwerksteilen berichtet. Und sonst? Nun, der Beetle verfügt über eine doppelte Schwellerfalz. Ungeschickte Schrauber nutzen fälschlicherweise die Äußere, um den Wagen anzuheben. Diese ist jedoch nicht für punktuelle Belastungen ausgelegt und nimmt solche entsprechend krumm.

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Caroline Jüngling

Vorsicht vor den gedoppelten Schwellerkanten. Bei Falschbehandlung können sie unschöne Schäden und folgerichtig auch Rost aufweisen. So wie hier sollten sie im Normalfall aussehen.

Und sonst? Nun, der Beetle ist, wie schon erwähnt, kein Leichtgewicht. Das zeigt sich auch daran, dass diverse Fahrwerkskomponenten schon knapp vor 100.000 Kilometern Laufleistung zu verschleißen beginnen. Da die aufwendige Mehrlenkerhinterachse bei allen Motorisierungen an Bord ist (wie beim Plattformspender Golf VI), gibt es davon auch hinreichend viele. Pressteile wie Quer- und Längslenker hinten neigen zudem zum Kantenrost. Jedoch kosten die Ersatzteile nicht die Welt (der Gleichteilestrategie sei Dank) und lassen sich in jeder versierten Werkstatt günstig tauschen.

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Caroline Jüngling

Wer das Verdeck im Betrieb kurz anhält, kann selbst einen Blick auf seine Lagen richten. Zwischen dem äußeren Stoff und dem glatten Innenhimmel steckt eine dicke, wasserdichte Gummischicht mit kuscheliger Geräusch- und Wärmedämmung.

Zu oft wird Stoffdächern mit Sorge begegnet. Offenbar geht es um Winterfestigkeit, Pflegebedarf und möglichen Verschleiß, der viele abschreckt. In Wahrheit sorgen moderne Textildächer kaum noch für Probleme. Sie sind auch bei Schnee gemütlich, dicht und dabei dicker gefüttert als jedes Blechdach, vertragen selbst Autowaschanlagen klaglos und halten viele Jahre. Übermäßige Windgeräusche bei geschlossenem Dach sind heutzutage kaum noch ein Thema. Wichtig ist eher ein prüfender Blick auf den einwandfreien Zustand des Stoffverdecks. Ist es frei von groben Verschmutzungen, und klappt es mechanisch einwandfrei auf und zu, sind auch keine Schäden am ohnehin robusten Stoff zu befürchten. Prüfen Sie nicht nur das geschlossene Dach auf Druck- und Scheuerstellen, sondern beobachten Sie, ob alles sauber gefaltet wird. Sind die Wasserabläufe des Verdeckkastens frei von Schmutz und Laub? Durchgegossenes sauberes Wasser muss ungehindert am Wagenboden austreten. Hier unten zeigen sich oft auch verstärkte Schweller oder andere Cabrio-Versteifungen. Sind sie frei von Aufsetzer-Schäden? Vorsicht ist bei heftigen Tieferlegungen geboten, denn zu viel Härte klopft die Karosserie weich.

Preise: Viel Auto fürs Geld

Die ersten gepflegten Cabrios finden sich bereits für knapp 13.000 Euro, dort liegt man am unteren Ende der VW-typisch großen Vielfalt. Natürlich lässt es sich auch mit wenig Motor und Ausstattung angenehm flanieren. Dafür sorgen die hochwertige Verarbeitung und die feinen Details wie das kultige Interieur, die Mehrlenkerhinterachse und nicht zuletzt das serienmäßige elektrische Stoffverdeck, das mit hoher Fertigungsqualität überzeugt. Das nun hinlänglich erläuterte Verwöhnpotenzial des Beetle darf aber sehr wohl gern genutzt werden. Ab 18.000 Euro werden sie richtig schick und junge Full-House-Exemplare liegen knapp über 20.000 Euro.

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Klar, die sind mittlerweile problemlos alltagstauglich.Nein, das ist mir dann doch zu unpraktisch.

Fazit

Wer sagt denn, dass die schönen Dinge im Leben auch immer ihre Schattenseiten haben? Der Beetle ermöglicht sonniges Fahren ohne Kopfschmerzen. Leisten Sie sich bei Autos vor 2014 anstelle der EA111-Problemmotoren den spaßigen GTI-Motor mit mindestens 200 PS. Bei späteren Baujahren können Sie nach Gusto zugreifen. Bitten Sie nur Ihre Mitfahrer, die Tür am Blech zu schließen!

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten