Meinung: Pro & Contra SUV
Eine "groß"artige Erfindung?

Politisch korrekt werden große SUV in diesem Leben nicht mehr. Jörn Thomas erfuhr dennoch Zufriedenheit an Bord eines X6. Jens Dralle mag es lieber leicht und locker.

Jörn Thomas, Jens Dralle, BMW X6
Foto: Hans-Dieter Seufert

Jörn Thomas steht auf carvende Allrad-Elefanten

Okay, ich bin nicht wirklich stolz drauf. So wenig wie darauf, jahrelang "Miami Vice" geguckt zu haben und regelmäßig Schweine zu essen, obwohl die doch so klug sind. Aber: Dicke Dinger sind manchmal einfach toll. Also die SUV mit Allradantrieb. Stimmt, kein Mensch braucht sie zum Überleben, aber spätestens die Rückfahrt von der verschneitesten Schneegeschichte, die wir je erlebten, überzeugte mich. Schon das Herumtollen auf dem spiegelglatten, flockenbedeckten Parcours verschaffte großes Vergnügen.

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Wenn dieser hochbeinige Leicht-Lkw zornig anschiebt, sich, ohne sich lange anzustellen, anstellen lässt und quer wie Bolle aus dem lang gezogenen Eck herausstaubt. Ein wenig Verstand und/oder elektronische Hilfe gehören natürlich dazu, denn wenn so ein wild gewordener Allrad-Elefant mal ausbüxt, schlägt er eine Schneise bis Lappland. Und jetzt mal sachlich: Unter solch zugegeben seltenen Starkschneebedingungen ist es ein Vergnügen, erhöht zu sitzen und bei beheiztem Hintern und Händen von einem 740- Newtonmeter-Diesel durch die weiße Wüste getragen zu werden.

Traktion hat der Brummer eh, sein bleiernes Gewicht und der Blick aus dem ersten Stock ergeben ein Gefühl der Sicherheit. Dort, wo andere durch den weißen Nebel stochern, navigiert man vorausschauend mit Fernsicht. Fahrspurwechsel, mit einem leichten Auto bei quasi gespurter Piste eine kitzlige Angelegenheit, laufen mit trockenen Handflächen. Sogar Fahrspaß ist drin, die trickreiche Kraftverteilung ist weiten Schwüngen beim Speedcarving auf der Landstraße zugetan.

Na, lieber Jens, und wenn die dicken Bollen auch noch zum Überleben federleichter Dynamik-Preziosen beitragen, umso besser. Und jetzt wird es Zeit fürs Mittags-Schnitzel.

Jens Dralle mag SUV - solange er sie nicht fahren muss

Ja, Jörn hat recht, absolut, uneingeschränkt – SUV zählen zu den großartigsten Erfindungen der Automobilgeschichte. Weshalb? Dadurch, dass sie fleißig gekauft werden, ermöglichen sie den Herstellern, nebenbei noch ordentliche Autos zu bauen. Und: Dadurch, dass sie gekauft werden, seit Jahren, von einer Gesellschaft, die wie besessen über jeden Zehntelliter Mehrverbrauch diskutiert, wissen wir endlich: Uns geht es gut. Nur so am Rande: Der Index cw x A, wichtiges Kriterium für den Verbrauch, beträgt beim BMW X5 xDrive 35i 0,88, bei einem 535i Touring xDrive 0,71.

Also hört auf mit dem Gejammer. Abgesehen davon: Ein Sicherheitsgefühl allein bedingt durch eine hohe Sitzposition brauche ich nicht. Sicherheit durch ein ordentlich konstruiertes Fahrwerk reicht mir völlig. Und Allradantrieb? Nun, dass in unserer Schnee-Geschichte ausgerechnet der Porsche Cayman sich derart tapfer durchwühlt, war nicht unbedingt absehbar. Er zeigt jedoch: Passen Gewichtsverteilung, Fahrwerkskonstruktion und Reifen zusammen, muss sich niemand vor winterlichen Straßenverhältnissen fürchten.

Natürlich kommt ein allradgetriebenes Fahrzeug weiter. Hätte ich die Wahl, würde ich mir auch eines aussuchen, einen Kombi vermutlich. Dann bliebe mir immer noch – um beim wirklich rein zufällig gewählten BMW-Beispiel zu bleiben – ein Gewichtsvorteil von 164 Kilogramm. Zusammen mit dem niedrigeren Schwerpunkt bedeutet das einen erheblichen Zugewinn an Fahrspaß. Und zwar jeden Tag, nicht nur bei Winter-Apokalypse. Jörn, dir sei die Freude am SUV gegönnt. Damit sicherst du mir meine Gaudi – und, weil ja jeder einen SUV will, die individuellere Form des Autofahrens obendrein.