Walter Röhrl zum 77. Geburtstag
Alles Gute, Walter

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Er ist immer noch da, er ist immer noch schnell, er ist immer noch ein Riese. Walter Röhrl ist 77. Schon?

Es ist schon irgendwie seltsam, einerseits gibt er uns das Gefühl, er sei schon immer da gewesen, andererseits kommt es uns gar nicht so vor, als ob er altern würde. Es ist im Sommer 37 Jahre her, dass der einst beste Rallyefahrer der Welt der Weltmeisterschaft den Rücken kehrte, gefühlt ist er immer noch aktiv. Früher wollte er am liebsten seine Ruhe haben, heute freut er sich, wenn es zuweilen noch ein bisschen Rummel gibt. Sie hauen ihm immer noch auf die Schultern, die Engländer und Italiener, weil er für sie Gott ist, und auch die Deutschen, weil er der einzige ist, den sie je hatten.

Unsere Highlights

Wir wollen nicht undankbar sein: Armin Schwarz hielt sich 14 Jahre in der Rallye-WM, und seit den späten 80er-Jahren gab es immer wieder mal talentierte Teutonen, aber es fehlte immer an Geld, an Rückenwind oder auch am Biss, um es ganz nach oben zu schaffen. Und je länger die Zeiten vorbei sind, als der Rotblonde aus Regensburg unter deutscher Flagge die Weltspitze aufmischte, desto größer wird sein Monument. Erst mit der immer noch wachsenden Durststrecke realisieren wir, was der Röhrl eigentlich geleistet hat. Schon vor einigen Jahren schüttelte er selbst den Kopf über die deutsche Rallye-Landschaft: "Wenn es immer noch um mich geht, dann stimmt doch was nicht." Der Längste war er sowieso. Marcus Grönholm ist 1,91 Meter hoch, Röhrl überragt den ebenfalls zweimaligen Weltmeister um weitere fünf Zentimeter.

Fluch für die Jugend

Er selbst kann nichts dafür, aber es war auch sein übermächtig langer Schatten, der bei manchen Jungen Größeres verhinderte. Wer noch keinen Flaum am Kinn, aber schon eine Bestzeit in der Zeitenliste hat, wird hierzulande sofort als möglicher neuer Röhrl verkauft und kurz danach fallen gelassen, wenn er nicht aus dem Stand die Welt niederreißt, was bei der heutigen Leistungsdichte und Professionalität gar nicht möglich ist.

Damals rang man eher um Minuten als um Sekunden, hielten die Autos eher selten, unterschiedliche Konzepte boten mal dem einen, mal dem anderen Vorteile. Und wenn wir uns der wahren Größe des Walter Röhrl nähern wollen, dann schauen wir uns nicht die allseits bekannten Meilensteine in den Annalen an, die zwei Weltmeistertitel und die vier Monte-Carlo-Siege, wir greifen uns die Momente heraus, für die es bis heute eigentlich keine vernünftige Erklärung gibt.

Opel Ascona A
McKlein
Walter Röhrl mit dem Opel Ascona in Großbritannien.

Wir könnten 1972 anfangen, als bei der mit Weltstars gespickten Olympia-Rallye auf deutschem Boden mit einem Ford Capri ein doch stadtbekannt untaugliches Sportgerät die Rallye anführt, und Reporter-Legende Herbert Völker diesen bayerischen Provinzdrifter in der Zeitenliste wegen eines vermeintlichen Minutenfehlers nach unten schubst, bis er realisiert: Dieser Herr Röhrl, der meint das ernst.

Der EM-Titel 1974 und der erste WM-Sieg im Ascona A 1975 in Griechenland waren schon bemerkenswert, aber noch viel mehr, dass Röhrl schon 1973 auf gleichem Auto drauf und dran war, das bis dahin höchste Fahrer-Prädikat zu gewinnen, dank der Ölkrise und der Absage der zweiten Saisonhälfte rettete sich ein gewisser Sandro Munari in der Tabelle über die Ziellinie.

Überhaupt Munari. Vier Monte-Carlo-Siege sind aller Ehren wert, aber 1976 gewann die Diva aus Cavarzere nur, weil Sportchef Fiorio Teamkollege Björn Waldegaard zurückpfiff. Das eigentliche Ereignis hinter drei übermächtigen Stratos aber war Röhrl auf seinem 180 PS schwachen Gruppe-2-Kadett, mit dem er bergauf Minuten verlor, um im Tal nur wenige Sekunden nach den Raketen aus Turin durch die Lichtschranke zu fliegen. Munari gestand: "Der wahre Sieger ist Röhrl." Der war auch als Vierter hochzufrieden. Röhrl, der ewige Haderer und Grantler, hatte zum ersten Mal sein eigenes großes Ziel erreicht: eine Rallye ohne jeden Fehler. Perfektion.

Überragend ohne Chance

Wenn es ein Wochenende gibt, das er auf die gleiche Stufe stellen würde, dann an gleicher Stelle im Quattro. Nein, nicht der große Sieg 1984, wo er dem bis dahin besten Schneedrifter und Allradspezialisten Stig Blomqvist den Schneid abkaufte, wir reden von 1987. Wieder kein Sieg, sondern ein dritter Platz hinter zwei oberfaulen Lancia Delta. Die Italiener hatten es mit der geforderten Seriennähe in der neuen Gruppe-A nicht so genau genommen. Mazda-Sportchef Achim Warmbold hatte schon vor der Rallye Protest angekündigt.

Röhrl bot mit einem 240 PS schwachen und 1,5 Tonnen schweren 200 Quattro den 280 PS starken Lancia Paroli und war sicher: "Das wird mein fünfter Monte-Sieg." In der Sitzung der Offiziellen hockten ein Franzose und sechs Italiener. Die Abstimmung lautete 6 : 1 gegen die Disqualifikation der Lancia. Es dauerte eine Weile, bis Röhrl darüber lachen konnte.

Es ist schade, dass die schlaffen Gruppe-A-Autos und der Audi-Rückzug den Langen zum Rücktritt brachten. Wir und zuweilen auch er selbst hätten gern gesehen, was sonst noch so drin gewesen wäre. Immerhin: Er ist ja präsent wie eh und je, tobt beim Rallye-Festival in der Eifel auf Asconas und Elfern herum, lehrt Novizen im Porsche auf der Nürburgring-Nordschleife das Fürchten und fährt im Quattro noch vor wenigen Wochen bei der Histo-Monte durch die Schlucht von Aiglun.

Was soll man noch sagen, was nicht schon tausendmal gesagt und geschrieben wurde? Herzlichen Glückwunsch. Lass es dir gut gehen, bleib noch lange da.

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Motor Klassik 05 / 2024
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Erscheinungsdatum 11.04.2024

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