VW Scirocco GT II Restaurierung
Traum-Scirocco für kleines Geld

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Geschafft: Kerstin Gerriets hat mit viel Aufwand ihrem alten VW Scirocco GT II zu einem neuen Leben verholfen – sie wollte sich nicht von ihm trennen. In rund 6 Monaten restaurierte sie ihr persönliches Traum-Sportcoupé mit viel Eigeneinsatz und einem Budget von rund 6.000 Euro. Heraus kam ein Scirocco II in seltem guten Zustand.

VW Scirocco GT II, Frontansicht, Kerstin Gerriets
Foto: Fact

Wenn Frauen shoppen gehen, bringen sie normalerweise Schuhe mit nach Hause, mitunter auch Kleider oder Kosmetika. Die Einkäufe von Kerstin Gerriets aus Castrop-Rauxel sahen eine Zeit lang völlig anders aus: ein Kotflügel, eine Gummimanschette für ein Lenkgetriebe oder Ähnliches. All das benötigte sie nämlich, um ihren geliebten VW Scirocco wieder in neuem Glanz auferstehen zu lassen.

„Schon in meiner Jugend fand ich den Scirocco schön, besonders das Heck gefiel mir sehr“, schwärmt die gebürtige Friesin. Kein Wunder, dass sie sich solch ein Auto später kaufte. Es wurde ein Sondermodell Scala, das sie gebraucht und günstig bekommen konnte. Doch eine Dauerbeziehung wurde daraus nicht, denn mit der Zeit störten sie diverse Dinge: „Keine Servolenkung, kein Schiebedach, die rote Innenausstattung und ein Rostloch oberhalb der Rückleuchte.“ Als dann auch noch ein anderer Verkehrsteilnehmer die Front des Wagens ramponierte, schien die Zeit der Trennung gekommen.

VW Scirocco für kleines Geld

Auf E-Bay entdeckte sie kurz vor Weihnachten 2004 eine mögliche Alternative: einen schwarzen VW Scirocco II GT in der Nähe von Jever. Da sie ohnehin ihre Familie in Friesland besuchen wollte, nahm sie die Gelegenheit wahr und schaute sich den Wagen zusammen mit einem Bekannten an.

„Dieser Scirocco war im Prinzip genau so, wie ich ihn haben wollte“, erzählt die junge Frau. Okay, er hatte etliche Vorbesitzer, von denen zumindest einer irgendwelche Spielereien wie einen Dimmer für die Innenraumbeleuchtung eingebaut hatte. Der Pflegezustand des VW Scirocco II GT ließ zu wünschen übrig, aber die Karosserie präsentierte sich in einem guten Zustand.

Kleine Defekte bis zum Ausfall eines Bremskreises

Und da dieses Exemplar für kleines Geld zu haben war, entschied sich Kerstin spontan zum Kauf. Allerdings kam danach zunächst keine Freude auf. Aufgrund eines defekten Hauptbremszylinders fiel ein Bremskreis des VW Scirocco II GT aus, was beinahe unangenehme Folgen gehabt hätte.

Es folgten weitere technische Defekte, sodass erst einmal Schrauben angesagt war, wobei Kerstin auf die Hilfe eines versierten Mechanikers im Freundeskreis bauen konnte. So mancher Euro floss in der kommenden Zeit in die Instandsetzung. Die größten Ausgaben waren fällig, als im Rahmen einer Reparatur die Hinterachse des VW Scirocco II GT ausgebaut wurde, um Rostschäden im Bereich des Tankrohrs zu beseitigen und den Benzintank zu erneuern.

Scirocco-Schlachtauto im Tausch gegen eine Kiste Bier

Zwischenzeitlich beschäftigte sich Kerstin etwas intensiver mit der Scirocco-Szene. 2007 trat sie dem Scirocco Club Köln e. V. bei, dessen Zweite Vorsitzende sie mittlerweile ist. Beim Ersten Vorsitzenden, Peter Ilse, stieß sie auf offene Ohren, als ihr vor drei oder vier Jahren der Gedanke kam, ihren VW Scirocco II GT zu restaurieren. Grund war die eine oder andere unschöne Roststelle, die sich am Scirocco-Kleid abzeichnete.

„Wenn wir den Wagen restaurieren, dann aber richtig“, entschied Peter Ilse, weshalb das ganze Projekt erst einmal auf Eis gelegt wurde, denn Kerstin musste noch ein wenig sparen. Wenn sich allerdings eine günstige Gelegenheit ergab, um schon mal Ersatzteile zu beschaffen, nutzte sie diese. „So konnte ich zum Beispiel für einen Kasten Bier einen VW Scirocco zum Ausschlachten ergattern“, erzählt sie. Kurzerhand funktionierte sie zwei Garagen in Schatzkammern um, in denen sie erbeutete Teile lagerte.

Im September 2013 war es dann endlich so weit, die Restaurierung konnte beginnen. Vorschläge anderer VW Scirocco-Fans, den Wagen technisch zu optimieren oder aufzurüsten oder an der Karosserie Veränderungen vorzunehmen, schlug sie energisch in den Wind: „Ich will einen Scirocco und keine Bastelbude.“

Erster Schritt: Komplettdemontage

In einer ziemlich engen Garagenbox begann sie mit Peter, ihren VW Scirocco zu zerlegen. Alle Anbauteile wurden demontiert, der Innenraum bis auf das Armaturenbrett leer geräumt, Motor und Getriebe ausgebaut. Anfallende Schweißarbeiten sollte ein Fachbetrieb übernehmen, doch einen zu finden, war gar nicht so einfach. „Der erste Betrieb war zu teuer, und der zweite hatte kein Interesse“, erinnert sich die Scirocco-Besitzerin.

Erst im dritten Anlauf hatte sie Glück. Die beauftragte Firma holte den VW Scirocco II GT Anfang Dezember bei ihr zu Hause ab, schweißte dann eine gebrauchte, vom Schlacht-Scirocco stammende Front und einen neuen hinteren Radlauf ein. Ferner mussten Bleche im Bereich der B-Säule und des Scheibenrahmens beim Windlaufblech eingesetzt werden.

Teile vom Schlachtauto

Ersatz für die verrostete Heckklappe kam ebenfalls von Kerstins Schlacht-Scirocco. Einen gut erhaltenen Vorderkotflügel hatte sie auch noch auf Lager, während sie einen zweiten Kotflügel durch einen Aufruf im Internet aufspüren konnte. Den Kotflügel hätte es zwar noch neu gegeben, „aber dank der lebendigen VW Scirocco-Szene kommt man oft an günstige Teile“, weiß Kerstin.

Während die Karosserie in Arbeit war, kümmerte sich Peter um die Technik des VW Scirocco II GT. Der Vierzylindermotor hatte mittlerweile rund 329.000 Kilometer hinter sich. Peter zerlegte ihn und ersetzte viele verschlissene Teile wie die Lagerschalen, die Ventilschaftdichtungen, den Zahnriemen und etliches mehr.

Er strahlte den Motorblock und lackierte ihn schwarz, der Leichtmetallzylinderkopf wurde penibel gereinigt. Die Bosch-Einspritzanlage des VW Scirocco-Triebwerks erfuhr ebenfalls eine intensive Überholung, die Einspritzdüsen kamen neu, genau wie viele Kleinteile.

Viel Eigenarbeit steckt in dem VW Scirocco

Kerstin übernahm dabei die Rolle des Handlangers und kümmerte sich um die optische Aufarbeitung aller im Motorraum verbauter Komponenten. Einige Teile wie den Ventildeckel ihres VW Scirocco II GT lackierte sie zu Hause auf ihrer Terrasse. Da es mittlerweile Winter geworden war, verlegte sie so manche Arbeit von der kalten Garage in die Wohnung. Zum Beispiel das Entfernen der Klebereste an den Radlaufverbreiterungen mit einem Cuttermesser – ein Geduldsspiel und gefährlich: zweimal schnitt sie sich dabei in den Finger.

Auch anfallende Sattlerarbeiten nahm sie selbst in die Hand. Um den durchgesessenen Fahrersitz wieder aufzumöbeln, nutzte sie das Innenleben aus dem Beifahrersitz ihres VW Scirocco-Teilespenders. Den gelblich verfärbten und verschmutzten Dachhimmel reinigte sie mit Dr. Beckmanns Putzstein.

Im Januar 2014 konnte mit der Montage begonnen werden, die Karosserie war fertig. Die meisten dieser Arbeiten fanden bei Peter statt. Hilfreich war dabei ein Ersatzteilkatalog des VW Scirocco II. „Wir haben zwar viele Fotos gemacht, aber manchmal sieht man dann doch nicht so genau, wo welcher Stecker oder welche Schraube hingehört“, sagt Kerstin.

Radlaufverbreiterungen ankleben auf die holländische Art

Doch gewisse Tricks findet man weder im Teilekatalog noch in einem Reparaturleitfaden. Zum Beispiel, wie man die Radlaufverbreiterungen am besten anklebt. Bekannte aus Holland hatten dafür eine geniale Idee. Wegen der Kälte besorgte Kerstin zunächst eine mobile Heizung, um die Garage aufzuheizen. Dann wurden die mit Kleber eingestrichenen Verbreiterungen mit zahlreichen Gummibändern in der richtigen Position fixiert. Um die Verbreiterungen an der Karosserie des VW Scirocco II GT optimal anzudrücken und um Lackschäden zu vermeiden, wurden unter die Gummibänder zerschnittene Rohrisolierungen aus dem Baumarkt geschoben. Perfekt.

Die holländischen Freunde hatten übrigens einst die VW Scirocco-Restbestände eines VW-Händlers aufgekauft. Als Kerstin dort zu Besuch war, führte ihr Weg umgehend in das umfangreiche Ersatzteillager. „Zum Shoppen“, strahlt sie.