Beste Autos aller Zeiten 2010–2013
Porsche 918 Spyder, extrem spannend

Für Alexander Bloch beginnen die spannendsten Jahre in der Geschichte des Automobils. Es wird elektrifiziert, leichter, emissionsärmer und vernetzt sich mit seiner Umwelt.

Porsche 918 Spyder, Frontansicht
Foto: Wolfgang Groeger-Meier

Vielen kam es wie ein verfrühter Aprilscherz vor, als Porsche Anfang März 2010 in Genf das Tuch von einem Flachmann ohne Dach nahm. Darunter steckte der Porsche 918 Spyder, langersehnter Nachfolger des Carrera GT, aber noch viel wichtiger: der Sportwagen mit der brutalsten Ambivalenz aller Zeiten. Auf der einen Seite ein extrem schneller Nordschleifen-Jäger mit – inzwischen – 887 PS, und auf der anderen Seite ein Teilzeit-Elektroauto mit Lademöglichkeit – neudeutsch Plug-in-Hybrid – mit nur 3,3 Liter Verbrauch pro 100 km. Es war, als hätten ein Drei-Liter-Lupo und ein 917 ein Kind gezeugt. Mit den statistisch basierten Verbrauchs-Rechenspielen der ECE-Norm R101 als Geburtshelfer.

Porsche 918 Spyder ist in jeder Beziehung extrem

Mit immer nur mehr Leistung konnte es ja nicht ewig weitergehen. Der Sportwagen bedurfte eines gewaltigeren Schritts hin zu ökosozialer Kompetenz: flüsterleise und lokal emissionsfrei auf der einen, euphorisierend emotional auf der anderen Seite. Der Porsche 918 bietet beides und stellt seine Ingenieure damit immer noch vor eine entwicklerische Herkules-Aufgabe.

Doch der Porsche 918 ist nicht nur ein Auto der Extreme, er spiegelt in seinen Fähigkeiten auch den automobilen Geist des jetzigen Jahrzehnts. Er steht für Elektro, Emissionsarmut und Leichtbau wie für Emotion, Tempo, die Generation i-Phone und das mobile Internet im Allgemeinen. Sein Monocoque ist eine Symbiose quasi aller Karbonfaser-Techniken, einer seiner Sportschalensitze wiegt nur sechs Kilogramm, und die Darstellung des Touchscreen-Infotainments wurde in der Programmiersprache HTML 5 erstellt. Sicher, mit dem Ferrari LaFerrari und dem McLaren P1 ist er nicht der einzige kommende Super-Hybrid, doch keiner der Konkurrenten spannt den Spagat zwischen Speed und Sparen so konsequent.

Und er ist ein Symbol für die einkehrende Vernunft- und Synergie-Stimmung in der Antriebs-Entwicklung. Getrieben von operativer Elektro-Hektik, hatten sich große Teile der Auto-Industrie noch lange zu kühnen Elektroauto-Visionen hinreißen lassen. Viele hatten die störrische Elektrochemie überschätzt, und mit einer ordentlichen Portion Naivität entwickelte sich das, was wir jetzt die Zeit des Elektroauto-Hype nennen. Für den großen Sprung komplett raus aus dem Verbrenner-Zeitalter riskierten so manche Firmen alles. Technisch unbeleckte Visionäre wie der amerikanische Wechsel-Akku-Protagonist Shai Agassi kamen laut und gingen leise.

Plug-in-Hybrid als Ideallösung

Dabei ist weder der Elektroantrieb weit genug für den Allroundeinsatz, noch der Verbrenner tot. Dass die beiden sich in ihren Fähigkeiten wunderbar ergänzen, hat schon Toyota eindrucksvoll gezeigt. Jetzt fügt der 918 die beiden Antriebe zu einem kompromisslosen Plug-in-Hybrid-Ganzen zusammen, das die Nürburgring-Nordschleife in weniger als 7,10 Minuten umrunden soll. Gleichzeitig gewinnt er bis zu einer Verzögerung von 0,5 g Energie zurück – viel mehr als jedes andere Auto derzeit. Effiziente Rekuperation ist einer der Schlüssel für sparsame Fahrt in der Zukunft. Er wird dabei sicher keine Drei-Liter-Verbräuche hinlegen, aber doch effizienter sein als andere Sportwagen mit seinen Leistungsdaten – ohne die Angst vorm leeren Akku.
Dabei hilft der Elektromotor dem 4,6 Liter großen V8-Sauger, sich auf das zu konzentrieren, was er wirklich kann: drehen, Höchstleistung und so gewaltig nach Rennsport klingen, dass es einem unaufhörlich Gänsehaut-Schauer über den Rücken jagt, wenn er losbrüllt. Um das für Verbrennungsmotoren lästige Anfahren und die Glättung von Schalt- sowie Drehmoment-löchern kümmern sich derweil zwei Stromläufer – je einer vorne und hinten.

Mit ihrer Kraft sind sie aber auch alleine in der Lage, gestandenen Rallye-Weltmeistern wie Walter Röhrl ein begeistertes Statement über die rein elektrische Fahrt abzuringen. Dafür darf er dann auch rund eine dreiviertel Million Euro kosten. Alleskönnende Vorreiter sind eben teuer.