Caravan-Einsteiger
Urlaub auf acht Quadratmetern

Ein Wohnwagen neben und eine Anhängerkupplung an seinem Auto, Sebastian Renz umringt von Campingkram? Es ist genau so, wie es aussieht. Aber er kann alles erklären: Wie er Caravanist wurde, mit Frau und Kindern Urlaub auf 8,2 Quadratmetern machte. Und das großartig findet.

Caravan-Einsteiger, Camping
Foto: Julia Nenetschek-Renz

An diesem Freitagabend im frühen Mai, als drinnen die Heizung bollert und drei kleine Kinder dick eingemummelt schlafen, sitzen wir vor dem Wohnwagen, eingepackt in Schlafsäcke. Ab und zu fegt mit dem Wind ein kleiner Graupelschauer über uns hinweg. Julia und ich schauen uns an und beteuern, wie mutig wir waren. Nicht nur mit der Idee, bei drei Grad plus zum ersten Campingtrip aufzubrechen, sondern auch mit dem Erwerb des Caravans als solchem. Und als wir an diesem Abend einen Schuldigen für unsere Situation suchen, neigen wir natürlich nicht zur vorschnellen Verurteilung... Es ist Heinrich!

Drei Wochen ist es da her: Er besucht uns, wir reden ein wenig Unsinn. Davon, ob man nicht ein altes Feuerwehrauto zum Wohnmobil umbauen solle. Gerade als wir zu einem anderen Gedankenspiel wechseln – braucht Heinrich nicht einen Lancia Phedra? –, fragt Julia, was ein altes Wohnmobil koste. Ich höre nicht den Ernst in der Stimme meiner Frau, suche aus Spaß im Internet nach Wohnmobilen, staune, wie viele es für 5.000 Euro gibt. Heinrich erzählt derweil von einem Wohnmobilurlaub. Julia ist so begeistert, dass sie selbst Probefahrten ausmacht (bis dahin so wahrscheinlich wie die Aussicht, ich meldete mich bei einem Kurs für orientalischen Schleiertanz an).

Unsere Camping-Euphorie wird durch keinerlei Vorkenntnis getrübt, entsprechend unbefangen schauen wir die ersten gebrauchten Mobile an. Belassen wir es hier bei der Erkenntnis, dass der Vorteil 20 Jahre alter, günstiger gebrauchter Wohnmobile darin besteht, dass sie günstig sind. Und ihr Nachteil darin, dass sie 20 Jahre alt und gebraucht sind. Mehr mögen wir nicht sagen, und mehr wollen Sie nicht wissen.

Wir wollen das Wohnen wagen

Bei uns scheitert der Erwerb eines Mobils daran, dass es selbst für 9.000 Euro keines mit ABS und fünf Dreipunktgurten gibt. Und am Unterhalt: Steuer und Versicherung kosten 900 Euro pro Jahr. Wir denken um – und an einen Wohnwagen. Bei dem liegen die Festkosten bei 150 Euro jährlich, dazu sitzen die Kinder während der Fahrt isofixiert im verairbagten, klimatisierten Espace. Unser kleiner Caravan, der Knaus Deseo, kostet neu weniger als ein verstruwweltes Womo.

Zwei Wochen später ist die Werkstatt fast daran gescheitert, die Anhängerkupplung zu elektrifizieren – die Parksensoren am Renault funktionieren nun nicht mehr. Dafür habe ich gelernt, ihm Außenspiegelverlängerungen aufzuzäumen und zu fahren, wenn das Häuschen hintendran baumelt.

Die erste Reise führt uns zum Bodensee – und in eine neue Welt. Abends recken sich Satellitenschüsseln auf den Wohnwagen in Position, Menschen irrlichtern mit Stirnlampen über den Platz. Der Schein einer Lampe streift uns, als wir vor dem Deseo bibbern. Neben uns bleibt ein Schweizer stehen – ein Mann wie ein Leuchtturm – und kommt mit sich ins Gespräch. Er erzählt ausführlich, wie gern er im Multivan nächtigt – mit Frau, zwei Töchtern und einem Hund, der einen Schatten wie ein Nilpferd wirft. Doch die Camper sind enorm hilfsbereit, helfen selbstverständlich, den Deseo an die richtige Position zu schubsen.

Die Welt ist draußen

Die zweite Caravan-Tour klappt so gut, dass wir beschließen, für drei Wochen loszuziehen. Erst wollen wir bei Schwiegermutter im Wendehammer zwischenstoppen (für eine Nacht erlaubt, zur Aufrechterhaltung der Fahrtauglichkeit und wenn man keine Möbel auf den Gehweg räumt), campen dann aber bei Freunden in der Hofeinfahrt als Etappe auf der Reise nach St. Peter-Ording.

Es gibt Momente, in denen ich Angebote für Hotelzimmer anstarre – als der Sturm das Sonnensegel abtakelt, als wir zu fünft bei Regen auf acht Quadratmeter vor uns hintrocknen. Wenn ich mal alleine sein will, setze ich mich in den Espace. Aber Platz ist vor der kleinsten Hütte, deshalb sind wir drei Wochen lang eigentlich nur draußen. Die Kinder lieben das Campen, radeln über den Platz, toben am Strand, schlafen früh ein, stehen zeitig auf. Meist früh um halb fünf. Dann klettern wir aus den Kojen und über die Dünen, stehen zu fünft am Strand, als die ersten Sonnenstrahlen über den Deich blitzen. Und wissen, dass es richtig war. Abenteuer gibt es nicht mit Halbpension.

Kauf, Steuern, Kosten

Erst mal muss eine Anhängerkupplung ans Auto. Das kostet rund 600 Euro, am besten einen Festpreis aushandeln, mitunter dauert es lange, bis die Elektrik funktioniert. Wie Autos finden sich neue und gebrauchte Wohnwagen am einfachsten in Internetbörsen wie mobile.de. Wichtig beim Kauf: gültige Hauptuntersuchung und Gasprüfung. Bei der Zulassung (26,30 Euro plus rund 15 Euro für ein Kennzeichen) gibt es für 2,50 Euro die 100-km/h-Kleber. Wie ein Auto muss auch der Wohnwagen versichert sein, die Haftpflicht liegt bei einem kleinen Caravan bei rund 12 Euro/Jahr, Teilkasko mit Diebstahlschutz kostet rund 110 Euro/Jahr. Die Steuer für einen Wohnwagen mit 1.000 Kilo Gesamtgewicht liegt bei 37 Euro/Jahr.