Pickup-Land USA
Die Lust am Laster ist zurück

Pickups sind nach zwei dürren Jahren wieder die Lieblingskinder der Amerikaner. Sie zählen zu den bestverkauften Modellen auf dem US-Markt. Was dem Deutschen sein VW Golf, ist dem Amerikaner sein Ford F-150.

Pick-Up
Foto: press-inform

2008 und 2009 waren für die amerikanische Autoindustrie die schwersten Jahre ihrer Geschichte. Auch die allseits beliebten Pickups fielen in ein nie dagewesenes Nachfragetief. Doch 2010 brachte die schnelle Trendwende. Zwischen Los Angeles und Washington, New Orleans und Lake Placid stehen die Pickups bei Händlerschaft und Kunden wieder hoch im Kurs.

Pickups sind über alle Klassen hinweg beliebt

Zwei Millionen Pickup -Zulassungen sind bei knapp zwölf Millionen Gesamtzulassungen in Amerika eine stattliche Zahl. Keine andere Autoklasse wird derart klassenübergreifend geliebt. Von billig bis edel; von mittelgroß bis gigantisch repräsentieren die Pickups die amerikanische Gesellschaft besser als Basketball, Hot Dogs, Football, New York oder Baseball-Kappen. Ein Pickup ist ein Geländewagen für alle Tage.

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In der Vorweihnachtszeit wurden von allen Herstellern extra neue Pickup-Werbekampagnen aufgelegt. So zieht der Fahrer eines Dodge mit seinem RAM einen gigantischen Weihnachtsbaum aus dem Erdreich und nimmt diesen gleich auf der  Ladefläche mit nach Hause. In einem Chevrolet Silverado bringt der Weihnachtsmann üppig dimensionierte Geschenke und Toyota bewirbt den Tundra mit einem üppigen US-Frühstück – mit Steak & Eggs.
 
Dabei ist es längst nicht so, dass sich die Pickups nur in ländlichen Regionen größter Beliebtheit erfreuen – im Gegenteil. Zwar gibt es keinen Farmer, der kein eigenen Pickup in der Garage hat, doch auch in den Großstädten wie New York, Miami, Chicago und Los Angeles sind die Pickups oftmals die beliebteste Autogattung.

Toyota Tundra und Ford F-150 sind die Verkaufsschlager unter den Pickups

Bestes Beispiel ist der Toyota Tundra, seit Jahren einer der imageträchtigsten Pickups auf dem US-Markt. Neben dem 5,81 Meter langen und 2,6 Tonnen schweren Toyota Tundra wirkt ein Range Rover an der Ampel nebenan schon geradezu zierlich. Bis Ende Oktober wurden in 2010 knapp 80.000 Tundras verkauft. Die meisten im Raum Los Angeles; der größten Agglomeration in den USA. Auf den Plätzen folgen Houston, Dallas, Boston und der Produktionsstandort im texanischen San Antonio. Die Beliebtheit eines Groß-Pickups wie dem Toyota Tundra kommt nicht von ungefähr. Wer sich für die Version Crewcab Limited entscheidet, bekommt üppige Platzverhältnisse für bis zu fünf Personen, eine Luxusausstattung, Allradantrieb, 375 PS und einen schier unbegrenzten Alltagsnutzen.
 
Bestseller ist seit Jahr und Tag der Ford F-150, der im vergangenen Jahr seinen 60. Geburtstag feierte. Der Ford Pickup ist das erfolgreichste Auto der USA. F-150 heißt in Nordamerika auch die Qual der Wahl. Den Liebling der Massen gibt es ebenso wie seine Konkurrenten Chevrolet Silverado, Toyota Tundra, Dodge RAM und GMC Sierra als Edelversion des Silverado in unzähligen Varianten.

Alle Pickup-Modelle locken die Kunden mit unzähligen Modellen, mit großer, kleiner oder Doppelkabine, offener Ladefläche, lang oder kurz, mit Doppelbereifung oder ohne. Zwischen 200 und 400 PS grollen unter der Motorhaube und im Innenraum der Kabine bekommt man alles andere als Platzangst. Nicht anders sieht es beim dritten Erfolgsmodell aus. Der Chevrolet Silverado gilt beim Pickup-Platzhirschen Ford F-150 seit Jahren als gefährlichster Konkurrent. Auch seine Einsatzmöglichkeiten kennen kaum Grenzen. Und genau das mögen die Amerikaner.

Amerikaner lieben den Pickup-Nutzwert

Die einen werfen ihre Arbeitskleidung nebst Rasenmäher auf die Ladefläche ihres Pickups und fahren zum nächsten Starbucks-Drive-Inn, um sich einen halben Liter Kaffee zu gönnen, der in gigantischen Becherhaltern verschwindet. Mütter fahren mit den praktischen Lasteseln zum Einkaufen oder holen die Kinder ab – ganz egal ob im hintersten Oregon oder in Downtown L.A. Weshalb die Dinger, die in den Vereinigten Staaten schlicht Trucks genannt werden, so gut laufen, erklärt Peter Brett an einer Tankstelle in Scottsdale. "Trucks sind ungemein praktisch. Man kann mit Ihnen ins Gelände, in die Stadt und muss sich nie Sorgen machen, alles mitzubekommen", erklärt der 42jährige aus San Diego, "wenn es sein muss, können die Kumpels auch einmal auf die Ladefläche und der Hund ist da sowieso längst zu Hause. Nicht zu vergessen ist der günstige Preis. Viele Trucks gibt es bereits unter 18.000 Dollar und Leistung haben alle."
 
Kein Wunder, dass 2010 wieder zu einem Erfolgsjahr für die Pickup-Industrie werden könnte. Nach den ersten zehn Monaten Zulassungsstatistik ist der Jahreserfolg des Ford F-150 bereits gewiss. Bis Ende Oktober dieses Jahres konnten vom dem ewigen Bestseller der Full-Size-Klasse mehr als 430.000 Pickups abgesetzt werden. Mit deutlichem Abstand liegt derChevrolet Silverado mit 310.000 Fahrzeugen auf Platz zwei. Mit großem Abstand hat sich der Dodge RAM platziert, der knapp 160.000 Zulassungen bis Ende Oktober schaffte. Das reichte für Platz drei, um den GMC Sierra als Zwillingsbruder des Silverado mit knapp über 100.000 verkauften Modellen auf Platz vier zu schicken. Der Toyota Tundra liegt mit knapp 80.000 verkauften Fahrzeugen auf Platz fünf.

Pickups tragen meist einen Benziner unter der Motorhaube

Die meisten der Groß-Pickups werden von mächtigen V8-Benzinern angetrieben. Nur vergleichsweise wenige laufen als Diesel. Ein Grund ist das nach wie vor schlechte Image der Dieselmotoren in den USA und die Tatsache, dass eine Gallone Kraftstoff (3,8 Liter) kaum mehr als drei Dollar kostet. Bei einem hohen Alltagsnutzen fällt ein Verbrauch von knapp 20 Litern kaum ins Gewicht. Zudem gewähren die Händler bei Pickups traditionell besonders hohe Rabatte. Das Pickup-Segment gilt in den USA als der imageträchtigste Markt überhaupt. Keine andere Fahrzeuggattung wird im TV, bei Sportveranstaltungen, in Zeitschriften und im Internet derart beworben. Toyota beispielsweise hat sich mit dem Prius in Europa weitgehend als Ökomarke in Szene setzen wollen. In den USA sind die Pickup-Versionen von Tundra und Tacoma sowie besonders die Mittelklasselimousine Camry mindestens genauso wichtig. Ein Grund dafür, weshalb diese Modelle komplett in den USA produziert werden. 

Europa ist kein Pickup-Terrain

In Europa sieht das anders aus. Die Pickups sind viel kleiner und weniger freizeitübergreifend. Wer einmal mit einem fetten Chevrolet Silverado in der Münchner City unterwegs war weiß, dass es angenehmere Innenstadt-Vehikel gibt. Doch allen Unkenrufen zum Trotz scheint ein Pickup-Trend in Europa nach wie vor denkbar. Schließlich gab es bisher fast ausschließlich Asienmodelle von Mitsubishi, Toyota, Nissan, Mazda und Ford. Doch seit einigen Monaten trommelt VW mit seinem neuen Amarok. Doch mit seiner mächtigen Länge von 5,25 Metern wäre der in den USA allenfalls Mittelklasse. Hier ist VW nicht auf dem Pickup-Markt – noch nicht.