Wohnwagen-Erfahrungen
Mein Sommer als Camper

Man wollte mir etwas anhängen, einst im Mai – einen Knaus Deseo an unseren Renault Espace. Jetzt steht der Wohnwagen im Winterlager: der beste Moment, um in Erinnerungen an Urlaube zu fünft auf knapp neun Quadratmetern zu schwelgen – und ein wenig auch zu verklären.

Wohnwagen-Einsteiger, Sebastian Renz, Impression
Foto: Julia Nenetschek-Renz

Da ist noch immer diese Sache mit der Packung Toastbrot, die sich nicht klären ließ. Sie fiel mir in unserem Wohnwagen auf den Kopf. Was so ereignisreich nicht wäre. So etwas passiert dauernd, wenn fünf Personen, vier Betten, zwei Bänke, ein Tisch, ein Herd, ein Kühlschrank, mehrere Schränke, dazu Urlaubsgepäck für drei Wochen und Proviant für einige Tage auf 8,8 Quadratmetern lagern. Nur: Wo kam der Toast her? Wir hatten keinen gekauft.

Der Toast traf mich – tatsächlich, nicht im übertragenen Sinne – zu einem ungünstigen Moment. Ich suchte etwas. Weil man im Wohnwagen dauernd etwas sucht, was man dann nicht findet. Ich hatte schon eine Weile gesucht und mir vielfach den Kopf gestoßen, wurde dann vom Brot niedergestreckt. Das ist nun metaphorisch zu sehen, stellte es doch einen Tiefpunkt im ersten Camper-Sommer dar. Entnervt trabte ich zum Espace, meinem Rückzugsort in solchen Momenten, drehte das Radio auf. Und wünschte mich in eines dieser Trendhotels die Straße hoch, in denen Familien Urlaub machen, die aussehen wie Familienurlaubs-Darsteller: Kinder in blütenweißen T-Shirts, Mütter in windumfächelten Sommerkleidern und Väter in dem, was Herrenboutiquen in Castrop-Rauxel ihnen als Surferkleidung verkaufen. Bis ich dachte, wie doof das wohl aussieht, ich im musikdröhnenden Auto. Dann rief ein Kind, es wäre an der Zeit, ein Eis zu holen, über den Deich zu kraxeln, ins Meer zu hüpfen und sich im Sand zu panieren. Dazu waren wir doch da.

Der Tag kommt mit der Sonne

Es ging um etwas Abenteuer, als wir uns im Frühjahr auf die Suche nach einem Wohnwagen machten. Eigentlich zuerst ja nach einem Wohnmobil, aber da kosten die alten hässlichen mehr als ein hübscher kleiner, kastiger Wohnwagen neu. So einen kauften wir, und weil er so klein war, purzelten die Kinder nach dem Aufwachen immer gleich raus. An der Nordsee gern um halb fünf mit den ersten Sonnenstrahlen. Wir hatten keinen Wohn-, sondern einen Schlafwagen, denn wir waren immer draußen.

Natürlich auch bei Regen, der von Ferienwohnungs-und Hotelnutzern reichlich überschätzt wird. Erst als der Orkan das Sonnensegel wegraffte, schlossen wir mal die Tür. Ansonsten stand sie offen, wie auch das Leben. Weil wir immer weiterziehen konnten, wenn wir wollten. Oder mal auf ein Wochenende los. Macht man sonst ja nicht, wenn das Geraffel für drei kleine Kinder mitmuss. Aber der Knaus Deseo war immer gepackt und baumelte so erstaunlich oft hinten am Espace dran, der sich vielleicht deswegen eine Hinterachsfeder brach.

Insgesamt haben wir dieses Jahr über einen Monat im Deseo ge-, tja, gewohnt wohl. Alles erwies sich als teurer, umständlicher und anstrengender als gedacht. Aber nennen wir es lieber intensiver. Und viel unterhaltsamer: In St. Peter erklärte mir eine Frau beim Spülen, wie der Anti-Schling-Napf ihres Labradors funktioniert. Wir übernachteten in Hofeinfahrten und Wendehämmern. Am Bodensee halfen mir drei hüftkranke Herren, den Deseo aus dem Schlamm zu ziehen, und im Allgäu standen wir allein auf einer drei Hektar großen Campingwiese. Die Kinder weinten, als wir heimfuhren. Ein größeres Kompliment gibt es nicht für Urlaube. Ein Toast auf den Deseo!

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