Formula Voltage
Elektrischer Rennwagen für 30.000 Euro

Dieser Rennwagen im Retro-Design wiegt knapp 400 kg und leistet gerade gut 20 PS – erzeugt für wenig Geld allerdings extreme Motorsport-Gefühle. Wir haben ihn schon getestet.

Rennwagen Formula Voltage
Foto: Pollmann

Wie günstig kann moderner Motorsport sein? Die Köpfe rund um den "Formula Voltage" haben darauf eine klare Antwort: 30.000 Euro. Und sie liefern gleich den passenden Rennwagen mit dazu – im Formel-1-Stil der frühen 1960er-Jahre. Bereits die Erstauflage stellt sich als überzeugender Volltreffer heraus – wie wir bei einer Testrunde an der Ostseeküste feststellen dürfen.

Doch bevor wir in die 3,97 Meter lange GFK-Zigarre klettern, müssen wir erst erklären, wer hinter dem Vorhaben Formula Voltage steht. Denn hier geht es nicht um ein improvisiertes Studenten-Projekt. Dieses Auto könnte nämlich tatsächlich in einer handfesten Kleinserie entstehen. Schließlich hatten die Entwickler von Anfang an die Produktionstauglichkeit im Blick und bringen obendrein jahrzehntelange Erfahrung aus der Automobilbranche mit.

Unsere Highlights

Drei Parteien in fruchtbarer Koalition

Gebaut hat den Elektro-Rennwagen das Team von Georg Barton. In seiner Firma ATM Tornau Motoren im Holsteinischen Oldenburg an der Ostseeküste hat er viel Expertise für Fahrzeug-, Karosserie- und Motorenbau versammelt. Und als Experte für Offshore-Windanlagen fließt bei ihm selbst reichlich Strom durch die Adern. Die Kollegen in seinem Betrieb haben zwar alle Hände voll zu tun – vorwiegend mit klassischen Motorrevisionen deutscher Hersteller – doch Barton möchte sich für die Elektromobilität rüsten. Den Formula Voltage hat er nebenher zum Alltagsbetrieb entstehen lassen.

Rennwagen Formula Voltage
Schönfeld

Wie drei Parteien gut zusammen funktionieren, zeigen (von links nach rechts): Marlon Peters (Batterie24), Georg Barton (ATM Tornau Motoren) und Gert Pollmann (Design)

Die Idee, das Konzept und das Design des Retro-Formelwagens kommen allerdings von Gert Pollmann. Der stammt wie Barton aus Süddeutschland, hat es sich hier an der Ostseeküste ebenfalls gemütlich gemacht. Gert Pollmann ist kein unbekannter in der Automobilszene. Sein Vater war in den 1960er Jahren Finanzchef bei BMW. Er selbst arbeitete für BMW, Audi oder Rainer Buchmann (bb) und kümmert sich immer noch um kleine Projekte bei Zulieferern und Industriekunden. Als Ausrichter der Protochampseries bietet der 71-Jährige zudem einen Motorsport-Rahmen für automobile Prototypen.

Die dritte Partei im Voltage-Bunde vereint sich hinter Jörg Kieback und dessen Akku- und Batterie-Kompetenz-Zentrum ABH Nord, zu dem unter anderem Batterie24 gehört. Das Flintbeker Unternehmen ist nicht nur beteiligter Sponsor, sondern steuert Akku-Fachwissen und Marketing-Kapazitäten bei. Und Betriebsleiter Marlon Peters durfte den Formula Voltage auf seiner Jungfernfahrt im Spätsommer 2023 beim Internationalen Osnabrücker ADAC Bergrennen durch den Teutoburger Wald jagen.

"Great-Kart" zwischen Go-Kart und Rennwagen

Etwas körperliche Elastizität vorausgesetzt, ist der Einstieg in den Formula Voltage schnell erledigt. Man sitzt tief, den Blick auf die weit ausgestellten Räder und die lange Schnauze gerichtet. Keine Windschutzscheibe, keine Radabdeckungen. Ungefilterter Genuss schon im Stand. So haben sich also Formel-1-Fahrer vor 60 oder 70 Jahren gefühlt. Nur dass alles im Formula Voltage ganz leise passiert. Und genau hier liegt der Vorteil des Konzepts. Denn bei vielen Rennsport-Veranstaltungen stellen laute Motorengeräusche mittlerweile ein Problem dar.

Rennwagen Formula Voltage
Schoenfeld

Ungefilterter Fahrgenuss – das angedeutete Windschutzscheibchen besteht aus undurchsichtigem GFK.

Schnell wird es auf dem Aluminiumrahmen und in der schmalen GFK-Karosse bequem. Der Sitz stammt wie Lenkrad, Bremsen oder andere Teile aus der Großserie von anderen Herstellern. Die Radlager und Antriebswellen kennt man zum Beispiel aus dem VW Golf 5. Nur die zwei Querblattfedern aus Kohlefaser je Rad fallen als Eigenentwicklung ins Auge. "Wir benötigten eine sehr kostengünstig zu fertigende selbstfedernde Radaufhängung", erklärt Gert Pollmann. "Diese hier ist extrem leicht, einfach gebaut und kann durch Kombination unterschiedlicher Blattauflagen leicht variiert und auf das Fahrergewicht angepasst werden."

Wie das Brett auf der Straße

Kein Wunder also, dass der Formula Voltage wie ein Brett auf der Straße liegt. Dass er so extrem tief über dem Asphalt liegt, gehört vor allem zum Design – darauf hat Pollmann bestanden. Für topfebene Rundstrecken, Kartbahnen oder Bergrennen reichen die Federreserven allemal. Die Lenkung reagiert ultradirekt. Keine Servo, keine Elektronik. Perfekt lassen sich damit die freiliegenden Räder der gerade 400 Kilogramm leichten Flunder an den Kurvenscheitel legen.

Den Vollgasbefehl am Kurvenausgang nimmt der Formel-Wagen gierig an, surrt willig und elektrotypisch ohne zu zögern auf die nächste Kurve zu. Bis zu 600 Newtonmeter wirken jetzt auf die 215er-Hinterräder. Dabei leistet der kleine E-Motor hinter dem Fahrer gerade 15 kW (20,4 PS). Doch selbst größere Rennkarts dürfte man damit bei der Beschleunigung stehen lassen. Lupft man das Gaspedal, rekuperiert der Antrieb sogar mit bis zu 30 Prozent seiner Antriebsleistung an der Hinterachse. Eine Bremse an der Hinterachse braucht er also nicht.

Lithium-Ionen-Akkus für 20 Minuten Fahrspaß

Erst jenseits von innerorts zulässigen Geschwindigkeiten mäßigt der Formula Voltage seinen Vorwärtsdrang. Dann bläst einem allerdings schon anständig der Fahrtwind um die Ohren. Erst bei etwa 80 km/h ist Schluss. Doch um Höchstgeschwindigkeit geht es hier nicht. Dieses Auto wurde für kurvige Strecken gebaut. Typische 15-Minuten-Stints auf Rundstrecken und Kartbahnen, oder kurze Sprints bei Bergrennen sind sein Revier. Dafür sind die fünf kleinen Batterieblocks über der Hinterachse ausgelegt.

Rennwagen Formula Voltage
Pollmann

Im Heck des stabilien Alurahmens sitzt die Elektrotechnik samt Batteriemanagement, Ladegerät und Kühlung.

Zusammen kommen die Lithium-Ionen-Akkus (Nickel-Mangan-Cobalt) auf eine nutzbare Kapazität von 5,7 kWh. Zum Wiederaufladen liegt ein herkömmliches Stromkabel für die Schuko-Dose hinter dem Sitz. Damit lädt der Formula Voltage mit knapp 1,7 kW in drei Stunden und 40 Minuten das komplett leere Batteriepack wieder voll auf. Das Antriebspaket wurde zusammen mit dem Reinbeker Start-up E-Drive-Solution konfiguriert, die sich auf die Elektrifizierung von Oldtimern spezialisieren.

Wie geht es mit Formula Voltage weiter?

Schon beim Hinausklettern aus dem Formel-Renner stellt sich die Frage: Kann man ihn kaufen? Noch heißt die Antwort von Georg Barton: "Nein." Denn bei diesem Auto handelt es sich um das erste Exemplar, das wie ein ausgereifter Prototyp fungiert. "Doch wir wollen einen zweiten bauen, und dann einen dritten," erklärt Barton. "Sonst kann man ja keine Rennen fahren." Die größten Hürden für eine mögliche Kleinserie stellen dabei nicht die Ambitionen der Entwickler oder die Produktions-Kapazitäten, sondern der rechtliche Rahmen dar. Doch die Dreier-Koalition arbeitet längst an Lösungsansätzen.

Technische Daten: Formula Voltage

Chassis

4-Kant-Alurahmen

Karosserie

GFK

Länge/Breite/Höhe (mm)

3.970/1.570/900

Radstand/Spurweite (mm)

2500/1.350

Gewicht (kg)

430

Bereifung (vorn und hinten)

205/60 R16 und 215/65 R16

Antrieb

Hinterrad, elektrisch

Batterien

5 x 1,138 kWh in Reihe

Ladeleistung

1,68 kW

Ladezeit (0-100)

3,4 Stunden

Eines steht schon fest: Das Preisziel von 30.000 Euro ist realisierbar. Eine gute Nachricht für ambitionierte Hobby-Motorsportler. Denn der Formula Voltage bietet ein einzigartiges Fahrspaß-Erlebnis. Einen Startplatz in Pollmanns Protochampseries hat das Konzept in jedem Fall sicher – vorausgesetzt, es werden mehrere davon verkauft. Dann könnten sie in einer eigenen Klasse direkt gegeneinander antreten. Der passionierte Designer träumt bereits von unterschiedlich lackierten Formel-Rennern, vielleicht sogar in Retro-Stilen wie von Martini oder Gulf. Doch davon werden wir hoffentlich in einer zukünftigen Geschichte berichten.

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Fazit

Formula Voltage ist ein elektrischer Formelwagen für kostengünstigen Motorsport. Mit gut 20 PS ist das Auto für Rundstrecken, Bergrennen oder Kartbahnen geeignet und soll fahrfertig nur rund 30.000 Euro kosten. Bisher ist der weiße GFK-Renner ein Einzelstück. Es sollen weitere folgen.