Gebrauchte Elektroautos
Das Angebot wächst, die Preise purzeln

Eine Auswertung von ADAC und DAT zeigt: Elektroautos werden auf dem Gebrauchtwagenmarkt zur echten Alternative. Beim Kauf gibt es jedoch einige Dinge zu beachten.

BMW i3, Renault Zoe Intense, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Die zunehmende Durchdringung des Neuwagenmarktes durch Elektroautos wirkt sich mit etwas Verzögerung auch bei Gebrauchtwagen aus. Darauf weist der ADAC hin. "Mit diesem steigenden Angebot, der Entspannung bei den Lieferzeiten und teils gesunkenen Neuwagenpreisen für E-Autos geht nun der Preis für gebrauchte Elektroautos laut DAT-Liste spürbar zurück", schreibt der Automobilclub in einer aktuellen Auswertung.

Exemplarisch zeigen ADAC und DAT (Deutsche Automobil Treuhand) die Preisentwicklung bei drei Modellen auf. Ein zwei Jahre altes Tesla Model 3 (Standard Range Plus) kostete im Herbst 2022 noch 38.550 Euro. Inzwischen steht das Elektroauto mit knapp 31.900 Euro in der DAT-Liste – macht ein Minus von 17 Prozent. Der Preis für einen zwei Jahre alten VW ID.3 in der Variante Pro S sank innerhalb eines Jahres von 33.100 Euro auf nun 28.850 Euro (minus 13 Prozent). Beim Hyundai Kona (Modellversion Trend mit 64-Kilowattstunden-Akku) ging der Gebrauchtwagenpreis laut DAT gar von 35.050 Euro auf 27.400 Euro zurück. Der elektrische Koreaner wurde somit 22 Prozent günstiger.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Wie ist das eigene Fahrprofil? Wo kann geladen werden?

"Die aktuelle Marktentwicklung bei den Gebrauchten sowie die in der Regel günstigen Betriebskosten (u. a. auch durch Steuervorteile und THG-Bonus) können einen kurzfristigen Wechsel in die Elektromobilität erleichtern", schlussfolgert der ADAC. Dennoch raten die Experten des Automobilclubs, beim Kauf eines gebrauchten Elektroautos einige weitere Kriterien zu überprüfen als bei einem Verbrenner. Das beginnt mit den persönlichen Anforderungen samt Fahrprofil. Wer diese individuellen Bedingungen möglichst konkret bestimmt, kann den Kandidatenkreis infrage kommender Autos entsprechend fixieren. "Klar sollte auch sein, wo das Fahrzeug regelmäßig zu welchen Kosten geladen werden kann, um die realistischen Betriebskosten zu kalkulieren" ergänzt der ADAC. Vielfahrer sollten zudem abklopfen, wie die Schnellladefähigkeiten des ins Auge gefassten Modell aussehen.

Für viele Gebrauchtwagen-Interessenten kommt ein E-Auto aufgrund ihrer Skepsis gegenüber der Technik nicht infrage. Hält sie noch eine Weile, obwohl das Auto schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat? Solche Sorgen sind – was die Standardkomponenten angeht – unbegründet. Beim Kauf eines gebrauchten E-Autos gelten prinzipiell die gleichen Regeln wie beim Erwerb eines gebrauchten Benziners oder Diesels, weiß der ADAC. Deshalb spielt beim Stromer ein möglichst lückenlos geführtes Serviceheft eine ähnlich große Rolle wie bei Verbrenner-Modellen. Einige Komponenten sollten bei E-Autos jedoch näher begutachtet werden als bei den herkömmlichen Pendants.

Reifen, Fahrwerk, Bremsen intensiv checken

Aufgrund des hohen Anfahr-Drehmoments eines E-Mobils nutzen sich die Reifen oft schneller ab. Stoßdämpfer und Fahrwerk müssen wegen des schweren Akkus mit einem höheren Fahrzeuggewicht klarkommen und sollten deshalb genau unter die Lupe genommen werden. Ähnliches gilt – vor allem für die hinteren – Bremsen. Sie rosten manchmal stärker, denn sie werden seltener genutzt, weil geübte E-Auto-Fahrer meist per Rekuperation verzögern. Wichtig ist auch, ob die Hochvolt-Leitungen intakt sind. Hat sich hier mal ein Marder ausgetobt, kann das gefährlich werden.

Die Vorteile von E-Autos: Sie besitzen im Vergleich zu Verbrenner-Modellen weniger Verschleißteile und müssen nicht so aufwendig gewartet werden. Typische Verschleißteile wie Zündkerzen, Zahnriemen oder Auspuff gibt es nicht. Ein regelmäßiger Ölwechsel entfällt ebenfalls. Die Technik eines E-Motors ist im Vergleich zu der eines Verbrenners einfacher gehalten und hält daher länger. Trotzdem sollten Käufer eines gebrauchten Elektro-Modells besonderes Augenmerk auf den Antrieb richten – und da speziell auf den Gesundheitszustand der Batterie.

Akkus sind haltbarer als gedacht

Grundsätzlich gilt: Viele Akkus halten länger als vorhergesagt und sind auch nach ein paar Jahren noch für Reichweiten ähnlich jener des Neuwagens gut. Laut TÜV Süd stehen bei vielen Akkus selbst nach 200.000 Kilometern noch 80 bis 90 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität zur Verfügung. Die Gesamthaltbarkeit dürfte bei 15 bis 20 Jahren liegen. Hinzu kommt die oft üppige Garantie auf den Energiespeicher: Üblich sind zwischen fünf und acht Jahre oder 100.000 bis 160.000 Kilometer – je nachdem, was zuerst eintritt. "Bis zu diesem Zeitpunkt wird beispielsweise eine Kapazität von 70 Prozent des Akkus garantiert", sagt Thomas Stix, beim ÖAMTC Experte für gebrauchte Elektroautos.

Der Batterieverschleiß hängt von Alter, Nutzung, Anzahl der (Schnell-)Ladezyklen und Fahrverhalten ab. Klarheit bringt ein Batterie-Check, wie ihn der ADAC zusammen mit seinem Partner Aviloo anbietet. Der herstellerunabhängige und neutrale Spezialist aus Österreich hat eine Testbox entwickelt, die sich online bestellen lässt. Bei einigen über ganz Deutschland verteilten ADAC-Standorten kann die Testbox auch direkt in das infrage kommende Auto eingebaut werden. Ist ein solcher Check auf die Schnelle nicht möglich, sollten Käuferinnen und Käufer unbedingt eine Probefahrt mit komplett geladenem Akku starten. "Die im Auto angezeigte Reichweite passt sich Fahrstil und Temperatur an, sodass sich nach rund 50 Kilometern Kapazität und Reichweite in der Regel gut einschätzen lassen", erklärt Stix.

Ist die Batterie gemietet oder gekauft?

Kleine Einschränkung: Bei manchen E-Autos ist die Antriebsbatterie gemietet und kann daher nicht mitverkauft werden. Das sollte vor dem Verkauf natürlich klar kommuniziert werden. Bei einem E-Auto mit Mietakku ist die Leistungsfähigkeit der Batterie meist garantiert, Mängel oder Defekte gehen also zulasten des Vermieters. Käufer solcher Autos sollten aber klären, zu welchen Konditionen die Übernahme oder ein Neuabschluss des Mietvertrages möglich ist. Um Eventualitäten wie diesen Rechnung zu tragen, stellt der ADAC einen Elektroauto-spezifischen Kaufvertrag mit den wichtigsten Fragen und Hinweisen bereit:

Muster-Kaufvertrag für Elektroautos vom ADAC
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Eine weitere, bei Verbrennern ähnliche Faustregel lautet: Das jüngere Auto ist meist zwar der teurere, aber risikoärmere Kauf: Modernere Akkus bieten mehr Reichweite und halten länger, die Motoren sind leistungsstärker, der Komfort ist oft höher. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Klimatisierung über eine Wärmepumpe funktioniert. Ist dies der Fall, verbraucht das weniger Energie und steigert die Reichweite.

Hinweis: In der Fotoshow über diesem Artikel präsentieren wir Ihnen die 50 aktuell in Deutschland meistverkauften Elektroautos.

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Klar. Erst dann werden die Fahrzeuge endlich bezahlbar.Keinesfalls. Ich würde mir noch nicht mal einen elektrischen Neuwagen kaufen.

Fazit

Eine allzu große Scheu vor gebrauchten Elektroautos muss man nicht haben. Auch diese sind letztlich nur Autos. Natürlich gibt es ein paar Grundregeln zu beachten, doch das gilt bei normalen Gebrauchtwagen ebenso. Solange mit der Batterie alles okay ist, ist der Rest beherrschbar – vieles sogar leichter als bei einem konventionellen Auto aus zweiter oder dritter Hand. Rechnen ist sowieso wichtig: Wann die geringeren Reparatur-, Wartungs- und Energiekosten die meist höheren Einstiegspreise gegenüber vergleichbaren Verbrennern amortisieren, dürfte bei der Kaufentscheidung von zentraler Bedeutung sein.