Neuer 6-Zylinder Biturbo für M3 und M4
Zu 90 Prozent kein BMW-Motor

Der neue 3,0-Liter-6-Zylinder-Turbo der M GmbH hat mit dem aus den zivilen BMW-Modellen nichts zu tun. Wie die Hochleistungsmaschine konstruiert ist und gebaut wird.

BMW M-Sechszylinder Biturbo S58 X3 M X4 M Competition
Foto: BMW

Ein schneller Blick auf die technischen Daten suggeriert: Der Motor für X3 M und X4 M ist vom X3 M40i-Motor abgeleitet und hat dank zweier Turbos statt eines Twinscroll-Laders mehr Leistung – fertig.

Aber weit gefehlt. Der Aufwand macht dem Markennamen "Bayerische Motorenwerke" alle Ehre und könnte Fans mit Benzin im Blut wehmütig machen. Denn die Tage solch ultra-aufwendigen Verbrennungsmotorenbaus dürften sich dem Ende zuneigen. Aber aus Garching ist zu hören, dass man Hybrid- oder Elektrotechnik erst in M-Modellen anbieten wird, wenn sie Performance-Vorteile versprechen – ohne mit überbordendem Gewicht die Querdynamik zu ruinieren.

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Kaum Gleichteile mit dem "normalen" Sechszylinder-Turbo

Bis dahin gönnt sich BMWs sportliche Tochter jede Menge Extra-Weißwürste: Gegenüber dem Aggregat aus dem X3 M40i beschränkt sich der Verwandtschaftsgrad auf weniger als 10 Prozent der Teile. Gleich sind nur Kurbelgehäuse-Deckel hinten, die variable Ventilsteuerung (Valvetronic), Anlasser, Lichtmaschine, Zündspülen und ein paar Sensoren.

Auch der Hubraum entkräftet die Einschätzung vom peripher überarbeiteten Motor. Die neue M-Maschine hat nämlich exakt 2993 cm³, der des X4 M40i ist mit 2998 cm³ minimal größer. Weil Bohrung und Hub auch differieren: 90 bzw. 84 Millimeter sind es beim neuen M-Motor, 94,6 bzw. 82 Millimeter bei der M40i-Maschine. Dabei war den Münchnern vor allem der kürzere Hub wichtig, damit die Kolben kürzere Wege zurücklegen müssen und bei den M-typischen hohen Drehzahlen mit entsprechend geringeren Kolbengeschwindigkeiten unterwegs sein können. Die Leistung steigt linear und erreicht 510 PS (beim Competition-Triebwerk) ab 6250 U/min an – bis zur Maximaldrehzahl von 7200 U/min. Das maximale Drehmoment von 600 Nm (bei beiden Versionen) hält der Competition von 2600 bis 5950 U/min, die 480 PS starke Normalvariante von 2600 bis 5600 U/min.

Geschmiedete Kurbelwelle, 3D-Druck für Zylinderkopf

Die kurzhubigere Auslegung bedingt natürlich auch eine eigene, geschmiedete Kurbelwelle. Sie ist torsionssteif genug für das hohe Drehmoment. Das Kurbelgehäuse ist in der so genannten Closed Deck Bauweise aufgebaut, die gut mit hohem Druck umgehen kann. Denn der Kühlmantel um den Zylinder ist hier nach oben beim Übergang zum Zylinderkopf nicht einfach ganz offen, sondern zu einem Gutteil geschlossen, um die Abdichtung nicht ausschließlich der Zylinderkopfdichtung zu überlassen. Die Eisenbeschichtung der Zylinderlaufbahnen im Lichtbogendrahtspritz-Verfahren (LDS) soll Gewicht und Reibungsverluste sparen.

Kühl- und Ölversorgung sind laut BMW Lösungen aus dem Rennsport ähnlich. Der Zylinderkopf hat dazu besonders ausgeklügelte Kühlmittelkanäle. Sein Sandkern (zum Gießen) entsteht im 3D-Druck, Das macht die aufwendige Form der Kühlkanäle erst möglich und den Zylinderkopf leichter. Das Kühlsystem setzt neben dem zentralen auch zwei seitlich positionierte Kühler plus einen zusätzlichen Motorölkühler. Für die Achtgangautomatik gibt’s es zudem einen separaten Getriebeölkühler.

Gut geschmiert – auch auf der Rennstrecke

Eine weitere Unterscheidung zum M40i-Motor ist die Versorgung mit Schmierstoff. Beim Sechszylinder der M GmbH sammelt sich das Öl in einer gewichtsoptimierten Ölwanne mit zwei getrennten Kammern. Eine zusätzliche Saugstufe holt Schmierstoff aus dem kleineren Ölsumpf, der so als Volumenpuffer dient. Das soll selbst bei extremen Längs- und Querbeschleunigungen eine sichere Ölversorgung garantieren.

Biturbo statt Twinscroll

An der Peripherie sitzt die Technik, die für die Leistungssteigerung verantwortlich ist und die aufwendigen Innereien erst notwendig macht. Statt eines so genannten Twinscroll-Laders hat der M-Motor zwei nach dem Mono-Scroll-Prinzip arbeitende Turbolader. Sie versorgen die Zylinder 1 bis 3 beziehungsweise 4 bis 6 mit komprimierter Luft. Der Twinscroll-Lader hingegen setzt alle sechs Zylinder unter Druck; Twinscroll heißt er, weil seine Abgasseite von zwei getrennten Kanälen versorgt wird, in denen das Abgas von je drei Zylindern für die Antriebsenergie sorgt. Dabei ist der Abgasstrom derjenigen drei Zylinder gebündelt, die sich vom Ansaug- oder Auspufftakt her begünstigen und nicht wegen unterschiedlicher Abgasdruck-Niveaus gegenseitig auf ein niedrigeres Niveau angleichen. Zu kompliziert? Egal. Wichtig ist: Der AG-Motor hat nur einen Lader, der M-Motor zwei. Sie können daher kleiner ausfallen und reagieren schneller auf weniger Abgas bei niedrigen Drehzahlen. Ein elektrisch gesteuertes und dadurch schnell schließbares Wastegate (ein Seitenausgang für überschüssigen Druck im Lader) fördert ihr Ansprechverhalten zusätzlich.

BMWs 6-Zylinder-Turbomotoren

X3 M Comp. (S58)

X3 M40i

M3 (S55)

Hubraum

2993

2998

2979

Bohrung 

84

82

84

Hub 

90

94,6

89,6

Verdichtung

9,3

11

10,2:1

Leistung

510

358

431

bei U/min

6250

5500-6500

5500-7300

max. Drehmoment

600

500

550

bei Umin

2600-5950

1520-4600

1850-5500

Maximaldrehzahl

7200

6500

7300

Ölinhalt

7 Liter

6,5

6,5

Turbolader

2 Monoscroll

1 Twinscroll

2 Monoscroll

Eine Direkteinspritzung mit einem von 200 auf 350 bar gesteigerten maximalen Einspritzdruck spritzt der Ladeluft das Benzin so fein zerstäubt zu, dass die Emissionen auch beim Beschleunigen und bei hohen Geschwindigkeiten überschaubar bleiben sollen – zwei Otto-Partikelfilter reinigen sie, ehe sie durch die Klappenauspuffanlage mit den vier 100 Millimeter großen Endrohre in die Umwelt dürfen. Wie das klingt, lässt sich am Ende des Videos hören.

Und was ist mit der Wassereinspritzung?

Der M3 GTS der gerade abgelösten 3er-Reihe erreichte mit 500 PS fast das Niveau der neuen Competition-Variante – dank Wassereinspritzung (in den Brennraum). Die kühlt dort, wodurch das Gasvolumen sinkt bzw. mehr Gemisch in den Brennraum passt, was wiederrum gut für die Leistung ist. BMW nutzte als einziger Hersteller die aus der Formel 1 bekannte Wassereinspritzung in der Serie – sie ist auch emissionsmindernd einsetzbar.

Gut möglich, dass der neue Motor das dank seiner zwei Partikelfilter gar nicht mehr nötig hat. Das macht eine Version mit noch mehr Leistung als die Competition-Variante denkbar – und wahrscheinlich. Denn die M GmbH wird das Know-how der Wassereinspritzung mit ihren unbestreitbaren Vorteilen nicht einfach beerdigen. Noch können sich Fans des aufwendigen Verrennungsmotorenbaus also auf die Kirsche auf dem Sahnehäubchen freuen.

Fazit

Bei der M GmbH wird die Verbrennungsmotorentechnik noch nicht von Elektromotoren und Batterien verdrängt. Die Bildergalerie lässt erahnen, wie viel komplizierter ein Hochleistungs-Benziner gegenüber einem E-Motor ist und wie viel Know-how nach mehr als 100 Jahren im Hubkolbenmotor steckt.

Aber die Grenzen der Technik werden auch sichtbar: Der X3 M Competition wiegt gegenüber dem X3 M40i 160 Kilogramm mehr (1.970 kg), der cW-Wert verschechtert sich um 2 Punkte – weil die 152 Mehr-PS auch mehr Luft brauchen.

Und im Gesamtwirkungsgrad hat der Verbrenner gegenüber dem E-Auto keine Chance. Seine Überlegenheit rührt nur aus dem hohen Energiegehalt von Benzin (ein Liter entspricht neun Kilowattstunden Batteriekapazität).