Sieben große Autobauer gründen Ionity-Klon für USA
Mehr als doppelt so viele Schnelllader wie Tesla

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Das Supercharger-Netzwerk gilt als das Erfolgsgeheimnis von Tesla – denn ohne Ladestationen ist die Sache mit den E-Autos schwierig. Das haben auch andere Autobauer verstanden. Sieben von ihnen haben sich jetzt zusammengeschlossen und ein Joint Venture gegründet, mit dem sie mehr als doppelt so viele Supercharger wie Tesla bauen wollen.

Sieben große Autobauer haben sich zusammengeschlossen, um die Ladeinfrastruktur in den USA anzuschieben, wie Mercedes-Benz USA am 26.7. verkündete. Mit an Bord sind darüber hinaus BMW, General Motors, Honda, Hyundai, Kia und der Stellantis-Konzern mit Marken wie Jeep, Ram, Chrysler und Co. Zusammen wollen sie ein Netz aus 30.000 Ladepunkten in Städten und an Highways in den USA und in Kanada aufbauen. Die ersten Ladesäulen sollen im Sommer 2024 an den Start gehen.

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Hierfür wollen die sieben Konzerne ein eigenes Joint Venture gründen, ähnlich wie es einige der beteiligten Autobauer für Europa mit dem Unternehmen Ionity getan haben. Wie in Europa zielen die Autobauer darauf, nicht nur ihr eigenes Geld zu investieren, sondern auch auf öffentliche Mittel zurückzugreifen, um die Schnelllader aufzubauen. Wie hoch die geplanten Investitionen und Subventionen sind, wurde noch nicht veröffentlicht. Zur geplanten Organisationsstruktur des Unternehmens wurden ebenfalls noch keine Angaben gemacht. Insgesamt erscheinen die Pläne noch so jung, dass noch nicht einmal Zeit war, einen Namen für das Joint Venture zu finden. So war auf der Mercedes-Website lediglich der Claim zu finden: "We charge North America. Fast. Reliable. Sustainable." Klingt nach großen Zielen, konkret geht aber anders.

30.000 Ladepunkte bis 2030

Wie groß die Ziele tatsächlich sind, wird deutlich, wenn man sich die wenigen bekannten Zahlen näher anschaut. Mit 30.000 Ladepunkten – wenn man so will Steckern oder Parkplätzen, auf denen ein Auto am Ende tatsächlich geladen werden kann – will das Joint Venture aus Mercedes, BMW und Co. bis 2030 die aktuelle Zahl von Teslas Supercharger-Netzwerk um das 2,5-fache erhöhen. Tesla zufolge betreibt das Unternehmen derzeit rund 12.000 Ladepunkte in den USA und Kanada.

Mercedes verdreifacht seine Ambitionen in Sachen eigenes Ladenetz damit sogar. Auf der CES 2023 verkündete der Autobauer, dass man ein eigenes Ladenetzwerk mit 10.000 Ladepunkten errichten wolle. Allerdings war hier die Rede von Ladepunkten in Nordamerika, Europa und China. Bis 2027 sollten allein in den USA und Kanada 400 Mercedes-Ladeparks mit mehr als 2.500 Ladepunkten errichtet werden. Als Startpunkt nannte Mercedes das vierte Quartal 2023. Durch die neuen Mitstreiter vervielfacht sich die Zahl und es wird für das Unternehmen sicher leichter sein, sie zu erreichen.

Autobauer gründen Ionity-Klon in den USA

Dennoch ist die geplante Menge an Ladestationen gewaltig. Denn das 2017, ebenfalls von Mercedes mitgegründete Gemeinschaftsunternehmen Ionity betreibt heute, rund sechs Jahre später, gerade einmal 2.600 Ladestationen an etwas mehr als 500 Standorten in ganz Europa.

Wie bei den Beteiligten des Unternehmens anzunehmen war, gibt es auf die Frage des Ladesteckers beim künftigen Joint-Venture-Ladenetzwerk zwei Antworten: NACS und CCS1. Denn zu den Autobauern, die dem Sog von Teslas großem Ladenetzwerk in den USA bereits gefolgt sind, zählen auch Mercedes und GM. Beide wollen ab 2024 in den USA und Kanada auf Teslas-Ladestandard NACS (North American Charging Standard) setzen, um die Ladesäulenabdeckung für ihre Kunden zu vergrößern. Andere am Joint Venture beteiligte Autobauer wie BMW und Kia, aber auch der Stellantis-Konzern, verharren jedoch noch beim CCS (Combined Charging System), dessen Standardisierung bereits abgeschlossen ist und der in ähnlicher Form auch in Europa zum Einsatz kommt.

Bei der technisch möglichen Ladeleistung sind die beiden Systeme laut Tesla vergleichbar und auch die Kommunikationsprotokolle der Systeme seien identisch. Allerdings ist das Steckergesicht komplett verschieden und inkompatibel. So wird jede der neuen Joint-Venture-Ladesäulen wohl mit zwei Kabeln oder einem Adapter ausgestattet sein, wie ihn beispielsweise auch Tesla an vereinzelten Superchargern anbietet. Wie Teslas Adapter-System MagicDock funktioniert, erfahren Sie hier.

Der Volkswagen-Konzern hat sich – anders als bei Ionity – bei den Plänen von Mercedes, BMW und Co. übrigens nicht angeschlossen. Die Wolfsburger haben zwar bereits verkündet, mit ihrem eigenen amerikanischen Ladenetzwerk namens Electrify America auch NACS-Stecker zu nutzen; Mercedes und die anderen Autobauer konnte man offensichtlich aber nicht überzeugen, ins eigene Netz einzusteigen.

Für alle, die weder bei Tesla noch bei VW oder Mercedes und seinen Mitstreitern laden wollen, haben wir in die Galerie noch ein paar Alternativen zum Laden gepackt.

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Mittlerweile ganz okay, meist kann man auch die Wartezeit sinnvoll nutzen.Einfach nervig, da hapert es noch gehörig an Komfort und Service.

Fazit

Der Inflation Reduction Act zeigt auch aufseiten der Ladesäulen Wirkung. Nun stecken viele andere Autobauer Geld in die Ladeinfrastruktur der USA und hoffen auf hohe Subventionen und große Gewinne. Vor allem versuchen die sieben Autobauer wohl aber, nicht ganz der Marktmacht von Tesla zu unterliegen. Das US-Unternehmen hat sich mit seinem bislang größten Ladenetzwerk in den USA einen großen Vorsprung aufgebaut.

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