Porsche-Chefdesigner Michael Mauer im Interview
„Mit dem Panamera bin ich sehr happy“

Michael Mauer, Porsche-Chefdesigner und verantwortlich für das Design im Volkswagen-Konzern, über zehn Jahre Panamera: wie alles begann, wie die Sportlimousine die Firma veränderte – und wie der perfekte Panamera aussehen muss.

Michael Mauer
Als vor zehn Jahren der erste Panamera herauskam, haben wir bei auto motor und sport einige fiese Überschriften gemacht: „Buckel-Wahl“ und „Dick-Schliff“ und „Moby Quick“. Stimmt es, dass der damalige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking Ihnen die Optik des Autos verhunzt hat?

Ich war zu dem Zeitpunkt noch nicht lange bei Porsche. Er war für mich natürlich der „Dr. Wiedeking“, der große Porsche-Chef. Und er hat, glaube ich, schon ein gutes Gespür gehabt, wie wir mit der Marke Porsche in weitere Segmente vordringen würden. Die Reihenfolge, erst Cayenne, dann Panamera, war aus meiner Sicht eine sehr gute Entscheidung. Leider war Herr Wiedeking eher ein Sitzriese: Er war ohnehin groß, aber sein Oberkörper war im Verhältnis besonders lang. Das hat natürlich die Form des Autos im Heckbereich beeinflusst.

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Und das wurde der sportlich-flachen Panamera-Dachlinie zum Verhängnis?

Er saß hinten in der Sitzkiste drin und hat gesagt, dass die Kopffreiheit auf den Fondsitzen seiner Meinung nach nicht ausreiche.

Vermutlich hat er das, wie es seine Art war, sehr deutlich formuliert, oder?

Ich habe mich immer respektvoll behandelt gefühlt von ihm. Aber ja: Das war eine klare Ansage.

Und wie viel höher musste die Dachlinie schließlich werden?

Das waren vielleicht 15 oder 20 Millimeter. Aber – der Spruch ist nicht von mir – man weiß, wie dünn ein Haar ist, und man sieht trotzdem, wenn es absteht. Mit anderen Worten: Der Höhenzuwachs an dieser Stelle ist rein optisch ein extrem sensibles Thema.

Der Panamera hat am Anfang für viel Wirbel gesorgt.

Porsche Panamera V6
Dino Eisele
Der erste Panamera.

Ja, er hat extrem viel Aufmerksamkeit bekommen, nicht nur von auto motor und sport. Er war in aller Munde. Der Eintritt in dieses Segment mit einer großen Heckklappe und als Fließheck – das war schon mutig. Da gab es sonst nur Limousinen wie beispielsweise einen BMW Siebener oder die Mercedes S-Klasse, zum damaligen Zeitpunkt ein sehr konservativ besetztes Segment. Im Nachhinein hat es, glaube ich, sehr geholfen, dass der Panamera eine ganz eigene Charakteristik hatte – auch wenn diese anfangs vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig war. Beim ersten Cayenne war es ähnlich. Aber das Konzept sorgte für Aufmerksamkeit, es hat – im positiven Sinne – polarisiert.

Inwiefern?

Der erste Cayenne Turbo hat eine Spitzengeschwindigkeit von mehr als 300 km/h erzielt und war trotzdem extrem geländegängig. Natürlich kann man hier die Frage stellen: Hat es denn das nun gebraucht? Aber um Kunden zu erobern, waren diese Parameter extrem wichtig. Das führte dann sicherlich auch zu ein paar Kompromissen, die wir als Designer eingehen mussten.

Wie hat der Panamera die Marke Porsche verändert?

Konkret fällt mir dazu das Thema Innenraumqualität ein. Im Panamera haben wir Materialien und Design-Aspekte umsetzen können, die man aus den klassischen Sportwagenmodellen bei Porsche so noch nicht kannte. Und wir haben die Marke damals sicherlich auch für Kunden geöffnet und attraktiv gemacht, die in diesem Segment sonst eher in Wettbewerbsfahrzeugen unterwegs waren.

Für uns waren zehn Jahre Panamera immer auch zehn Jahre Ringen mit der Breite des Autos. Für Sie auch?

Ja, das kann man so sehen. Aber ein Porsche muss immer ein sportliches Verhältnis von Breite und Höhe haben. Und natürlich kam noch hinzu, dass das Auto große Motoren hat und einen breiten Getriebetunnel braucht.

War die zweite Generation des Panamera dann so, wie Sie es sich von Anfang an vorgestellt hatten?

Definitiv. Wir wussten schon bei der ersten Generation, welche Verbesserungspotenziale vorhanden sind. Mit der zweiten Generation bin ich sehr happy.

Und wie sehen Sie den Sport Turismo, den man laut Porsche auf keinen Fall Kombi nennen soll?

Der Sport Turismo bietet mehr Kopffreiheit. Das hat uns beim Design des Fahrzeugs extrem geholfen, eine – wie wir es nennen – schnellere Dachlinie zu realisieren. Mit dem Panamera Sport Turismo konnten wir das Designkonzept der Limousine nochmals weiterentwickeln; ein spannendes Thema, dessen Umsetzung uns, denke ich, sehr gut gelungen ist.

Und was ist so schlimm am Wort Kombi?

Schlimm ist daran nichts – außer, dass der eine oder andere mit „Kombi“ früher bildlich eher das Mercedes T-Modell des Dorfmetzgers verband. Aber die Zeiten sind ja auch vorbei.

Würde es heute nicht genügen, ausschließlich den Sport Turismo anzubieten?

Porsche Panamera GTS
Porsche
Der Sport Turismo ist die jüngste Zugang zur Panamera-Linie

Nicht ausschließlich. Unsere Kunden in Europa fragen den Sport Turismo stark nach, da die Karosserieform spezieller ist. Das kommt hier sehr gut an. In den USA ist die Limousine nach wie vor die beliebtere Variante.

Wie haben Sie Ihren Panamera-Dienstwagen konfiguriert?

Ich habe mich bewusst für einen Turbo entschieden, keinen Turbo S. Ich bin viel in den Bergen unterwegs und bilde mir ein, das zusätzliche Gewicht beim Turbo S zu spüren. Mein Panamera ist ein Sport Turismo, weil er genau die fünf Zentimeter mehr Raum bietet, die ich zum Verstauen der Ski im Kofferraum brauche. Und ja, bei den Farben hatte ich auch den einen oder anderen Sonderwunsch.

Das heißt?

Schiefergrau-und-Schwarz-Paket im Exterieur, innen eine hochwertige schwarze Lederausstattung mit heller Kontrastnaht.

Welche Rolle hat die Erfahrung mit dem Panamera für den Taycan gespielt?

Mit dem Panamera haben wir bereits das Segment der großen Limousinen besetzt – das hat Freiräume geschaffen und uns erlaubt, den Taycan etwas knapper zu gestalten. Natürlich fließt bei jedem Fahrzeug immer die Erfahrung mit ein, die wir bei vorherigen Projekten mitgenommen haben. Durch Panamera und Cayenne hatten wir bereits viele Ansätze im Bereich der viertürigen Sportwagen in der Schublade, die dann auch im Designprozess des Taycan eine Rolle gespielt haben.

Wird der Taycan den Panamera relativ schnell ersetzen?

Das glaube ich nicht. Beide Konzepte haben ihren eigenen Charakter. Das Thema wird vielleicht relevanter, wenn wir uns entscheiden sollten, einen Panamera mit rein elektrischem Antrieb auf den Markt zu bringen.