Alfa Romeo Tonale und Cupra Formentor im Test
Der Formentor bietet, was man vom Tonale erwartet

Treten zwei Südländer in den Wettkampf, wird es meist spannend. In diesem Duell ist der Cupra jedoch haushoch überlegen. Warum das so ist, erfahren Sie hier im Testbericht.

Alfa Tonale, Cupra Formentor
Foto: Hans Dieter-Seufert

Erinnern Sie sich noch? Seat sollte innerhalb des VW-Konzerns zum glutäugigen Konkurrenten von Alfa Romeo werden. Das hat nur teilweise funktioniert, obwohl die Autos viel besser waren als das Image der spanischen Marke. Doch allein schon, dass es für die Anhänger der VW-Tochter kein Äquivalent zur Bezeichnung Alfisti gibt, spricht Bände bezüglich der Fan-Kultur. Also neuer Anlauf unter neuem Namen: Aus Seats Sportvariante Cupra wurde eine eigene Marke – und tatsächlich scheint sich die kurvenfreudige Kundschaft dafür zu begeistern. Wären das jetzt die Cupristi? Das nur ganz allgemein gefragt. Konkret geht es hier darum, wie sich der Formentor als Crossover gegen den kompakten SUV Alfa Romeo Tonale schlägt.

Unsere Highlights

Wobei wir das eigentlich umgekehrt formulieren müssten. Denn der Formentor war zuerst am Start, kam Ende 2020 als erstes eigenes Auto von Cupra, wie man es dort stolz verkündet. Also das erste mit eigener Karosserie, keine Übernahme von Seat. Und der Tonale? Der ist noch ein Frischling am Markt, wenngleich er auf einer nicht mehr ganz taufrischen Plattform steht: Redaktionsinterne Ahnenforscher datieren sie zurück bis auf den Jeep Compass des Jahres 2006.

Koffer- oder Normsitzraum

Alfa Tonale
Hans Dieter-Seufert

500 Liter nimmt der Kofferraum des Alfa Romeo bei voller Bestuhlung auf, der Cupra kommt auf 50 Liter weniger. Maximal sind es 1.550 Liter beim Tonale und 1.505 beim Formentor.

Nun tendiert man bei Alfa Romeo generell dazu, neue Modelle vorwiegend unter dem Licht der Sportlichkeit zu betrachten. Das greift natürlich zu kurz. Denn gerade in der Boom-Klasse der SUV geht es wohl zuallerletzt darum – vielmehr ums Verrichten von Alltagsaufgaben. So legt der Tonale entgegengesetzt zum Formentor bei ähnlichem Radstand eher Wert auf einen großen Kofferraum als auf viel Beinfreiheit im Fond. Außerdem gehen ihm rasch die Reserven an Kopffreiheit aus, falls Großgewachsene hinten zusteigen, was auch an der sehr hohen Sitzposition liegt.

Unterschiede bei der Funktionalität egalisieren sich in etwa: Die Motorhaube des Alfa wird über Gasdruckdämpfer geführt, unter dem Tankdeckel steckt das praktische Easy-Fuel-System ohne zusätzlichen Verschluss, zudem bietet der kompakte SUV die durchaus wichtige Nettigkeit von in der Höhe verstellbaren Gurten vorn. Das alles hat der Cupra nicht, im Gegenzug aber eine 230-Volt-Steckdose im Gepäckabteil sowie eine Fernentriegelung der Rücksitzlehnen. Und seine Kofferraumabdeckung passt auch ohne Quetschungen unter den herausnehmbaren Ladeboden.

Außerdem steigt man in den flacheren Formentor anders ein: Vorder- wie Rücksitze sind tiefer montiert, man lässt sich in sie hinabsinken, findet konkreteren Halt. Schon das gibt einen Hinweis auf die konzeptionellen Unterschiede hier im Vergleichstest – Tief- gegen Hochbau, der Tonale ist ein typischer Vertreter der aufragenden Kompakt-SUV. Und das Mehr an Karosserie bringt mehr an Gewicht auf die Waage, konkret 1.618 statt 1.429 Kilogramm.

Gut, denkt man sich, die Zutaten des Mildhybrid-Systems sind eben schwer, dürften andererseits aber für einen niedrigeren Verbrauch bei gleichzeitig tapferem Antritt sorgen. Eine 15 kW starke E-Maschine, versorgt von einem 0,8-kWh-Akku, soll den 1,5-Liter-Vierzylinder unterstützen. Jenem hilft weiterhin ein VTG-Lader mit variabler Turbinengeometrie auf die Sprünge. Und der Verbrenner läuft nach dem Miller-Zyklus, also mit reduzierter Füllung bei gleichzeitig erhöhter Verdichtung. Man betreibt somit recht hohen technischen Aufwand in der Motorenabteilung von Alfa Romeo.

Das Hin-her-zu-weg

Alfa Tonale
Hans Dieter-Seufert

Nicht gut gelungen ist Alfa Romeo die Abstimmung des Hybridsystems – es ruckt immer wieder.

Tatsächlich lässt der Tonale im Testdurchschnitt auf 100 Kilometer fast einen halben Liter Benzin weniger durch seine vier Brennräume strömen; hier fruchtet das verwegene Hin- und Her- und Zu- und Wegschalten der einzelnen Antriebskomponenten, wie es das Hybridsystem pflegt. Doch schon beim Dahinschnüren (unser Eco-Verbrauch) reduzieren sich die Unterschiede zum Cupra auf ein Zehntel. Erstens.

Zweitens wird das Hin-her-zu-weg genau als solches wahrgenommen. Es ruckt und zuckt zuweilen gerade beim gelassenen Beschleunigen oder Dahingleiten, mithin in Momenten, die nicht nach wildem Aktionismus im technischen Unterbau verlangen würden. Fordert man jenen allerdings per rechtem Fuß an, dann setzt der Schub verzögert ein, scheint die automatisierte Kupplung zunächst einen passenden Gang herbeischleifen zu müssen, bevor sich der 1,5-Liter auf Touren müht und bereits auf einem Drehzahlniveau schlappmacht, das man eigentlich von Dieseln kennt.

Nun ist auch der 1.5 TSI des VW-Konzerns kein scharfer Hund, der an der Leine hechelt, bis er endlich losrennen darf, doch im direkten Vergleich wirkt er deutlich impulsiver. Das pragmatisch abgestimmte Doppelkupplungsgetriebe findet beim Herausstemmen aus Kurven schneller die passende Übersetzung, wirkt weniger ratlos. Insgesamt ist einfach mehr Leben in der Cupra-Bude.

Für alle, die nun beim Blick auf die praktisch identischen Beschleunigungswerte des Alfa Romeo verwundert stutzen, hier eine Erklärung: Der stehende Vollgasstart auf der Teststrecke ist ein Sonderfall, der selbst verschlafene Motoren wie im Tonale zu einem Tatendrang nötigen kann, der im Alltag so nie erlebt wird. Dort jedenfalls pocht kein Cuore Sportivo, kein sportliches Herz – weder unter der Fronthaube, noch beim Fahrer.

Nun wären traditionelle Alfisti möglicherweise besänftigt, wenn der Sportsgeist zumindest in den Beinen steckte. Tatsächlich lassen das die Fahrdynamikwerte vermuten, die wir bei Slalom und doppeltem Spurwechsel ermittelt haben. Sie liegen innerhalb der Klasse der kompakten SUV auf hohem Niveau. Folgt, Sie ahnen es bereits, die Einschränkung: Erstens schlüpft der Formentor nochmals behänder an den Pylonen vorbei. Zweitens zeigt er ähnliches Geschick an den Leitpfosten der Landstraße, bewegt sich dabei authentisch bis hinein in eine gewissenhafte Rückmeldung.

Dagegen erstickt die hektisch anschlagende, sich gleichzeitig leblos anfühlende Lenkung des Tonale jegliche aufkeimende Kurvenlust, weil sie kaum mehr ist als ein Richtungsgeber. Einzige Form der Rückmeldung: Rütteln auf buckeliger Straße.

Immerhin müht sich die Federung im Verbund mit den adaptiv arbeitenden Dämpfern redlich, es der Lenkung nicht gleichzutun, filtert die gröbsten Zumutungen aus dem Belag – ohne freilich hier die Gewissenhaftigkeit des Konkurrenten zu erreichen. Dessen Schwingungstilger bieten einen besonders breiten Verstellbereich, was wir beim Unterpunkt "Spreizung Fahrmodussysteme" im Kapitel Fahrverhalten belohnen.

Nicht einmal im Teilbereich Sicherheit setzt der Neue aus Italien Ausrufezeichen. Zwar begeistert er mit kräftiger Verzögerung, desillusioniert allerdings bereits mit einem inhomogen zu dosierenden Bremspedal und hält sich bei der Auswahl an Assistenten vornehm zurück.

Entsprechend geht auch dieser Sektor im Vergleichstest an den Cupra; es sind in der Eigenschaftswertung alle fünf Kapitel, und das ergibt einen durchaus deutlichen Punktevorsprung. Dieser vergrößert sich sogar noch bis zum Ende der Beurteilung. Denn dem etwas niedrigeren Testverbrauch steht der deutlich höhere Leistungsaufwand bei konstant 130 km/h entgegen – unter anderem hervorgerufen durch das höhere Gewicht sowie den höheren Aufbau.

Das Zwar-aber macht nicht einmal vor der Kostenwertung halt: Zwar gewährt Alfa Romeo vier statt zwei Jahre Gewährleistung und gibt dem Tonale in der hier getesteten Veloce-Ausführung eine höherwertige Serienausstattung mit. Aber das kostet Geld. Und damit Punkte. Blieben weiters die teuren Prämien für die Versicherungspolicen, die die Festkosten – auf fünf Jahre betrachtet – erhöhen. Womit wir thematisch gesehen emotional am Tiefpunkt angelangt wären.

Was wir niemals bewerten

Alfa Tonale, Cupra Formentor
Hans Dieter-Seufert

Der Formentor bietet, wasman vom Tonale erwartet.

Der Tonale kassiert eine deutliche Niederlage, weil sich seine Schwächen wie ein roter Faden durch die Bewertung ziehen. Wobei sie vor allem in jenen Kapiteln kulminieren, die für einen Alfista höchste Bedeutung haben: bei Antrieb und Fahrverhalten. Auf den Punkt gebracht spricht für den Neuen vor allem ein besonders relevanter Kaufgrund, den wir selten thematisieren und niemals bewerten, der dennoch bei Interessenten einen Ausschlag wie kaum ein zweiter gibt: das Aussehen.

Eingangs des Textes haben wir daherphilosophiert, dass bei Seat die Autos besser waren als das Image. Am Ende des Vergleichstests müssen wir das Umgekehrte für Alfa Romeo und den Tonale feststellen. Zumindest in dieser Paarung hier gilt: Cupra hat sein Vorbild nicht nur eingeholt, sondern überholt.

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Fazit

1. Cupra Formentor
573 von 1000 Punkte
2. Alfa Romeo Tonale
509 von 1000 Punkte
Technische Daten
Alfa Romeo Tonale 1.5 VGT VeloceCupra Formentor 1.5 TSI
Grundpreis46.300 €40.250 €
Außenmaße4528 x 1835 x 1614 mm4450 x 1839 x 1520 mm
Kofferraumvolumen500 bis 1550 l450 bis 1505 l
Hubraum / Motor1469 cm³ / 4-Zylinder1498 cm³ / 4-Zylinder
Leistung118 kW / 160 PS bei 5750 U/min110 kW / 150 PS bei 5000 U/min
Höchstgeschwindigkeit212 km/h203 km/h
0-100 km/h9,3 s9,2 s
Verbrauch6,1 l/100 km6,8 l/100 km
Testverbrauch7,7 l/100 km8,1 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten