Audi A4, BMW 3er, VW Passat
Der neue Audi A4 im ersten Fahrvergleich

Es gab da noch ein paar Dinge zu perfektionieren am Audi A4. Ob Audis Neuer damit nun ein vollkommener Siegertyp ist, klären wir im Vergleich mit BMW 3er und VW Passat. Also, falls uns die Polizia Stradale je weiterfahren lässt ...

Audi A4, BMW Dreier, VW Passat, Frontansicht
Foto: Achim Hartmann

Flüchten und Ausflüchte lohnen nicht. Rechts ran, auf das Unvermeidliche warten. Nach zwei Minuten hat der Subaru Forester der Polizia Stradale gewendet und uns eingeholt. Zwei Beamte steigen aus. Was das gerade war, fragt der Kleine. Weil unser Italienisch gleich hinter „Quattro Stagioni“ endet, sagen wir, dass es genau das war, wonach es aussah: Wir zuckelten mit 30 km/h über eine leere Straße, Achim ließ sich vorauschauffieren, fotografierte A4, Passat und 3er durchs Seitenfenster.

Verboten, meint der Große, zeigt dabei in ein Gesetzbuch. Kurz überlegen wir, wie wenig es uns überraschte, gäbe es in Italien wirklich ein Gesetz, das Langsame-Autos-aus-dem-Fenster-Fotografieren verböte. Dann erfahren wir: Achim war nicht korrekt angeschnallt. 90 Euro, sagt der Kleine. Und fragt, welches hier eigentlich das neue Auto sei.

Audi A4 und der gut getarnte Fortschritt

Man sieht dem A4 die Neuheit nicht an, sie steckt im Detail. In jedem. Für jedes gibt es eine ingeniöse Erklärung – von den Kühlerjalousien, die beitragen, den Luftwiderstandsbeiwert auf exakt 0,2335 zu senken, bis zur Kofferraummatte mit Leichtwabenstruktur, die zu den 130 Kilo Gewichtsersparnis 0,2 Kilo beiträgt.

Den größten Anteil daran hat die neue Basis. Als zweiter Audi nach dem Q7 basiert der A4 auf der Evo Version des Modularen Längsbaukastens (anders als VWs Passat, der Quermodulierte), hat nun statt der Trapez- eine Fünflenker-Hinterachse, die wie die Fünflenker-Vorderachse leichter ist und gleichzeitig steifer an die Karosserie angebunden. Dazu gibt es für je 980 Euro zwei Adaptivfahrwerke – ein komfortabel und ein sportlich ausgelegtes. Quattro? Eh klar, mit einer Standard-Kraftverteilung von 40 zu 60. Die Kraft, die zu verteilen ist, kommt von einer erneuerten Motorenpalette mit drei Turbobenzinern und vier Turbodieseln.

Die verkuppelt Audi je nach Version mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe, der Siebengang-Doppelkupplungsbox oder dem neuen Achtstufen-Wandlerautomaten. Damit ist alles ähnlich variantenreich wie beim 3er (sieben Diesel, fünf Benziner, drei Getriebe) und Passat (fünf Diesel, sechs Benziner, drei Getriebe). Wir könnten noch aufzählen, was es an Extras gibt (fast alles) und was das Infotainment des Audi A4 an Konnektivität auffährt (wirklich alles). Aber wir klappen die Preislistenwälzer zu, schalten die Radios aus. Es kommt aufs Fahren an.

Neuer V6-TDI sorgt für effiziente Dynamik im A4

Die Fahrertür des A4 fällt ins Schloss, die Welt bleibt draußen. Ein Druck auf den Starterknopf: Wie von weit entfernt lässt sich der Leerlauf des V6-TDI hören – nicht als Nageln, nur als leichtes Sticheln. Bei Audi sind sie stolz auf den Sechszylinder mit elektrisch verstellbarem Turbolader. Ein wenig, weil ihn die Verwandtschaft in WOB nicht hat, vor allem aber auf seine Effizienz (4,9 l/100 km) und seine Manieren. Ein drehzahladaptiver Tilger lässt den stärksten TDI schon ab 850 Touren rund laufen. So stürmt er vom Anfahren homogen los, einem Hochplateau von 600 Nm entgegen.

Es geht rasant voran, dazu kultiviert – auch wegen der sanften Automatik –, leise, ja unspektakulär. Da sitzt du in den Sportsitzen, die nicht gar so umschmeicheln wie im Passat, nicht ganz so umschlingen wie die im BMW, und schnipst dich den Berg hoch. Grip? Quattro! Also guckst du dich um, merkst, wie hochwertig alles hier drin ist im prunkvoll ausgestatteten Testwagen. Dann verzettelst du dich kurz in den verschachtelten Menüs des MMI-Bediensystems und merkst, dass sich der Audi A4 trotz besseren Raumangebots noch angenehm kompakt anfühlt. Dieser V6 TDI hat das sportliche Adaptivfahrwerk, das Unebenheiten dennoch sorgsam wegsteckt – klar, im Komfort-Modus feiner als im nicht mal viel herberen Dynamik-Modus.

Das ist nun ein guter Moment, um zu erzählen, wie es vorhin mit dem anderen A4 war, dem hocheffizienten 2.0 TFSI Ultra, der zwar besonnener loslegt, dann aber einfach alles kann: kultiviert und effizient verbrennen, drehen, ziehen, absatzlos durchs Doppelkupplungsgetriebe schalten und im Schiebebetrieb im Leerlauf rollen. Der 2.0 TFSI hatte das komfortabel abgestimmte Adaptivfahrwerk. Es filtert herbe Stöße souverän und wankfrei weg, wirkt nur unerheblich weniger agil als das Sport-Set-up. So wird der Audi A4 richtig komfortabel.

BMW 320d überzeugt mit Lenkung und Fahrwerk

Oben am Berg ist der BMW 320d dran. Sein Zweiliter-Diesel rumpelt sich wach (ja, die Motoren passen nicht zusammen, das klappt dann beim Vergleichstest), legt motiviert los. Straffer, aber kaum unkomfortabler abgestimmt haben sie den 3er beim Facelift. Passt zum Selbstverständnis des 3er und zu unserem Verständnis eines kompakten BMW. Dämpfer, Lenkung, Motor auf Sport, die brillante Achtstufenautomatik ausnahms- und eigentlich unnötigerweise auf manuell stellen. Ab!

Die Straße windet sich durch den Wald, schlägt so enge Kurven, dass du fürchtest, sie könne sich verknoten. Wir sind irgendwo in den Bergen nördlich von Venedig. Ich möchte schauen, wohin die Straße führt. Ein Wegweiser witscht vorbei, aber ich kann nicht gucken. Freunde, hat es der BMW 3er drauf, noch mehr als vorher mit der scharf-präzisen, direkten, rückmeldungsintensiven und antriebseinflussfreien Lenkung. Wenn ich nun schreibe, dass ich nebenbei feststelle, dass der BMW enger ist, die Materialien budgetoptimierter, die Bedienung mit iDrive besser ist als bei den anderen, dann glauben Sie mir kein Wort. Habe ich vorher auf dem Parkplatz verglichen, als ich durch die drei Autos krabbelte. Denn jetzt gibt es kein Nebenher, es gibt nur den nächsten Brems-, Schalt- und Einlenkpunkt, das gierige Eintauchen des 3er in die Kurve und das sachte Heckdrängen beim Herausbeschleunigen. So geht es weiter, immer weiter, bis ich endlich umdrehe. Als ich zurückkomme, will Achim wissen, wo ich war. Ich steige in den VW und kläre das mal.

Der Passat gilt ja als Fortsetzung des Golf GTI für Kindergeldberechtigte. Aber im Vergleich zum 3er wirkt er etwas sperriger, gemächlicher und eben vorderradgetrieben. Dabei bietet die Lenkung hohe Präzision und sehr gute, doch nicht brillante Rückmeldung. Vielleicht erklärt das den Unterschied am besten: Im Passat kann ich den Wegweiser lesen. Die Straße führt nach Sarone. Später auf der Autobahn brilliert der Passat mit üppigerem Platzangebot, sachter Federung und kuscheligen Komfortsitzen. Obwohl der 1,8-Liter-Turbobenziner nicht so modernisiert ist wie der Zweiliter im Audi, zieht er entschlossen durch und dreht kultiviert. Das DSG? Passt immer.

Audi A4: Der unterkühlte Perfektionist

Und jetzt: der A4. Das Stück hoch den Berg, dann rechts. Zeit genug, um zu erwähnen, dass sie bei Audi eine eigene Abteilung betreiben, die sich mit dem Lenkgefühl beschäftigt. Die neue elektromechanische Servolenkung hat serienmäßig eine direktere Übersetzung (15,9 zu 1). Und ja, das merkst du gleich, der Audi A4 macht alles hervorragend. Er wetzt durch den Wald, gripstark, neutral, enorm schnell, sicher. Aber dann kommt wieder so eine richtig großartige Kurve, eine, die enger wird, nach außen hängt. Eben so eine, in die sich der 3er mit Gebrüll gestürzt hat. So wie Jungs, die im Freibad vom Fünfmeterbrett eine Arschbombe machen, dass es bis zum Eisstand spritzt. Kommt so eine Kurve auf den A4 zu, wirkt er wie ein begeisterter Schüler, der sich freut, eine schwere Aufgabe fixer und sicherer als alle anderen gelöst zu haben. Der A4 ist schnell, wirkt jedoch dabei immer distanzierter. Das liegt auch an der Lenkung, die nie kompromisslos scharf reagiert wie die des BMW 3er. Doch so erreicht der A4 nicht dessen unmittelbare Präzision, Direktheit und Rückmeldung.

Es gibt keinen Grund, dem Audi seine Brillanz, seine Perfektion vorzuwerfen. Er macht alles richtig, hat jetzt mehr Platz für Passagiere und Gepäck, ist besser ausgestattet, vollendet verarbeitet und überragend leise. Sein Antrieb trimmt sich mit Navi-Daten auf noch mehr Effizienz, er fährt im Stau bis Tempo 65 selbstständig, kann Telefone induktiv aufladen, den Innenraum in 30 Farben illuminieren. Er ist ein vernünftiges, hervorragendes Auto. Eines von Perfektionisten für Perfektionisten.

Der Passat ist das Auto für alle, die mehr Platz für weniger Geld haben wollen und dafür auf ein kleines bisschen Perfektion verzichten können. Und der BMW? Nicht so hochwertig, enger, nicht günstiger als der Audi. Aber wenn es nach dem 3er ginge, hätten wir es den Jungs von der Polizia vorher mit dem Einholen nicht so leicht machen sollen.

Fazit

Vollendete Tatsachen

Der A4 ist ein hervorragendes Auto, bis ins Detail perfektioniert, komfortabel, effizient, leise und bestens vernetzt. Damit dürfte er es an die Spitze der Klasse schaffen. Selbst gegen den geräumigeren Passat, der das kleine Stückchen hinter dem Audi zurückbleibt, das er weniger kostet und das die Konzernstrategie wohl verlangt. Da müsste es der teure, enge 3er eigentlich schwer haben. Hat er aber nicht. Weil er seit der Modellpflege noch agiler, noch grandioser fährt.