Audi A6, BMW 530d, Mercedes E 350 im Vergleich
Sechszylinder für den gehobenen Dienst

Es läuft eine unsichtbare Grenze durch die Dienstwagen-Hierarchie unseres Landes: Die weniger Wichtigen fahren Vierzylinder, die vorgesetzten Entscheider Sechszylinder. Welcher darf es denn sein für den höheren Dienst? Erster Test rund um den aufgefrischten Audi A6.

Audi A6 3.0 TDI Quattro, BMW 530d, Mercedes E 350 Bluetec, Frontansicht
Foto: Achim Hartmann

Willkommen in der Welt 50.000 Euro plus x. Drei statt zwei Liter Hubraum und das Privileg der sechs Zylinder kennzeichnen die drei Limousinen, die ohne Modellschriftzug auch als Audi A6 2.0, 520d oder Mercedes E 220 Bluetec durchgingen. Sie stehen für den Wettbewerb der deutschen Hersteller in der dünner werdenden Luft der gehobenen Mittelklasse. Denn Hand aufs Herz: Was kann noch groß besser werden? Der Fortschritt macht Tippelschritte.

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Neuester in der Runde ist der A6, den Audi renoviert hat am Bug und am Heck, wo dem Hinterherfahrenden als Erstes leicht manieriert wirkende Blinker im Stil eines Reklame-Laufbands auffallen. Und hinterherfahren soll die Konkurrenz aus München und Stuttgart. Ob das gelingt?

Audi A6 powert mit Manieren

Manche lächeln ja über die an schmalen Fugen festgemachte Qualitäts-Manie der Audi- und VW-Leute. Doch wie die Türen des Audi A6 ins Schloss fallen, wie sich glänzende Rähmchen, feines Holz und Aluminium mit Kunststoffen fernab jeder Billig-Anmutung zu einem großen Ganzen fügen, das ist schon mal einige Zeilen wert. Der neue Wählhebel wirkt da fast ein wenig profan in diesem Luxus-Ambiente. Alles andere als kleinlich geht es auch im Bug zu. Dort summt der von zuletzt 245 auf 272 PS erstarkte V-Motor, der sehr entspannend darauf verzichtet, mehr als nötig von seinen Großtaten zu berichten. Dabei hätte er viel zu erzählen: Schlupfarm dank Quattro, katapultiert er den Audi A6 in nur 5,6 Sekunden auf 100 km/h, legt druckvoll weiter zu und erreicht wie die Konkurrenz erst bei abgeregelten 250 km/h seine Grenze.

Alles dazwischen erledigt er gern auch im siebten Gang des Doppelkupplungsgetriebes. Das verzichtet wohltuend auf die pointierte Zackigkeit, die diesen Getrieben zur Darstellung von Sportlichkeit manchmal antrainiert wird. Begleitet wird dieser Antriebskomfort des Audi A6 von sehr bequemen Sitzen auch hinten, einem üppigen Platzangebot und einer wirkungsvollen Geräuschdämmung dank Akustikglas für 1.190 Euro.

Ebenso an Bord des Testwagens: die adaptive Luftfederung (1.980 Euro). Man sollte sie sich nach Möglichkeit gönnen. Denn es ist schlicht eindrucksvoll, wie gelassen der Audi A6 derbere Wellen auspendelt und wie souverän er auch kleine Stolperkanten wegfiltert. Großes Kino also, sogar fahrdynamisch. Ohne Tücken meistert der Quattro die Wedel-und Ausweichtests, zeigt sich sicher und schnell obendrein. Nur die elektrische mechanische Servolenkung lässt es an Rückmelde-Transparenz mangeln, wirkt in Kurven unbeteiligt. Unterm Strich liefert der A6, den Audi auch in Sachen Multimedia und Konnektivität auffrischte, aber eine grandiose Vorstellung ab – besonders kurze Anhaltewege inklusive.

BMW 5er macht Lust auf Kurven

So vehement wie der Audi verzögert der 5er nicht – zwei Meter trennen die beiden aus 100 km/h, aus 190 km/h sind es gar sechs Meter. Und 190 km/h sind schnell erreicht im BMW 530d, denn sein etwas grummelig klingender Reihensechser liefert mit 560 Newtonmetern zwar am wenigsten Drehmoment in dieser illustren Runde. Die fabelhaft agierende Achtgangautomatik macht das aber sehr gut wett.

Optimiert mit Zutaten wie adaptiven Dämpfern (1.300 Euro) und der Aktiv-Integrallenkung für 1.750 Euro, wird der BMW 530d seinem Ruf als Fahraktivist wieder gerecht. Er liegt zwar so gewichtig in der Hand wie früher ein Mercedes. Den Tanz durch Kurven beherrscht er – auch wegen der schwergängigen, aber gefühlsechten Lenkung – am freudvollsten. Aktiven Fahrern wird sogar seine Tendenz entgegenkommen, im Extrem mit dem Heck Richtung Außenrand zu drängen, doch ist dies eher BMW-Folklore als Mittel zum Schnellsein, wie die Messwerte für Slalom und Wedeln zeigen.

Trotz der Adaptivdämpfer kommt der BMW 530d, der sich mustergültig bedienen lässt und mit bestens ablesbaren Instrumenten punktet, beim Komfort nicht an den Audi heran. Seine teuren Komfortsitze (2.260 Euro) sind zwar ebenfalls exzellent, doch selbst im Comfort-Modus liegt der BMW auf welligen Landstraßen zu unruhig mit nachwippendem Heck. Geht es beladen über vernachlässigte Holperpisten oder über Kanaldeckel, erlaubt sich der vorbildlich genügsame 530d sogar Ruppigkeiten und knistert aus den Türverkleidungen.

Mercedes E-Klasse ist schlicht souverän

Solche Patzer erlaubt sich der Mercedes E 350 Bluetec nicht, gleichwohl leidet sein Qualitätseindruck unter manchen harten Plastikflächen, der lieblos in den Kofferraum gebastelten WLAN-Einheit und einem Cockpit-Ambiente, das ein wenig altbacken wirkt. Fehlende Schnellzugriffstasten für die Fahrerassistenten, dicht beieinander positionierte Lenkradhebel und die umständliche Comand-Steuerung kommen hinzu.

Beim Fahren indes ist das alles vergessen. Denn der leise V6 des Mercedes E 350 spielt gut Doppelpass mit der Neungangautomatik, die so weit gespreizt ist, dass die Gänge acht und neun eigentlich erst auf der Autobahn zum Einsatz kommen. Schnell wird man zum gelassenen Gleiter in diesem Auto, das mit seiner leichtgängigen, indirekt übersetzten Lenkung den Fokus auf eine flüssige Fahrweise ohne nähere Bekanntschaft mit dem Grenzbereich legt. Das durch ein großzügiges Raumgefühl, eine sorgsam ausbalancierte Luftfederung (Airmatic, 2.023 Euro) und einen trotz erhöhter Messwerte guten Geräuschkomfort erzeugte Wellness-Erlebnis könnte jedoch noch größer sein. Denn der Sitzkomfort ist auf hohem Niveau nur suboptimal: Im Fond stehen die Lehnen einen Tick zu flach, um rundum gemütlich zu sein, und die Aktivsitze für 1.523 Euro, die mit aufblasbaren Wangen in Kurven Halt geben, reichen auch nicht ans Niveau der Konkurrenz heran: niedrige Lehnen, etwas zu hart gepolsterte Sitzflächen, wenig nutzbare Sitztiefe.

Beschleunigen tut der Mercedes E 350 Bluetec, der wie der Audi ein Schlückchen mehr Diesel verbrennt als der BMW, etwas verhalten. Doch das spielt nur am Stammtisch eine Rolle, denn im echten Leben lässt sich dank des dicken Drehmoments stets aus dem Vollen schöpfen.

Ziemlich viel Sowohl-als-auch, finden Sie? Stimmt, zumal der auf BMW-530d-Niveau bremsende Mercedes E 350 mit dem höchsten Grundpreis antritt. Daher bleibt ihm unterm großen Strich nur der dritte Platz. Für den höheren Dienst taugt aber auch er allemal.

Guldes Connectivity-Check

Audi A6: höheres Tempo und mehr Funktionen. Passend zum dezenten Facelift stechen auch die Infotainment-Neuerungen beim Audi A6 nicht sofort ins Auge. Dabei hat sich einiges getan: Wer sich für die MMI Navigation Plus (3.380 Euro) sowie Audi Connect (500 Euro) entscheidet, kann ab sofort Musik des Webradio-Anbieters Aupeo und des Streamingdiensts Napster mit über 20 Millionen Titeln über die Bordlautsprecher hören. Beide Funktionen laufen auf der Audi-Connect-App, die via WLAN gekoppelt wird. WLAN bietet im Vergleich zu Bluetooth eine höhere Bandbreite und unterstützt mehr Steuerfunktionen, wovon schon die normale MP3-Koppelung profitiert. Beim Datentransfer setzt Audi nun auf den schnellen LTEStandard, was sich beim Test mit kurzen Ladezeiten für die Online-Funktionen bemerkbar machte: Ob Google-Street- View-Bilder, Kraftstoffpreise oder Nachrichten – kaum wurde der Menüpunkt angeklickt, war die betreffende Seite geladen.

Obwohl Audi bei den Online-Funktionen nicht ganz an die Vielfalt im BMW herankommt, sind alle wichtigen Funktionen (Live-Staudaten, Sonderziel- Suche etc.) an Bord. Der schnelle Datenfunk LTE ermöglicht zukünftig sogar, die Navigationskarten von unterwegs aus zu aktualisieren. Alle sechs Monate sind Updates verfügbar, die ersten fünf sind im Preis enthalten. Passend zum Download-Turbo kümmern sich fixere Grafik-Chips von Nvidia um die Umsetzung der Bilder auf dem ausfahrbaren Acht- Zoll-Hauptmonitor und dem mit sieben Zoll kaum kleineren Bordcomputer-Display.

Schnell und gut

Die Preise sind zwar happig, dafür macht das aufgefrischte Infotainment-System im A6 Vielfahrer und Technikfans gleichermaßen glücklich.

Fazit

1. Audi A6 3.0 TDI Quattro
520 von 1000 Punkte

Wieso der erste Platz an den Audi geht? Weil er sehr komfortabel ist und dynamisch, sicher und top verarbeitet – mit serienmäßigem Allradantrieb.

2. BMW 530d
505 von 1000 Punkte

Weshalb der BMW Zweiter wird? Für ihn spricht der Extra-Kick Fahrfreude. Beim Federungskomfort schwächelt der sparsame 530d aber.

3. Mercedes E 350 Bluetec
497 von 1000 Punkte

Warum nur Platz drei für den Mercedes? Spitze ist er allein bei der aktiven und passiven Sicherheitsausstattung. Schwächen bei der Bedienung.

Technische Daten
BMW 530d Luxury LineAudi A6 3.0 TDI Quattro Mercedes E 350 Bluetec Elegance
Grundpreis56.500 €55.550 €57.162 €
Außenmaße4907 x 1860 x 1475 mm4933 x 1874 x 1455 mm4879 x 1854 x 1474 mm
Kofferraumvolumen520 bis 1700 l530 l490 l
Hubraum / Motor2993 cm³ / 6-Zylinder2967 cm³ / 6-Zylinder2987 cm³ / 6-Zylinder
Leistung190 kW / 258 PS bei 4000 U/min200 kW / 272 PS bei 3500 U/min190 kW / 258 PS bei 3400 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h250 km/h
0-100 km/h6,0 s5,6 s6,8 s
Verbrauch5,3 l/100 km5,1 l/100 km5,1 l/100 km
Testverbrauch8,6 l/100 km8,8 l/100 km