A7 Sportback, 8er Gran Coupé oder CLS?
Oberklasse von Audi, BMW und Mercedes im Test

Noch gibt es sie, luxuriöse Autos diesseits des hochbeinigen Mainstreams, die mit ihrem Konzept eine Haltung zum Leben transportieren: Nicht optimierter Nutzwert ist ihre Mission, sondern die Idee, dass weniger durchaus mal mehr sein kann. Und vorn drin: ein kräftiger Sechszylinder!

Audi A7 Sportback 55 TFSI Quattro, BMW 840i Gran Coupé XDrive, Mercedes CLS 450 4Matic
Foto: Hans-Dieter Seufert

Unsere Mission ist ja das unterhaltsame Informieren. Wenn Sie uns, vielleicht schon seit Jahrzehnten, als Leser begleiten, wissen Sie das. Daher sei, bevor es sachlich wird mit Messwerten und all den Punkten, mit denen wir die Qualitäten von Automobilen vergleichbar machen wollen, eine Frage erlaubt: Wann beginnt menschliches Leben?

Einem alten Witz zufolge streiten darüber ein katholischer Priester, ein Soziologe und ein Rabbi. Der Priester: "Menschliches Leben beginnt im Moment der Befruchtung." Der Soziologe widerspricht: "Nein, es beginnt mit der Geburt." Der Rabbi schüttelt sein weises Haupt und legt das Ergebnis seiner Überlegungen dar: "Menschliches Leben beginnt, wenn die Kinder aus dem Haus sind."

Unsere Highlights
Audi A7 Sportback 55 TFSI Quattro, BMW 840i Gran Coupé XDrive, Mercedes CLS 450 4Matic
Hans-Dieter Seufert
Mit A7 Sportback, 8er Gran und CLS starten drei Exemplare dieser Spezies zum Schaulaufen, die nicht nur schön anzusehen, sondern auch technisch gut aufgestellt sind, die Höchstleistungen liegen zwischen 333 und 367 PS.

Wenn es ums Thema Auto geht, liegt der Rabbi wohl goldrichtig: Plötzlich wieder zu zweit, besteht kein Grund mehr, des Raumangebotes wegen einen Kombi oder gar einen SUV zu fahren; den neuen Kühlschrank kann man liefern lassen. Aber warum, hier schlagen wir sanft den Bogen zu den Coupés dieses Vergleichstests, sollte das Auto für diesen Lebensabschnitt zu zweit dann vier Türen haben? Nun, die Kinder könnten ja mal zu Besuch kommen. Und womöglich nimmt man hin und wieder Freunde oder Nachbarn mit, die nicht erst den unwürdigen Zweitürer-Limbo tanzen wollen, um auf ihre Sitze in der zweiten Reihe zu kommen. Daher also: Viertürer-Coupé statt Limousine. Oder Kombi. Oder SUV.

Mit A7 Sportback, 8er Gran Coupé und CLS starten drei Exemplare dieser Spezies zum Schaulaufen, die nicht nur schön anzusehen, sondern auch technisch gut aufgestellt sind: Sechs Zylinder, drei Liter Hubraum, Turboaufladung und Allradantrieb einen sie, die Höchstleistungen liegen zwischen 333 und 367 PS.

Das klingt für manchen nun nicht gewaltig, vor allem dann, wenn man die Leergewichte dagegenrechnet. Mit 1.871 Kilogramm ist der BMW das Leichtgewicht der Runde, wobei das immerhin 3.000 Euro teure Carbon-Dach des Testwagens dafür ganz sicher nicht maßgeblich verantwortlich ist. Doch modernste Elektronik und eben Hightech-Turbos bescheren den drei Motoren eine sehr souveräne Leistungsfülle.

Ein Tapser, und los geht’s

Klar, mehr geht immer und ist bei allen drei Herstellern auch im Angebot. Doch besser als die Messwerte (0–100 km/h in mehr oder weniger fünf Sekunden und auch obenheraus auf freier Autobahn schöner Druck im Rücken mit deutlich mehr als den abgeregelten 250 Spitze auf den Tachos) berichtet das Gefühl von ausreichend Schmalz. Aus dem Leerlauf heraus legen alle drei sehr ehrgeizig los, haben allermeistens noch Reserven für einen kräftigen Nachschlag und vergessen vor lauter Kraftmeierei nicht die guten Manieren.

Interessanterweise zeigt der V6 des Audi bei höheren Drehzahlen nicht mehr Vibrationen als der Reihensechser des Mercedes, der durch seine Bauart theoretisch im Vorteil sein müsste. Das ist bei beiden schon hohes Niveau, doch der Inline-Six des BMW geht noch einmal geschliffener ans Werk und klingt dabei obenheraus etwas verrucht nach Rohseide. Er und der Audi-V liefern ihre Leistung auch einen Tick williger als der deutlich stärkere Motor des Mercedes. Doch das sind Nuancen, die nur dann auffallen, wenn man direkt von einem ins andere Coupé wechselt.

Audi A7 Sportback 55 TFSI Quattro
Hans-Dieter Seufert
Audi A7 Sportback 55 TFSI Quattro: 340 PS, 0–100 km/h in 5,0 s, 72.400 Euro, Baureihe ab 62.100 Euro.

Beim Getriebe sind die Unterschiede schon größer – zulasten des CLS. Geht es vom Gleiten im neunten Gang vor einem Überholmanöver oder am weißen Schild mit den schwarzen Linien, das wir alle so lieben, aufs Gas, braucht er oft zwei oder gar drei Schaltvorgänge, ehe er den Gang gefunden hat, der die gewünschte Beschleunigung am besten realisiert. Audi (sieben Gänge) und BMW (acht) gelingt das schneller und verschliffener, wobei der Kenner ja in solchen Situationen ohnehin per Lenkradpaddel den passenden Gang reinschnippt.

Spar-Verbräuche? Geht

Es ist nicht so lange her, dass wir bei Testwagen dieses Kalibers Verbräuche jenseits der zwölf Liter als angemessen bezeichneten. Um im gemischten Betrieb solche Werte zu erreichen, muss man es mit Sportback, Gran Coupé und CLS, wo erlaubt, schon derbe fliegen lassen. Eher ist man mit maximal zehn Litern dabei (BMW), bei gelassener Fahrweise sind es bei keinem der drei nennenswert mehr als – aufgepasst! – sieben Liter. Chapeau!

Reichweiten von mehr als 600 Kilometern sind auch bei zügiger Fahrt also drin, was die eleganten Viertürer ebenso fernreisetauglich macht wie ihr beachtlicher Komfort. Für den sorgen im Audi und im Mercedes optionale Luftfedersysteme (2.000 und 2.261 Euro) und im BMW serienmäßig Adaptivdämpfer mit wählbaren Kennlinien. An das geschmeidige Niveau der Luft-Konkurrenz reichen die allerdings nicht heran: Der BMW gefällt zwar mit den geringsten Karosseriebewegungen, und auch seine eher straffe Auslegung kann man mögen. Grobe Attacken der Straße quittiert er aber öfter mal mit einer Ruppigkeit, zu der sich weder der A7 noch der am ausgewogensten abgestimmte CLS hinreißen lassen.

BMW 840i Gran Coupé Xdrive
Hans-Dieter Seufert
Mercedes CLS 450 4Matic: 367 PS, 0–100 km/h in 5,1 s, 81.604 Euro, Baureihe ab 68.907 Euro.

Die Sitze und das Raumgefühl passen bei allen dreien zur Federung: Im Audi und im Mercedes sitzt man mit relativ geringem Seitenhalt und irgendwie auch eher aufrecht hinterm Lenkrad, während der flache BMW sich wie ein entschlossener Sportler um den Fahrer schmiegt und ihm einen Sitz anbietet, der auch bei starker Querbeschleunigung eine Anti-Rutsch-Versicherung darstellt.

Dazu passt das verblüffende Kurventalent des Gran Coupé, das mit 3,02 Metern Radstand ja nicht gerade zum Wirbelwind prädestiniert ist (Audi: 2,93 m, Mercedes: 2,94 m). Der BMW lenkt ohne Nervosität beherzter ein als seine Wettbewerber, saugt sich geradezu auf der Straße fest und realisiert ganz neutral und leicht beherrschbar die höchsten Kurvengeschwindigkeiten. Der Audi vermag dem BMW noch mit ein wenig Abstand zu folgen, wobei seine Lenkung mit einer Präzision und Direktheit erfreut, wie es sie mit den vier Ringen am Bug nicht immer gibt. Abgeschlagen folgt bei den Fahrversuchen der Mercedes, der Einzige ohne Hinterradlenkung (BMW: Serie, Audi: 2.000 Euro). Er will in schnellen Wechselkurven sehr bewusst gelenkt werden, um nicht das ESP auf den Plan zu rufen.

Denn der CLS leidet beim schnellen Umsetzen im Grenzbereich unter einem leichten, kräftig nach außen drängenden Heck, das die Elektronik mit harten Bremseingriffen an der Vorderachse im Zaum halten muss. Vorteile bei der Wendigkeit bringen die Allradlenkungen dem Audi und dem BMW übrigens nicht: Rund zwölf Meter sind es bei allen dreien.

Keine bösen Überraschungen gibt es bei den Bremsen. Alle drei nehmen ihre Aufgabe erfreulich ernst – mit leichten Vorteilen für den Audi. Beim BMW nervt lediglich die schlechte Dosierbarkeit der Stopper beim Ausrollen kurz vorm Stillstand. Und wo wir gerade beim Meckern sind, ein Wort zu den Assistenzsystemen: Jeder der drei erlaubte sich bei der Verkehrszeichenerkennung öfters derbe Schnitzer. Am zuverlässigsten arbeitete noch das System des Mercedes, dessen Spurhalteassistent dafür verhaltensauffällig ist: Er nervte auf der Autobahn mehrfach, indem er mit sehr entschlossenen, sich aufschaukelnden Lenkbewegungen Schlangenlinie fuhr, statt es einfach laufen zu lassen.

Ein Lob der Klappe

Bei den aufgerufenen Preisen darf man gute Verarbeitung und hohe Materialqualität erwarten. Da enttäuscht dieses Trio nicht, wobei der CLS allerdings im Bereich des Kofferraums seinem Premiumanspruch nicht ganz gerecht wird.

Mercedes CLS 450 4Matic
Hans-Dieter Seufert
Mercedes CLS 450 4Matic: 367 PS, 0–100 km/h in 5,1 s, 81.604 Euro, Baureihe ab 68.907 Euro.

Die großen Monitore zeigen durch die Bank hohes Niveau, was Ablesbarkeit und Brillanz angeht. Bei den Instrumenten hinterm Lenkrad fragen wir uns allerdings erneut, welcher Teufel BMW geritten hat, seine einmalig klaren Rundinstrumente gegen diese gegenläufig agierenden, sicher total hippen Arrangements zu tauschen. Dafür toppt der BMW den Wettbewerb, wenn es ums Bedienen geht. Der iDrive-Controller ist der ganzen Toucherei oft überlegen, um die man im Mercedes am wenigsten – und dann oft mühevoll – herumkommt.

Apropos mühevoll: Der CLS knausert in der zweiten Reihe am konsequentesten mit Beinraum, bietet zudem den unkomfortabelsten Fond-Einstieg. Da ist die Konkurrenz aus München und Ingolstadt großzügiger geschnitten, wobei der BMW im Fond getrennte Sitze für nur zwei Passagiere bietet. Der Titel "Funktionalstes Auto des Vergleichs" geht indes zweifellos an den Audi. Der A7 Sportback hat nicht nur den größten Kofferraum, sondern macht ihn durch eine Heckklappe auch besonders gut nutzbar. Diesen Sinn fürs Praktische wollen wir loben – und das Augenmaß bei der Preisgestaltung.

Sein Grundpreis liegt 9.000 Euro unter dem des Mercedes und unfassbare 35.000 Euro unter dem des BMW. Wir ahnen, welchen der kluge Rabbi wählen würde.

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Fazit

1. Audi A7 Sportback
601 von 1000 Punkte
2. BMW 840i
587 von 1000 Punkte
3. mercedes CLS 450
574 von 1000 Punkte
Technische Daten
Audi A7 Sportback 55 TFSI Quattro BMW 840i Gran Coupé xDrive Mercedes CLS 450 4Matic
Grundpreis72.400 €107.000 €81.604 €
Außenmaße4969 x 1908 x 1422 mm5082 x 1932 x 1407 mm4996 x 1890 x 1435 mm
Kofferraumvolumen535 bis 1390 l440 l490 l
Hubraum / Motor2995 cm³ / 6-Zylinder2998 cm³ / 6-Zylinder2999 cm³ / 6-Zylinder
Leistung250 kW / 340 PS bei 5000 U/min245 kW / 333 PS bei 5500 U/min270 kW / 367 PS bei 5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h250 km/h
0-100 km/h5,0 s4,8 s5,1 s
Testverbrauch9,6 l/100 km10,0 l/100 km9,5 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten