Audi A8 50 TDI, BMW 740d und Mercedes S 350d im Test
Wer ist der Diesel-Boss der Bosse?

Das Segment der Erste-Klasse-Limousinen liegt unangefochten in süddeutscher Hand, meist mit schwäbischem Führungsfahrzeug. Der neue BMW 7er greift Mercedes S-Klasse und Audi A8 an. Vergleichstest der Luxus-Limousinen mit Diesel und Allradantrieb.

Audi A8 50 TDI, BMW 740d, Mercedes S 350d
Foto: Achim Hartmann

Zur Liga der außergewöhnlichen Limousinen lässt sich festhalten, dass die S-Klasse darin den FC Bayern gibt: Am Ende gewinnt auch mal wer anders, aber nur selten. 2021 hat der Mercedes im letzten Stuttgart-Ingolstadt-München-Triell den BMW besiegt und den Audi eher abgehängt. Da sich beim A8 nichts geändert hat, beunruhigt Mercedes höchstens die siebte 7er-Generation: Zwar hat der EQS den BMW i7 im Test geschlagen, doch nun stellt sich ein 740d xDrive mit B58-Edeldiesel dem Audi A8 50 TDI Quattro und S 350 d 4Matic. Die nennen wir übrigens nur deshalb nicht Luxuslimos, um beispielsweise die Existenz des Rolls-Royce Phantom anzuerkennen. Dennoch bieten diese Erste-Klasse-Limousinen reichlich Luxusausstattung und stattliche Auftritte.

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Die Testarbeit war jedenfalls überaus leicht genießbar, nur wird das Beschreiben jetzt schwieriger, denn bei mindestens sechsstellig teuren Autos geht man ja nicht pauschal davon aus, dass die Leserschaft mal ein vergleichbares Auto erlebt hat. Ohne Referenz lässt sich nur nicht vermeiden, dass zwischen per Text erzeugter Fantasie und der Realität eine Diskrepanz bleibt. Herantasten können wir uns aber mit der weiter verbreiteten Oberklasse, von der aus keine Welten zur Ersten liegen. Klingt ernüchternd? Sollte es nicht, denn A8, 7er und S-Klasse liefern in Summe einzigartige, zutiefst faszinierende Fahrerlebnisse, die es darunter nicht gibt – auch weil sie eben parkplatzüberragende, cheffige Straßenkreuzer sind.

Viel Geld, teure Klänge

Audi A8 50 TDI, BMW 740d, Mercedes S 350d
Achim Hartmann
Preise: BMW 740d: 116.000 Euro, Mercedes S 350 d: 114.835 Euro und Audi A8 50 TDI: 99.900 Euro.

Trotzdem gilt es, Prospektillusionen einzudämmen. Natürlich sind Materialien hier und da noch feiner, und Kunststoff wird nirgends großflächig präsentiert, allerdings auch keine exklusiven Lenkräder, Schalter oder Displays (S-Klasse-Navi: OLED statt LED). Und der Federungskomfort? Ja, die Großen fahrwerken mit noch mehr Taktgefühl als A6, Fünfer und E-Klasse – nur sind die bereits mächtig eindrucksvoll. Andersrum passen die Vorzüge schon halbwegs zu den rund 40.000 Euro hohen Erste-Klasse-Aufschlägen: Eine großzügige Flaggschiffsteuer gehört dazu, doch typischerweise kostet es auch viel, sehr Gutes spürbar zu verbessern.

Begeisterung löst das Trio zum Beispiel aus, wenn ein Rad auf einen tief und spitzkantig eingelassenen Gullydeckel plumpst, denn innen kommen dann nur dumpfe Flüsterploppgeräusche an, die nach feinster Fahrwerkstechnik klingen. Ohnehin übertrifft die Dämmung die der Oberklasse in allen Belangen und Tempobereichen, nur nicht grenzenlos.

Selbst die teils optionale Akustikverglasung führt nicht dazu, dass 200 km/h sich wie Richtgeschwindigkeit anhören. Für den Fahrer geht im BMW kurz vor dem hohen Tempo ein Pfeifen oben am Seitenfenster los, und im Mercedes, der die geringsten dB-Werte verbucht, rauscht es ein wenig aus dem Bereich des Außenspiegels. Windverwirbelungen vermeidet am effektivsten der A8, in dem die Luftströmungen tieftöniger klingen – und nach einigem Tür-Auf, Tür-Zu sind wir uns einig, dass das beim A8 am sattesten wirkt. Noch dazu verkleidet nur Audi die Oberseite des Kofferraums, während die Konkurrenz dort nacktes, teils lieblos lackiertes Metall zeigt.

Komfortsessel im BMW 7er

BMW 740d
Achim Hartmann
Mit 5,39 Meter ist der BMW der Längste im Test. Entspechend der Außenlänge gibt es hinten reichlich Beinfreiheit und sehr komfortable und weiche Sitze.

Den sonst tollen Qualitätseindruck im 740d trübt zudem der Lederlappen, der bei ausgeklappter Fond-Mittelarmlehne vor der Durchladeklappe baumelt. Und dessen Türklänge sind mit den Geräuschen der elektronischen Entriegelung nicht ganz so fein. Doch dann schaust du auf den noblen Fahrersitz, lässt dich drauffallen, landest sofaweich, sackst trotzdem nirgends ein und wirst überall an den richtigen Stellen gestützt: Für diese besondere Weich-und-trotzdem-fest-Kombi gibt’s volle Punktzahl, was nichts an der Exzellenz der ebenfalls superbequemen Sitze im A8 und S ändert.

Für die Bedienung des BMW ziehen wir hingegen Punkte ab, da sie zu oft zum Touchen zwingt: etwa für sämtliche Klimafunktionen, die Sitzfeinjustierung oder auch die Displayhelligkeit und die ansonsten adaptive Abstandseinstellung der Temporegelanlage. Im S und A8 wird aber noch mehr getoucht, zudem auf tief positionierten Displays, für die man den Blick ganz von der Straße richtet.

Die Infotainment-Steuerung klappt im BMW deutlich am leichtesten, da nur er einen Drehdrücker für die Menüführung sowie Direktwahlschalter hat. Noch dazu wird nur hier verschriftlicht, was die gute Spracheingabe-Software verstanden hat – und das bequem im Head-up-Display.

Wenn die Fondgäste ihren Blick nach oben richten, öffnet das nicht zu öffnende Glasdach eine strebenfreie Panoramaaussicht. Erhältlich wäre hinten eine Executive-Sitzgruppe – im Executive-Lounge-Paket mit 31,3-Zoll-Dachmonitor –, doch wie im Audi fehlt es der konfigurierten Rückbank an Verstellmöglichkeiten: Mit entspannter Lehnenneigung, top Ausformung plus gemütlicher, federnder Polsterung kommt im BMW das erwartete Premiumgefühl auf.

Das vermittelt der reaktionsstarke und laufruhige Reihensechszylinder-Motor genauso, auch weil es innen nicht dieselig klingt. Wie die anderen leistet er 286 PS und kurzzeitig via 48-Volt-Mildhybridisierung etwas mehr. Mit 650 Nm übertrifft er die Konkurrenz um 50 Nm und läuft mit 7,3 l/100 km knapp am effizientesten.

Das Audi-A8-Herz klopft lahm

Audi A8 50 TDI
Achim Hartmann
Der V6 benötigt die ein oder andere Gedenksekunde bevor er kraftvoll davon zieht. Das nervt vor allem im Stadtverkehr.

Innen versteckt der Benz-Reihensechser seine Oelmotor-Beats erst außerorts, agiert ansonsten aber in allen Belangen nahezu auf Augenhöhe mit dem bayerischen Motorenkunstwerk. Und der Audi-TDI? Der reagiert im unteren Drehzahlbereich lethargisch: An der Ampel kommt er nicht in die Gänge, und wenn du aus einer Rollphase wieder Gas gibst, dauert es viel zu lange, bis der V6 ordentlich beschleunigt. Ampelschaltungen, Verkehrsfluss, Abbiegevorgänge oder rechts vor links sind einige Szenarien, in denen diese Trägheit nervt, die selbst bei einem Kleinwagen ein dicker Minuspunkt wäre.

Auf der Autobahn fällt sie kaum auf: Dort zieht der TDI unter angenehmen Klängen gut durch, und über Land läuft’s super, wenn du die Drehzahlen per Schaltwippen hoch hältst (wie bei BMW aus Plastik). Während die anderen dort nur bemerkenswert präzise und fahrstabil kurven, wirkt der A8 sogar ansatzweise sportlich, setzt seine Hinterachssperre aber nicht für Fahrspaßsperenzchen ein wie ein S8. Auch sitzt du hier viel tiefer, wirst am besten gehalten und hast eine Lenkung, die fast das hohe S-Klasse-Niveau erreicht, während die des BMW ebenso bequem, aber fast rückmeldungsfrei läuft. Auch wankt der Audi am wenigsten und bestätigt sein Dynamiktalent mit den besten Werten im 18-Meter-Slalom und beim doppelten Spurwechsel. Dafür federt der A8 am straffsten, wenngleich immer noch äußerst bequem: Auf den schlimmen Pflastersteinbahnen des Bosch-Prüfzentrums federt er mit der besten Karosseriekontrolle sogar am sanftesten. Ebenfalls ein Komfortplus: Nur er bietet verstellbare Mittelarmlehnen (die der anderen sind aber super positioniert).

Langversion oder nicht?

In Reihe zwei bietet der Audi am wenigsten, da für diesen Test kein 5,32 Meter langer A8 L zur Verfügung stand, sondern nur einer mit 5,19 Metern. BMW hat nur noch XXL im Programm: 5,39 Meter. Der S ist ebenfalls kein kurzer W 223, sondern ein V 223 (5,29 m). Wir haben mal nachgerechnet: Der A8 bekäme als L beim Raumangebot zwei Punkte mehr und böte mit 90 statt 78 cm den größten Beinraum (Benz: 88 cm, BMW: 84 cm). Die kleinsten Wendekreise zieht übrigens die S-Klasse, wenngleich alle via Hinterachslenkungen die Lenkwinkel angenehm klein halten und halbwegs handlich sind.

Obwohl der Audi 2017 auf den Markt kam, kann er sich auf der Autobahn sauber selbst lenken, nur Baustellen können die aktiven Lenkassistenten der anderen viel besser. An Funktionalität fehlt ihm nichts, wobei es abgesehen von Fondextras in dieser Klasse aktuell wenig gibt, was es nicht auch in kleineren Autos gäbe. Zum Vorteil wird sein Alter beim Bremsen, weil nur er noch einen Vakuum-Bremskraftverstärker nutzt: So rückmeldungsstark und intuitiv dosierbar sind die BMW- und Mercedes-Bremsen nicht ansatzweise. Im 740d klappt gänzlich ruckfreies Anhalten nur selten. Mit dem obersensibel abgestimmten Pedal im Mercedes funktioniert das nickfreie Anhalten unkonventionell, aber leicht: einfach eine Pedalstellung exakt halten, statt zu modulieren. Altersnachteile offenbart der A8 mit seiner nur ordentlichen Kamerabildqualität und begrenzten Sprachbedienung, die für Navi und Radio gut funktioniert.

Fahrwerkskönig? Mercedes S-Klasse!

Mercedes S 350d
Achim Hartmann
In Kombination mit den Standardgummis und de vier Einkammer-Luftfedern fährt der Benz richtig luxuriös.

Dem S fehlt ebenfalls ein Rändelrad für die Displayhelligkeit, per Sprache geht’s auch nicht, sondern nur mit Menüwühlerei. Nerven kostet das Überspringen von Liedern: Das geht im passenden Tachodisplay-Menü via Lenkrad-Touchpad nur fummelig, alternativ stark ablenkend per winziger Grafikschaltfläche auf dem Touchscreen – das gilt ebenso für die Klimafunktionen. Top hingegen: Die sogenannte Zero-Layer-Oberfläche, die du per Home-Taste auf dem Lenkrad aufrufst, um dann eine der großen Menükacheln anzutouchen. Lenkradbedienung? Geht auch, klar. Wären hier die Touchpads echte, haptische Steuerkreuze, man flöge nur so durch die Menüs.

Der S 350 d kann außerdem mit dem besten, enorm beeindruckenden Head-up-Display ausgerüstet werden: Das kostet 3796 Euro, beamt die Infos aber im Großformat subjektiv in die Nähe des stehenden Haubensterns, ohne im Blickfeld zu stören, während die Projektionen der anderen viel näher wirken. Der Testwagen hat aber nur die kleine Hardware für 1297 Euro, die verpixelte Schriften und Grafiken auf die Scheibe wirft – eher peinlich für eine S-Klasse.

S-Klasse patzt beim Bremsen

Mercedes würde einen derart ausgerüsteten Wagen wohl nicht zum Test schicken, nur hatten sie keinen Dreifünfziger, weshalb dieser von einem Vermieter kommt. Der rollt nur nicht auf sportlichen Optionsreifen, sondern auf Standardgummis. Die tragen zwar eine Mercedes-Kennung, dennoch liegt nahe, dass sie zu den dürftigen Bremswerten des S 350 d beitragen, denn im Test 2021 bremste der S 500 auf Pirelli P Zero gut.

Richtig erstklassig – ach, komm: luxuriös – wird’s hingegen mit dem Fahrwerk, das wie bei Audi und BMW auf vier Einkammer-Luftfedern fußt. Zunächst zurück zum 7er: Der gleicht Fahrbahnschäden vorzüglich aus und federt dabei schön weich, ohne seine Karosserie großartig in Wallungen zu bringen. Das kann der Benz im Sport-Modus ähnlich, wenn auch nicht ganz so flauschig. Auf Komfort wird’s extraweich und Federvorgänge ziehen sich auch mal in die Länge. Nicht jeder Fahrer ist davon überzeugt, dass dieses Schwebegefühl von erweiterter Grandiosität geprägt ist, ergo haben 740d und S 350 d halt beide nur 96 Prozent der möglichen Federungskomfortpunkte – zusätzliche sackt der Mercedes für die gewichtige Spreizung der Fahrwerksmodi ein. Ach, und wäre sein Sport-ESP lässiger, stünde er beim Fahrspaß vor dem 7er.

Wichtig beim konzentrierten Fahren: ein kühler Kopf. Zweifellos klimatisiert der S am feinsten: Abweichende Fußraumtemperaturen können alle, aber wenn du hier die Lüfterstärke per Tasten an den Ausströmern erhöhst, pustet es daraus sofort stärker – im Fond sogar unabhängig von der vorn gesetzten Einstellung. Keine Extrapunkte gibt es für die farbenfrohe und aufwendige Ambientebeleuchtung, die trotzdem rockt, genau wie die Burmester-3D-Anlage, die Bass am schlagkräftigsten spielt. Punkterelevant sind die Magic-Vision-Control-Scheibenwischer und deren Reinigungsmodus: Wischtaste im Stand lange drücken, dann laufen sie langsam über die Scheibe, sprühen über mehrere Düsen Flüssigkeit und lassen sie vor dem Wegwischen einweichen: Frischer Insektenmatsch geht so ganz gut weg.

Neben der Klima gibt’s auch für die extra gemütlichen Rücksitze die Topbewertung: Der hinten rechts kann sogar auf eine Liegeposition eingestellt werden und die Waden massieren. Wer die Beine richtig ausstrecken will, braucht trotz wegfahrendem Beifahrersitz allerdings eher kurze Beine – oder eine 5,47 Meter lange Maybach-S-Klasse (X 223).

München bezwingt FCB

Audi A8 50 TDI, BMW 740d, Mercedes S 350d
Dieses Mal hat der BMW die Nase vorn. Mercedes auf Platz 2, Audi auf Platz 3.

S-Klasse-Vorzüge gibt’s also viele, nur reichen sie diesmal nicht: Der 7er hat beim Komfort zugelegt und schlägt den zu schwach bremsenden S 350 d. Der hält sich nur knapp den A8 von der Pelle, der ganz anders mitmischen könnte, würde Audi die TDI-Lethargie endlich lösen.

Hätte, hätte, Fahrradkette – wer die Liga der außergewöhnlichen Limos gewinnt, fährt eine Siegerrunde. Wir haben eine passende in Stuttgart zurechtgelegt: von der Daimlerstraße über die Benz- zur Mercedesstraße.

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Fazit

1. BMW 740d
629 von 1000 Punkte
2. Mercedes S 350 d
613 von 1000 Punkte
3. Audi A8 50 TDI
607 von 1000 Punkte
Technische Daten
Audi A8 50 TDI Quattro BMW 740d xDrive Mercedes S 350 d L 4Matic
Grundpreis104.400 €117.000 €114.835 €
Außenmaße5190 x 1945 x 1473 mm5391 x 1950 x 1544 mm5289 x 1954 x 1503 mm
Kofferraumvolumen505 l540 l540 l
Hubraum / Motor2967 cm³ / 6-Zylinder2993 cm³ / 6-Zylinder2925 cm³ / 6-Zylinder
Leistung210 kW / 286 PS bei 3500 U/min210 kW / 286 PS bei 4000 U/min210 kW / 286 PS bei 3400 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h250 km/h
0-100 km/h6,1 s5,8 s6,8 s
Verbrauch7,8 l/100 km
Testverbrauch8,0 l/100 km7,3 l/100 km7,8 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten