Audi S3, Honda Civic Type R Vergleichstest
Gegensatz aus Ost und West

Zeit für eine heitere Kurvendiskussion? Vielleicht sogar Lust darauf? Prima, denn der neue Audi S3 schaut für den ersten Vergleichstest vorbei – und trifft dabei auf den Honda Civic Type R. Mehr Gegensatz geht nicht.

Honda Civic Type R GT
Foto: Hans-Dieter Seufert

Sie sind wie Yin und Yang. Oder besser: wie das westliche und das fernöstliche Ende der Hot-Hatch-Skala. Während Audi 310 PS mit Allradantrieb und Doppelkupplungsgetriebe fast schon gentlemanlike im S3 Sportback verpackt, wollen die wilden 320 PS im Honda Civic Type R noch handgerissen und nur über die Vorderräder übertragen werden. Aber ganz egal, wie Sie es drehen oder, in diesem Fall, wenden: Es geht um die Kehre.

Also fahren wir den Audi S3 doch gleich mal auf den kurpfälzischen Landstraßen rund um Hockenheim warm, bevor es auf den Ring geht. Auf den verwinkelten Strecken fühlt sich der pythongelbe Sportback gleich richtig wohl. Er lenkt direkt ein, verlangt kaum Korrekturen und hält auch das Antriebsmoment aus dem Lenkgeschehen heraus. Schade nur, dass dabei ein bisschen Rückmeldung flöten geht. Bombastisch dagegen: seine Traktion, selbst aus engen Ecken. Klar, ist ja auch ein Quattro.

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Mit ESP in Sport-Stellung dreht die Mehrlenker-Hinterachse beim Gaslupfen stets leicht ein, sodass sich der S3 förmlich in Kurven hineinfrisst. Er agiert immer berechenbar, bleibt selbst am Limit gutmütig und dermaßen unaufgeregt, dass der Fahrer niemals feuchte Hände bekommt.

Das ist zugleich sein größtes Problem. Warum? Nun, Perfektion killt Emotion. Irgendwie will der Hot-Hatch-Gedanke nicht so recht überspringen, obwohl sich der turboaufgeblasene Zweiliter-Vierzylinder recht munter gebärdet und es im Dynamic-Modus sogar ein wenig aus den geschwärzten vier Endrohrblenden ploppt und spratzelt. Mit Launch Control tritt er kräftig an, nimmt dem Type R mit 4,8 Sekunden mehr als eine Sekunde im Standardsprint auf hundert ab – auch weil das Doppelkupplungsgetriebe in Bruchteilen eines Wimpernschlags schaltet.

Doch selbst in S-Stellung versucht die S tronic immer wieder, in verbrauchsgünstigere Drehzahlbereiche zu schalten. Im Modus "D" kommt der S3 beim Anfahren kaum aus den Puschen, und das Shift-by-Wire-Wählhebelchen sowie billige Plastikpaddel hinter dem Lenkrad laden nicht gerade zu manuellen Eingriffen ein. Außerdem schaltet die S tronic am Drehzahlbegrenzer automatisch hoch, was spätestens auf der Rennstrecke nervt, wo beim Herunterschalten in den engen Kehren selten gleich der richtige Gang parat steht. Zudem spinnt im Testwagen die Parkautomatik.

S3: Alltag statt Trackday

Audi S3 Sportback
Hans-Dieter Seufert
Audi S3 Sportback: 310 PS, 400 Nm, Vmax 250 km/h, 0–100 km/h in 4,8 s, Testwagenpreis 55.697 Euro.

Ein kleines Drama spielt sich auch beim Bremsen ab. Auf Landstraßen und Autobahnen, ja selbst auf der Teststrecke in Lahr, gibt es nach zehn Vollbremsungen in Folge keine Beanstandungen. Im Gegenteil, die Verzögerungswerte sind meist sogar besser als die des Civic Type R. Der braucht mit kalter Anlage aus Tempo 100 1,7 Meter mehr zum Anhalten als der S3, der nach 34,6 Metern steht.

Auf der Rennstrecke überhitzt die Stahlbremsanlage dagegen schnell. Bereits in der zweiten schnellen Runde auf dem Grand-Prix-Kurs wird das Bremspedal am Ende der Parabolika watteweich und die asphaltierte Auslaufzone zum Rettungsanker. Audi ist sich dessen übrigens bewusst, tut dies jedoch damit ab, dass S-Kunden eben keine Trackday-Fahrer seien.

Allerdings bräuchte es dann auch keinen Laptimer, der im Digitalcockpit Runden stoppt. Nun, für echte Racer gibt es bei Audi ja noch die schärferen RS-Modelle – wobei die in der Vergangenheit ja ebenfalls mit ihrer Bremse zu kämpfen hatten. Immerhin brennen mit dem S3 Sportback selbst Ungeübte auf Anhieb eine schnelle Runde in den Asphalt.

Ganz anders der Honda. Er rockt auch mit geliftetem Spoilerwerk, vielleicht sogar mehr denn je. Alles im Type R fühlt sich herrlich analog an. Sitzschalen, die einen fest mit ihren hohen Wangen umklammern, obwohl sie nur minimale Verstellmöglichkeiten bieten. Ein herrlich griffiges Alcantara-Lenkrad sowie eine Lenkung, die sich als direkte Verlängerung der Steuerelektronik des Fahrers versteht. Und auch der nun tropfenförmige statt golfballartige Schaltknauf schiebt sich praktisch von selbst in die Hand. Dazu kommt ein Schaltgefühl – erzeugt mithilfe eines 90 Gramm leichten Gegengewichts im Inneren des Schalthebels – so satt und echt, mit Wegen, die kürzer und anregender kaum sein können.

Das fördert die Verbundenheit. Auch, weil der Type R beim Herunterschalten automatisch zwischengast und der Überdruck dabei zischend aus dem Wastegate entweicht, bevor die drei trompetenartigen Endrohre zum Angriff blasen. Auch wenn die Audioanlage die Heldenballade künstlich verstärkt, ist das der Stoff, aus dem Legenden sind.

Type R: Trackday-Alltag

Honda Civic Type R GT
Hans-Dieter Seufert
Honda Civic Type R GT:320 PS, 400 Nm, Vmax 270 km/h, 0–100 km/h in 5,9 s, Testwagenpreis 41.575 Euro.

Dazu trägt vor allem der fast schon rennmäßige Zweiliter-VTEC bei: Bei zweifünf bis viertausend Touren liegen zwar bereits die vollen 400 Nm an, doch erst darüber eskaliert die volle Turbo-Power. Dann springt die Drehzahlnadel förmlich in den Begrenzer. Die Conti-SportContact-6-Reifen an der Vorderachse haben spürbar Mühe, die Leistungsexplosion ohne Verluste in Vortrieb zu verwandeln. Bis in die Fingerkuppen spürt man, wie sich Antrieb und Sperre miteinander balgen.

Dennoch lenkt der Civic auch unter Zug äußerst feinfühlig und linear ein. Er trifft nicht nur jeden Scheitelpunkt am Ring, er definiert auch die Ideallinie neu, indem er, anders als der Audi, frei von Einlenkuntersteuern die Curbs voll mitnimmt.

Klingt unterhaltsam, doch ist er auch schnell? Und wie! In den Fahrdynamikdisziplinen tanzt er einen Tick flotter um die Hütchen als der S3. Auf dem Track ist der Civic länger schnell, denn die optimierte Brembo-Anlage liefert mit schwimmend gelagerten Scheiben sowie neuen Belägen konstant ab und zeigt selbst nach mehreren Runden am Stück kein Überhitzen oder gar Fading. Dafür leistet sich die Bremse leichte Schwächen bei der Standardmessung.

Nicht alles ist perfekt

Honda Civic Type R GT
Hans-Dieter Seufert
Die drei trompetenartigen Endrohre beim Civic blasen zum Angriff.

Alles zusammen verbindet sich zu einem Fahrerlebnis, das nachhaltig begeistert. Besser geht es nicht, oder? Nun ja, Honda stimmt die Adaptivdämpfer sowie deren Lager beim Facelift merklich straffer ab. Das geht nicht nur zulasten des Alltagskomforts, es lässt auch die 20-Zoll-Reifen mit dem niedrigen Querschnitt an der Hinterachse in schnellen Kurven mit hoher Querbeschleunigung leicht versetzen. Zudem ist der 46-Liter-Tank schnell leer, was aufgrund fehlender Schwallbleche im Tank bei niedrigem Füllstand zu Aussetzern in Kurven führt, weil kein Sprit angesaugt werden kann.

Zudem wirkt die Bedienung japanisch verspielt. Klar, es ist irgendwie cool, dass Kühlmittel- und Öltemperatur, Atmosphärendruck sowie die Temperatur der Ansaugluft angezeigt werden, Ampel-LEDs zum Schalten auffordern und die Performance-App eine genaue Analyse der Rundenzeiten ermöglicht. Insgesamt sieht das aber eher nach Spielautomat aus – inklusive diskutabler Bedienlogik. Immerhin drücken die haptisch faden und nicht immer perfekt montierten Kunststoffoberflächen den Preis für die voll ausgestattete GT-Version auf 41 575 Euro – und damit deutlich unter das erheblich höhere Niveau des S3.

Für die Edition One ruft Audi 55.697 Euro samt bewertungsrelevanten Extras auf, doch der Vorgänger-S3 wirkte hochwertiger und federte komfortabler. Auch das teure 10,1- Zoll-Touch-Infotainment ist gegenüber dem Dreh-Drücker ein klarer Bedienrückschritt, und die Fahrmodi lassen sich nicht so einfach verstellen wie im Honda. Dafür sind überragende Matrix-LED-Scheinwerfer und bequeme Integralsitze mit Nappaleder ebenso serienmäßig wie das durchdachte Raumkonzept samt dreiteiliger Rücksitzlehne.

So fährt der S3 Sportback am Ende nicht nur durch sportliche, sondern auch dank seiner praktischen Qualitäten den Sieg ein – und bringt Yin und Yang wieder ins Gleichgewicht.

Qualitätsmängel – So nicht!

Lange galt Audi nicht nur im VW-Konzern als Qualitäts-Benchmark, doch der S3-Testwagen offenbarte zahlreiche Mängel – von quietschenden Außenspiegeln beim Anklappen über unlackierte Türgriff-Inlays und unverkleidete Lehnenarretierungen bis hin zum lediglich grundierten Kofferraum-Unterboden. Wie bereits bei anderen Konzernfahrzeugen mit MIB (Modularer Infotainment-Baukasten) ruckelte das Rückfahrkamerabild oder fiel sogar ganz aus. Ein Mangel, den ein Werkstatt-Update demnächst beheben soll. Gravierender: Zeit- weise ließ sich die Parkfunktion mit Shift-by-Wire-Technik nicht einlegen. Ursache war hier ein nicht ordnungsgemäß eingebauter Parksperren-Aktuator.

Fazit

1. Audi
438 von 1000 Punkte

Er fährt unaufgeregt und im Alltag irre schnell. Zum Sieg verhilft dem S3 aber die umfangreiche Sicherheits- und Multimedia-Ausstattung. Allerdings ist er viel teurer.

2. Honda
415 von 1000 Punkte

Der auffällige Civic ist was für Fans, die sich gerne bei Trackdays austoben, dafür auf ein paar Fahrassistenten verzichten und sich nicht an der vertrackten Bedienung stören.

Technische Daten
Honda Civic Type R 2.0 Type R GTAudi S3 Sportback edition one
Grundpreis42.650 €48.000 €
Außenmaße4557 x 1877 x 1434 mm4351 x 1816 x 1438 mm
Kofferraumvolumen420 bis 786 l325 bis 1145 l
Hubraum / Motor1996 cm³ / 4-Zylinder1984 cm³ / 4-Zylinder
Leistung235 kW / 320 PS bei 6500 U/min228 kW / 310 PS bei 5450 U/min
Höchstgeschwindigkeit270 km/h250 km/h
0-100 km/h5,9 s4,8 s
Verbrauch7,7 l/100 km7,4 l/100 km
Testverbrauch9,2 l/100 km8,6 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten