Audi S5 Sportback und BMW 440i Gran Coupé im Test
Sportliche Coupés mit 4 Türen im Vergleich

Ein geducktes Dach, vier Türen samt großer Heckklappe, mehr als 300 PS und mindestens 450 Nm sowie Allradantrieb. Audi S5 Sportback 3.0 TFSI und BMW 440i Gran Coupé xDrive kombinieren elegante Fortbewegung mit Sportlichkeit.

Audi S5 Sportback 3.0 TFSI, BMW 440i Gran Coupé xDrive M Sport
Foto: Hans-Dieter Seufert

Die Sache ist ja längst nicht mehr neu, formuliert sich dennoch etwas sperrig, ganz wie eine antithetische Begrifflichkeit: das viertürige Coupé. Morphen wir mal den Gedanken, formen aus einer Limousine durch Weglassen der hinteren Türen ein Coupé, fügen ihm wieder zwei hintere Türen hinzu, halten das Dach aber niedrig. Fügt das geistige Auge nun noch eine optisch gut kaschierte Fließheck-klappe hinzu, hat man schließlich den Audi A5 Sportback und das BMW 4er Gran Coupé.

Audi S5 Sportback 3.0 TFSI, BMW 440i Gran Coupé xDrive M Sport
Hans-Dieter Seufert
Coupéartige Dachform und dennoch vier Türen - für alle, die sich nicht entscheiden können.

Keine Coupés im klassischen Sinne, aber familientaugliche Limousinen mit einer Portion Extravaganz, woraus sie ihre ganz spezielle Attraktivität beziehen. „Sportback“ deutet bei Audi auf einen Kombi hin, was der viertürige A5 natürlich nicht ist. Doch so ein wenig nutzwertelt es bei ihm schon: Der Sportback kann seine Rücksitzlehnen umklappen und sich dann durch sein weit aufgesperrtes Maul sogar sperriges Transportgut einverleiben. Auch BMW hat sich vor der Taufe Gedanken gemacht, argumentiert aber mit dem Namen „Gran Coupé“ eher aus der Richtung eines viertürigen Gran Turismo.

Tatsächlich verreist man in beiden äußerst stilvoll, fühlt sich fast wie in der Oberklasse. Bei idealen Bedingungen – gutes Wetter mit freien Fernstraßen – verdichten ihre Schubgeneratoren weite Strecken zum kurzen Tempoausflug. Denn unter den Vorderhauben hämmert bei Volllast die Crème der Mittelklassemotoren: Dreiliter-Turbo-Sechszylinder, im S5 in V-Form und 354 PS stark, im 440i als Reihensechszylinder mit 326 PS. Ihr saftiges Drehmoment stemmen sie über einen geschmeidigen Achtgang-Wandlerautomaten und alle vier Räder in den Asphalt.

Weichere Federung im Audi

Antriebsluxus vom Feinsten, zumal der BMW-Reihensechser lange Strecken mit angenehm weichen Obertönen orchestriert und nur bei Zwischenspurts ein dickbackiges Trompetensolo herausbläst. Beim S5 posaunt dann, wenn sich die Auspuffklappen öffnen, eher ein Fanfarenchor. Der schmettert deutlich nachdrücklicher ins Ohr und kann auf Dauer durchaus Gespräche verstummen lassen. Es ist eher ein Konzert für Sportfreunde, schließlich erwarten jene bei einem Audi mit S-Abzeichen eine kräftige Stimme.

Beim Fahrwerk dagegen zeigt sich der Audi von seiner zugänglichen Seite, federt in der Komfort-Stellung der adaptiven Stoßdämpfer sogar noch ein wenig besser als der BMW, dessen Schwingungstilger kurzen Bodenwellen nur die Spitze, nicht aber die Existenz nehmen. Und dessen Geradeauslauf auf der Autobahn nicht die Ruhe vermittelt, die man in einem Gran Turismo sucht.

Immerhin kommt das Gran Coupé ab Werk als 4+1-Sitzer, wohingegen S5-Kunden 300 Euro lockermachen müssen, damit hinten drei Personen Platz nehmen dürfen. Diese finden dann eine gut ausgeformte Rückbank vor. Vorteil BMW wiederum: Fahrgäste müssen beim Zusteigen in den Fond ihre Köpfe weniger einziehen und können zuvor Kleinigkeiten in einem Fach unter dem Ladeboden verstauen – hier sitzt beim Audi die Batterie.

BMW 440i Gran Coupé xDrive M Sport, Seitenansicht
Hans-Dieter Seufert
Der optische Unterschied zur 3er Limousine ist in der Realität noch besser zu erkennen.

4er mit Schwächen im Innenraum

Sie sehen, wir halten uns im Bereich von Marginalien auf, was Bände spricht: Egal wer am Ende diesen Vergleichstest gewinnen wird – beide gehören zum Erstrebenswertesten, was die Mittelklasse zu bieten hat. Audi beweist wieder einmal ein Händchen für erlesene Zutaten und Verarbeitung, wohingegen BMW auch im Gran Coupé zeigt, dass Umsatzrendite derzeit wichtiger ist als Kunststoffqualität. Das ist schade, wirkt doch der 4er-Viertürer mit dem Sechszylinder eigentlich wie ein Luxusprodukt.

Von den M-Modellen abgesehen ist der Marke auch etwas die heckfidele Freude am Fahren verloren gegangen. Das scheint den Entwicklern bewusst zu sein, sie suchen den Fahrspaß in strafferen Dämpferabstimmungen – ohne damit ein typisches BMW-Gefühl zu erzeugen: Obwohl vorwiegend hinterradaffin, verhalten sich die xDrive-Versionen eher wie 50-zu-50-Allradler. Also neutral mit Untersteuer-Tendenz. Damit bleibt der 440i leicht beherrschbar und einfach zu fahren, wirkt aber etwas distanziert.

Bei Bedarf stellt sich der S5 quer

Der S5 lenkt nachdrücklicher ein. Gerade mit dem optionalen Sportdifferenzial (1.350 Euro) lässt sich dazu die Hinterachse per Lastwechsel nach Lust und Laune animieren, aus der Spur zu steppen. So sehr, dass es bei den Fahrdynamikübungen schon wieder zu viel ist und der doppelte Spurwechsel bei hohem Tempo (und abgeschaltetem ESP) durchaus Bluthochdruckmomente beschert.

Bei Audi sitzt das Heck locker – ein Trend, den der Hersteller seit einiger Zeit verfolgt, um seine Modelle agiler wirken zu lassen. Das erklärte Ziel ist es schließlich, dynamischer als BMW wahrgenommen zu werden; hier droht man gerade über das Ziel hinauszuschießen. Gut, dass die Lenkung im Vergleich zu früher mehr Gefühl vermittelt und gewollte oder ungewollte Abweichungen von der Ideallinie rückmeldet.

Bremsen und Sicherheitsausstattung im Audi besser

Gut auch, dass für den Notfall hervorragend zupackende Bremsen an Bord sind: Aus Tempo 100 kommt der S5 schon 1,1 Meter früher zum Stillstand als der 440i, aus 130 km/h sogar zwei Meter. Da hat der Sportback zu seinem Vorgänger deutlich nachgelegt – noch mehr übrigens bei der Sicherheitsausstattung.

Audi S5 Sportback 3.0 TFSI, Frontansicht
Hans-Dieter Seufert
Audi hat die A5-Familie und somit auch den S5 im Jahr 2016 komplett erneuert.

Einiges, was beim BMW Aufpreis kostet, bringt der Audi als neuere Entwicklung serienmäßig mit, bietet zusätzlich einen Spurhalteassistenten mit Lenkeingriff, bremst auch über 50 km/h bei Hindernissen selbstständig und hilft beim Ausweichen. Ja der Sportback warnt sogar, wenn sich beim Aussteigen aus dem geparkten Wagen ein Auto oder ein Fahrradfahrer im rückwärtigen toten Winkel nähert. Gemeinsam mit der generell besseren Verzögerungsleistung ergibt das einen deutlichen Vorsprung und sichert dem Audi in der Eigenschaftswertung einen komfortablen ersten Platz.

BMW 440i deutlich günstiger

Wer sich nun mit den Preislisten beschäftigt, erkennt eine Konterchance für den BMW: Das 440i Gran Coupé xDrive M Sport gibt es ab 54.650 Euro – den S5 Sportback 3.0 TFSI dagegen erst ab 62.500 Euro. Um den Grundpreis wirklich fair zu bewerten, rechnen wir traditionell alle Extras hinein, die für die Bepunktung in der Eigenschaftswertung relevant sind. Beim BMW kommen das adaptive Fahrwerk, die 18-Zoll-Räder als Teil des M-Sportpakets und die variable Sportlenkung hinzu.

Der Audi geht mit der Dynamiklenkung, adaptiven Stoßdämpfern, dem Sportdifferenzial und den S-Sportsitzen ins Rennen – Letztere sind übrigens wegen der zu kurzen integrierten Kopfstütze keine Empfehlung. Zudem müssen bei ihm einige Ausstattungsdetails extra geordert werden, die im 440i samt M-Sportpaket serienmäßig sind, unter anderem: die elektrische Sitzverstellung samt Memory-Funktion, der Regensensor, die Mehrzonen-Klimaanlage, die Einparkhilfe hinten, der Tempomat sowie die dreisitzige Rückbank.

Addiert holt der BMW bei Grundpreis und Ausstattung im Kostenkapitel acht Pluspunkte, verkürzt den Rückstand aus der Eigenschaftswertung weiterhin mit seinen etwas niedrigeren Festkosten und der umfangreicheren Fahrzeuggarantie – sie beträgt seit 1. November drei Jahre ohne Kilometerbegrenzung statt bislang zwei.

Einen weiteren Bonus könnte er sich mit seinem niedrigeren Kraftstoffverbrauch sichern – im Testdurchschnitt kommt der 440i auf 10,1 und der S5 Sportback 3.0 TFSI auf 10,3 Liter Superbenzin pro 100 Kilometer. Doch dieser Unterschied ist für eine Punktedifferenz zu gering. Dennoch: In der Kostenwertung hat das Gran Coupé elf Punkte Vorsprung zum Sportback.

Der Taschenrechner glüht, das Ergebnis ist denkbar knapp, so wie wir es bereits vermutet haben: Der Audi liegt am Ende mit zwei Punkten vorn – gespeist aus den umfangreichen Sicherheitsextras und der besseren Bremsleistung.

Fazit

1. Audi S5 Sportback 3.0 TFSI
451 von 1000 Punkte

Der hohe Vorsprung in der Eigenschaftswertung resultiert aus der besseren Sicherheitsausstattung. Trotz deutlich höherem Preis reicht es am Ende zum knappen Sieg.

2. BMW 440i Gran Coupé xDrive M Sport
449 von 1000 Punkte

Freude beim Fahren macht der samtig laufende Reihensechszylinder – und beim Bezahlen der deutlich niedrigere Preis. Das Gran Coupé ist alles andere als ein Verlierertyp.

Technische Daten
Audi S5 Sportback 3.0 TFSI Quattro BMW 440i Gran Coupé xDrive M Sport
Grundpreis62.500 €58.250 €
Außenmaße4752 x 1843 x 1384 mm4638 x 1825 x 1412 mm
Kofferraumvolumen480 bis 1300 l480 bis 1300 l
Hubraum / Motor2995 cm³ / 6-Zylinder2998 cm³ / 6-Zylinder
Leistung260 kW / 354 PS bei 5400 U/min240 kW / 326 PS bei 5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h
0-100 km/h4,5 s4,8 s
Verbrauch7,3 l/100 km7,4 l/100 km
Testverbrauch10,3 l/100 km10,1 l/100 km